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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Der Fremde in Rif.
von Sophus Bciuditz, (Schluß.)

eit der Ankunft des englischen Schiffes waren mehrere Wochen
vergangen, und sowohl der Prediger als auch Thorbjörn hatten
Grund, mit dem Gaste, den sie unter ihrem Dache beherbergten,
zufrieden zu sein. Er war bescheiden und wohlwollend und schien
für alles Sinn zu haben: er lauschte der Erzählung von der
großen Pest, welche die Insel heimgesucht hatte, erwog die möglichen Folgen,
welche König Christjerns Römcrreise gehabt haben könnte, und erzählte, wenn
er dazu aufgefordert wurde, gern und aufs unterhaltendste von seinen eignen
Reisen in die fernen Länder. Sira John und Thorbjörn waren die aufmerk¬
samsten Zuhörer, jeder freilich auf seine Weise. Der erstere verschlang jedes
Wort, das über die Lippen des Fremden kam, und unterbrach ihn oft, um
einen Vergleich zu ziehen zwischen dem Erzählten und seinem eignen ungeord¬
neten Wissen. Thorbjörn dagegen hörte meist schweigend zu, und nur wenn
die Rede auf etwas kam, was er während seines Umherschweifens mit eignen
Augen gesehen hatte, gab er durch Nicken oder durch ein paar Worte seinen
Beifall zu erkennen.

Eines Abends, als die drei bei einander saßen, drehte sich das Gespräch
um die Entdeckungen, welche die Portugiesen in dem letzten Menschenalter ge¬
macht hatten, indem sie gen Westen übers Meer gesegelt waren, und Sir Dove
erzählte von Prinz Heinrichs Thätigkeit, von den Azoren und den Kanarischen
Inseln, und legte eine sehr genaue Kenntnis der Verhältnisse an den Tag.

Wie aber denkt Ihr über Cypango oder Arenia? fragte der Prediger.
Ist diese Insel wirklich so groß, wie man sagt, und wie viele Tagereisen liegt
sie wohl von Europa entfernt?




Der Fremde in Rif.
von Sophus Bciuditz, (Schluß.)

eit der Ankunft des englischen Schiffes waren mehrere Wochen
vergangen, und sowohl der Prediger als auch Thorbjörn hatten
Grund, mit dem Gaste, den sie unter ihrem Dache beherbergten,
zufrieden zu sein. Er war bescheiden und wohlwollend und schien
für alles Sinn zu haben: er lauschte der Erzählung von der
großen Pest, welche die Insel heimgesucht hatte, erwog die möglichen Folgen,
welche König Christjerns Römcrreise gehabt haben könnte, und erzählte, wenn
er dazu aufgefordert wurde, gern und aufs unterhaltendste von seinen eignen
Reisen in die fernen Länder. Sira John und Thorbjörn waren die aufmerk¬
samsten Zuhörer, jeder freilich auf seine Weise. Der erstere verschlang jedes
Wort, das über die Lippen des Fremden kam, und unterbrach ihn oft, um
einen Vergleich zu ziehen zwischen dem Erzählten und seinem eignen ungeord¬
neten Wissen. Thorbjörn dagegen hörte meist schweigend zu, und nur wenn
die Rede auf etwas kam, was er während seines Umherschweifens mit eignen
Augen gesehen hatte, gab er durch Nicken oder durch ein paar Worte seinen
Beifall zu erkennen.

Eines Abends, als die drei bei einander saßen, drehte sich das Gespräch
um die Entdeckungen, welche die Portugiesen in dem letzten Menschenalter ge¬
macht hatten, indem sie gen Westen übers Meer gesegelt waren, und Sir Dove
erzählte von Prinz Heinrichs Thätigkeit, von den Azoren und den Kanarischen
Inseln, und legte eine sehr genaue Kenntnis der Verhältnisse an den Tag.

Wie aber denkt Ihr über Cypango oder Arenia? fragte der Prediger.
Ist diese Insel wirklich so groß, wie man sagt, und wie viele Tagereisen liegt
sie wohl von Europa entfernt?


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[0099] [Abbildung] Der Fremde in Rif. von Sophus Bciuditz, (Schluß.) eit der Ankunft des englischen Schiffes waren mehrere Wochen vergangen, und sowohl der Prediger als auch Thorbjörn hatten Grund, mit dem Gaste, den sie unter ihrem Dache beherbergten, zufrieden zu sein. Er war bescheiden und wohlwollend und schien für alles Sinn zu haben: er lauschte der Erzählung von der großen Pest, welche die Insel heimgesucht hatte, erwog die möglichen Folgen, welche König Christjerns Römcrreise gehabt haben könnte, und erzählte, wenn er dazu aufgefordert wurde, gern und aufs unterhaltendste von seinen eignen Reisen in die fernen Länder. Sira John und Thorbjörn waren die aufmerk¬ samsten Zuhörer, jeder freilich auf seine Weise. Der erstere verschlang jedes Wort, das über die Lippen des Fremden kam, und unterbrach ihn oft, um einen Vergleich zu ziehen zwischen dem Erzählten und seinem eignen ungeord¬ neten Wissen. Thorbjörn dagegen hörte meist schweigend zu, und nur wenn die Rede auf etwas kam, was er während seines Umherschweifens mit eignen Augen gesehen hatte, gab er durch Nicken oder durch ein paar Worte seinen Beifall zu erkennen. Eines Abends, als die drei bei einander saßen, drehte sich das Gespräch um die Entdeckungen, welche die Portugiesen in dem letzten Menschenalter ge¬ macht hatten, indem sie gen Westen übers Meer gesegelt waren, und Sir Dove erzählte von Prinz Heinrichs Thätigkeit, von den Azoren und den Kanarischen Inseln, und legte eine sehr genaue Kenntnis der Verhältnisse an den Tag. Wie aber denkt Ihr über Cypango oder Arenia? fragte der Prediger. Ist diese Insel wirklich so groß, wie man sagt, und wie viele Tagereisen liegt sie wohl von Europa entfernt?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/99>, abgerufen am 29.04.2024.