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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Die Opposition
während und nach der letzten Reichstagssession.

el dein demnächst bevorstehenden Beginn der zweiten Session des
erscheint es umso angemessener einen Rückblick ans
die erste Session mit Hervorhebung des Verhaltens der Oppo-
sition zu werfen, als es wahrscheinlich ist, daß dieser erste Teil
der Legislaturperiode nur die einleitenden Akkorde abgegeben hat
für das Konzert, welches im zweiten Teile aufgeführt werden wird.

Eröffnet wurde der Reichstag am 3. Mürz. Er war stark genug für diese
Eröffnung. Da nun bis zum 1. April das Budget erledigt sein mußte und
da die Heeresvorlage drängte, so war es dem Kaiser nur zu danken, daß er
nicht mit der Eröffnung bis zum 15. März, bis nach der Erledigung der
Stichwahlen, wartete. Natürlich war das der schwarzroten Verbrüderung un¬
gelegen; Windthorst wollte über vorzeitige Neichtstagscröffnung eine Zänkerei
anfangen, fiel aber gegenüber der reichstreuen Majorität gründlich durch. Sein
Einwand, der Reichstag sei. so lange die Stichwahlen noch nicht beendigt seien,
Noch nicht vorhanden, war gar nicht ernst gemeint; er hätte sich sonst an keiner
einzigen Handlung dieses Reichstages beteiligen dürfen und mit seinen Scharen
den Saal verlassen müssen. Er wollte aber nur eben stärkern. Mit demselben
ungünstigen Erfolge setzte er seine Hemmschuhpolitik fort, als die Beratung der
Heeresvorlage auf den 7. März angesetzt wurde. Er bekam, was er verdiente,
Man kehrte sich nicht an seinen Widerspruch. "Mächtig segelte der neue Reichs¬
tag, die reichstreue Nationalflagge an seinem Maste, die Heeresvorlage am Bord,
dem Septennatshafen zu," schnell, freudig, einmütig, wie die Thronrede es ge¬
hofft hatte. In der neuen Lage sich zu bescheiden, fiel natürlich Freisinn und


Grenzboten IV. 1337, 38


Die Opposition
während und nach der letzten Reichstagssession.

el dein demnächst bevorstehenden Beginn der zweiten Session des
erscheint es umso angemessener einen Rückblick ans
die erste Session mit Hervorhebung des Verhaltens der Oppo-
sition zu werfen, als es wahrscheinlich ist, daß dieser erste Teil
der Legislaturperiode nur die einleitenden Akkorde abgegeben hat
für das Konzert, welches im zweiten Teile aufgeführt werden wird.

Eröffnet wurde der Reichstag am 3. Mürz. Er war stark genug für diese
Eröffnung. Da nun bis zum 1. April das Budget erledigt sein mußte und
da die Heeresvorlage drängte, so war es dem Kaiser nur zu danken, daß er
nicht mit der Eröffnung bis zum 15. März, bis nach der Erledigung der
Stichwahlen, wartete. Natürlich war das der schwarzroten Verbrüderung un¬
gelegen; Windthorst wollte über vorzeitige Neichtstagscröffnung eine Zänkerei
anfangen, fiel aber gegenüber der reichstreuen Majorität gründlich durch. Sein
Einwand, der Reichstag sei. so lange die Stichwahlen noch nicht beendigt seien,
Noch nicht vorhanden, war gar nicht ernst gemeint; er hätte sich sonst an keiner
einzigen Handlung dieses Reichstages beteiligen dürfen und mit seinen Scharen
den Saal verlassen müssen. Er wollte aber nur eben stärkern. Mit demselben
ungünstigen Erfolge setzte er seine Hemmschuhpolitik fort, als die Beratung der
Heeresvorlage auf den 7. März angesetzt wurde. Er bekam, was er verdiente,
Man kehrte sich nicht an seinen Widerspruch. „Mächtig segelte der neue Reichs¬
tag, die reichstreue Nationalflagge an seinem Maste, die Heeresvorlage am Bord,
dem Septennatshafen zu," schnell, freudig, einmütig, wie die Thronrede es ge¬
hofft hatte. In der neuen Lage sich zu bescheiden, fiel natürlich Freisinn und


Grenzboten IV. 1337, 38
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[0305] [Abbildung] Die Opposition während und nach der letzten Reichstagssession. el dein demnächst bevorstehenden Beginn der zweiten Session des erscheint es umso angemessener einen Rückblick ans die erste Session mit Hervorhebung des Verhaltens der Oppo- sition zu werfen, als es wahrscheinlich ist, daß dieser erste Teil der Legislaturperiode nur die einleitenden Akkorde abgegeben hat für das Konzert, welches im zweiten Teile aufgeführt werden wird. Eröffnet wurde der Reichstag am 3. Mürz. Er war stark genug für diese Eröffnung. Da nun bis zum 1. April das Budget erledigt sein mußte und da die Heeresvorlage drängte, so war es dem Kaiser nur zu danken, daß er nicht mit der Eröffnung bis zum 15. März, bis nach der Erledigung der Stichwahlen, wartete. Natürlich war das der schwarzroten Verbrüderung un¬ gelegen; Windthorst wollte über vorzeitige Neichtstagscröffnung eine Zänkerei anfangen, fiel aber gegenüber der reichstreuen Majorität gründlich durch. Sein Einwand, der Reichstag sei. so lange die Stichwahlen noch nicht beendigt seien, Noch nicht vorhanden, war gar nicht ernst gemeint; er hätte sich sonst an keiner einzigen Handlung dieses Reichstages beteiligen dürfen und mit seinen Scharen den Saal verlassen müssen. Er wollte aber nur eben stärkern. Mit demselben ungünstigen Erfolge setzte er seine Hemmschuhpolitik fort, als die Beratung der Heeresvorlage auf den 7. März angesetzt wurde. Er bekam, was er verdiente, Man kehrte sich nicht an seinen Widerspruch. „Mächtig segelte der neue Reichs¬ tag, die reichstreue Nationalflagge an seinem Maste, die Heeresvorlage am Bord, dem Septennatshafen zu," schnell, freudig, einmütig, wie die Thronrede es ge¬ hofft hatte. In der neuen Lage sich zu bescheiden, fiel natürlich Freisinn und Grenzboten IV. 1337, 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/305>, abgerufen am 01.05.2024.