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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Es lag dem Pfarrer daran, mit Thorbjörn zu sprechen, ehe dieser den
neuen Gast sah, und ehe er erfuhr, daß dieser mehrere Monate in Jugjaldshol
bleiben würde, denn Sira John, der den Haß seines Hausgenossen gegen die
Fremden kannte, war nicht sicher, daß Thorbjörn Sir Dove gegenüber seinem
Unwillen Zügel anlegen würde, wenn er nicht auf die Anwesenheit desselben
vorbereitet war.

Es ging indessen besser, als zu erwarten gewesen war: Thorbjörn erklärte
sofort, daß er gegen den Fremden, der ja kein Engländer, sondern ein Por¬
tugiese war, nicht mehr habe als gegen alle andern Menschen, und hoch erfreut
über den glücklichen Ausgang seiner diplomatischen Sendung kehrte der gute
Sira John zu seinem Gaste zurück. (Schluß folgt.)




Kleinere Mitteilungen.
Gerichtsvollzieher.

Bei der Erörterung über die Gebührenordnung für
Nechtsouwälte und die Aenderung des Gerichtskostengesetzes in der Justizkommission
des Reichstages wurde unter andern Fragen der Jnstizgesetzgebnng auch die gegen¬
wärtige Stellung der Gerichtsvollzieher gestreift. Nach Zeituugsmitteilungen sollen
die Vertreter der Verbündeten Regierungen folgenden Standpunkt in dieser Sache
eingenommen haben: Ueber die Abänderung der Einrichtung der Gerichtsvollzieher
seien Verhandlungen angeknüpft worden, die aber bisher zu keinen: Erfolg geführt
hätten. Die Mehrheit der Verbündeten Regierungen sei der Ansicht, mau müsse
der Einrichtung zunächst noch Zeit lassen, sich zu bewähren, ehe man über ihren
Wert endgiltig urteilen könne.

Wir sind nun gewiß die letzten, die gleich nach Aenderungen unsrer Gesetz¬
gebung rufen, wenn uns etwas nicht gefällt; wir haben in dieser Zeitschrift
vielmehr stets den Standpunkt vertreten, daß gerade in unsrer Gesetzgebung das
ewige Aendern vom allergrößten Uebel sei, und daß man lieber etwas weniger
Gutes mit in Kauf nehmen solle, als das Rechtsbewußtsein des Volkes durch fort¬
dauerndes Experimentiren zu erschüttern. Allem bei aller Aufrechthaltung dieses
Standpunktes glauben wir doch fordern zu dllrfeu, daß bald, möglichst bald, wenn
auch nicht Abschaffung, so doch eine durchgreifende Aenderung in der Stellung und
namentlich auch in dem Einkommen der Gerichtsvollzieher eintrete. Der Verfasser
dieser Zeilen steht mitten in der Praxis. Er bestreitet, wie er das schon früher
gethan hat, auch jetzt uoch, beiß die Gerichtskosten namentlich für kleine und mittlere
Sachen, also die große Mehrzahl, zu hoch seien. Die Klagen des Publikums, die
deshalb laut werden, richten sich an sich gar nicht gegen die Gerichtskosten allein; sie
richten, sich gegen die Höhe derjenigen Beträge, die aufgewendet werden müssen,
um heutzutage in Deutschland einen Rechtsstreit zu führen und seinen Zweck,
nämlich die Herbeiftthrnng des staatlichen Zwanges bei Geltendmachung eines
Rechtsanspruchs, zu erreichen. Diese Beträge setzen sich zusammen aus Gerichts-
kosten, Anwaltsgebühren und Gerichtsvollziehergebühren, von denen die letzteren
namentlich bei Zwangsvollstreckungen gar nicht unbedeutend sind. Ermäßigt man
einen dieser drei Teile, aus deuen sich in den Augen des Publikums die jetzigem


Es lag dem Pfarrer daran, mit Thorbjörn zu sprechen, ehe dieser den
neuen Gast sah, und ehe er erfuhr, daß dieser mehrere Monate in Jugjaldshol
bleiben würde, denn Sira John, der den Haß seines Hausgenossen gegen die
Fremden kannte, war nicht sicher, daß Thorbjörn Sir Dove gegenüber seinem
Unwillen Zügel anlegen würde, wenn er nicht auf die Anwesenheit desselben
vorbereitet war.

Es ging indessen besser, als zu erwarten gewesen war: Thorbjörn erklärte
sofort, daß er gegen den Fremden, der ja kein Engländer, sondern ein Por¬
tugiese war, nicht mehr habe als gegen alle andern Menschen, und hoch erfreut
über den glücklichen Ausgang seiner diplomatischen Sendung kehrte der gute
Sira John zu seinem Gaste zurück. (Schluß folgt.)




Kleinere Mitteilungen.
Gerichtsvollzieher.

Bei der Erörterung über die Gebührenordnung für
Nechtsouwälte und die Aenderung des Gerichtskostengesetzes in der Justizkommission
des Reichstages wurde unter andern Fragen der Jnstizgesetzgebnng auch die gegen¬
wärtige Stellung der Gerichtsvollzieher gestreift. Nach Zeituugsmitteilungen sollen
die Vertreter der Verbündeten Regierungen folgenden Standpunkt in dieser Sache
eingenommen haben: Ueber die Abänderung der Einrichtung der Gerichtsvollzieher
seien Verhandlungen angeknüpft worden, die aber bisher zu keinen: Erfolg geführt
hätten. Die Mehrheit der Verbündeten Regierungen sei der Ansicht, mau müsse
der Einrichtung zunächst noch Zeit lassen, sich zu bewähren, ehe man über ihren
Wert endgiltig urteilen könne.

Wir sind nun gewiß die letzten, die gleich nach Aenderungen unsrer Gesetz¬
gebung rufen, wenn uns etwas nicht gefällt; wir haben in dieser Zeitschrift
vielmehr stets den Standpunkt vertreten, daß gerade in unsrer Gesetzgebung das
ewige Aendern vom allergrößten Uebel sei, und daß man lieber etwas weniger
Gutes mit in Kauf nehmen solle, als das Rechtsbewußtsein des Volkes durch fort¬
dauerndes Experimentiren zu erschüttern. Allem bei aller Aufrechthaltung dieses
Standpunktes glauben wir doch fordern zu dllrfeu, daß bald, möglichst bald, wenn
auch nicht Abschaffung, so doch eine durchgreifende Aenderung in der Stellung und
namentlich auch in dem Einkommen der Gerichtsvollzieher eintrete. Der Verfasser
dieser Zeilen steht mitten in der Praxis. Er bestreitet, wie er das schon früher
gethan hat, auch jetzt uoch, beiß die Gerichtskosten namentlich für kleine und mittlere
Sachen, also die große Mehrzahl, zu hoch seien. Die Klagen des Publikums, die
deshalb laut werden, richten sich an sich gar nicht gegen die Gerichtskosten allein; sie
richten, sich gegen die Höhe derjenigen Beträge, die aufgewendet werden müssen,
um heutzutage in Deutschland einen Rechtsstreit zu führen und seinen Zweck,
nämlich die Herbeiftthrnng des staatlichen Zwanges bei Geltendmachung eines
Rechtsanspruchs, zu erreichen. Diese Beträge setzen sich zusammen aus Gerichts-
kosten, Anwaltsgebühren und Gerichtsvollziehergebühren, von denen die letzteren
namentlich bei Zwangsvollstreckungen gar nicht unbedeutend sind. Ermäßigt man
einen dieser drei Teile, aus deuen sich in den Augen des Publikums die jetzigem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/61>, abgerufen am 29.04.2024.