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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Goethe und Rochlitz.

Ein stolzes, aber wahres Wort, welches der verdiente erste Vorsteher des
Börsenvereins der deutschen Buchhändler, Adolf Kröner, nach erfochtenen Siege
in Frankfurt sprach, möge hier zum Schluß eine Stelle finden: "Mir ist keine
einzige Korporation bekannt, die bis jetzt im Erwerbsleben das Prinzip auf¬
gestellt hätte: es ist unmoralisch oder wenigstens -- vielleicht ist das Wort zu
stark -- es ist nnr derjenige Erwerb ein berechtigter, der so betrieben wird,
daß jeder Konkurrent dabei bestehen kann. Im allgemeinen kämpfen wir jetzt
beständig einen Kampf aller gegen alle, und wir haben im Buchhandel, glaube
ich, zum ersten male das Prinzip aufgestellt: Nur das darf sein, was der Ge¬
samtheit nützt."


N?> Ruprecht.


Goethe und Rochlitz.
von Adolf Stern. (Schluß.)

as Gesamtgastspiel (wie man heute sagen würde) der weimarischen
Hofschauspieler im Stadttheater zu Leipzig im Jahre 1807 rückte
Goethe und Rochlitz einander näher, die einsichtigen Berichte,
die Rochlitz über die Gesamtwirkung und die Leistungen der ein¬
zelnen Schauspieler erstattete, erhöhten Goethes Achtung vor dem
feinen Kunstsinn, wie vor dem persönlichen Charakter des Schriftstellers. In
die nächstfolgende Zeit fällt die Bearbeitung der "Antigone" des Sophokles,
welche Rochlitz auf eignen Antrieb begonnen hatte und auf Zureden Goethes
vollendete, die Aufführung dieser Bearbeitung im Hoftheater zu Weimar am
30. Januar 1809 und der Dienst, welchen Goethe Rochlitz in Bezug aus seine
in demselben Jahre erfolgende Heirat leistete. Am 16. Juli hatte sich Rochlitz
mit der bescheidenen Anfrage an Goethe gewendet, ob es nicht möglich sei, von
feiten des weimarischen Hofes eine Rangerhöhung zu erhalten. "Besondre
Verhältnisse, in welchen ich mich eben befinde, ohne jetzt noch weiter darüber
sprechen zu dürfen, machen es mir bedeutend, zu der mir längst gegönnten Ehre,
von andern ein Rat Seiner Durchlaucht des Herzogs von Weimar genannt
zu werden, noch einen Zusatz etwa von einer Silbe wenigstens in xetto zu
haben. Dürfte ich Wohl ohne anzustoßen oder doch eine Fehlbitte zu thun,
darum ansuchen? und auf welchem Wege müßte ich es?" (Biedermann 39).


Goethe und Rochlitz.

Ein stolzes, aber wahres Wort, welches der verdiente erste Vorsteher des
Börsenvereins der deutschen Buchhändler, Adolf Kröner, nach erfochtenen Siege
in Frankfurt sprach, möge hier zum Schluß eine Stelle finden: „Mir ist keine
einzige Korporation bekannt, die bis jetzt im Erwerbsleben das Prinzip auf¬
gestellt hätte: es ist unmoralisch oder wenigstens — vielleicht ist das Wort zu
stark — es ist nnr derjenige Erwerb ein berechtigter, der so betrieben wird,
daß jeder Konkurrent dabei bestehen kann. Im allgemeinen kämpfen wir jetzt
beständig einen Kampf aller gegen alle, und wir haben im Buchhandel, glaube
ich, zum ersten male das Prinzip aufgestellt: Nur das darf sein, was der Ge¬
samtheit nützt."


N?> Ruprecht.


Goethe und Rochlitz.
von Adolf Stern. (Schluß.)

as Gesamtgastspiel (wie man heute sagen würde) der weimarischen
Hofschauspieler im Stadttheater zu Leipzig im Jahre 1807 rückte
Goethe und Rochlitz einander näher, die einsichtigen Berichte,
die Rochlitz über die Gesamtwirkung und die Leistungen der ein¬
zelnen Schauspieler erstattete, erhöhten Goethes Achtung vor dem
feinen Kunstsinn, wie vor dem persönlichen Charakter des Schriftstellers. In
die nächstfolgende Zeit fällt die Bearbeitung der „Antigone" des Sophokles,
welche Rochlitz auf eignen Antrieb begonnen hatte und auf Zureden Goethes
vollendete, die Aufführung dieser Bearbeitung im Hoftheater zu Weimar am
30. Januar 1809 und der Dienst, welchen Goethe Rochlitz in Bezug aus seine
in demselben Jahre erfolgende Heirat leistete. Am 16. Juli hatte sich Rochlitz
mit der bescheidenen Anfrage an Goethe gewendet, ob es nicht möglich sei, von
feiten des weimarischen Hofes eine Rangerhöhung zu erhalten. „Besondre
Verhältnisse, in welchen ich mich eben befinde, ohne jetzt noch weiter darüber
sprechen zu dürfen, machen es mir bedeutend, zu der mir längst gegönnten Ehre,
von andern ein Rat Seiner Durchlaucht des Herzogs von Weimar genannt
zu werden, noch einen Zusatz etwa von einer Silbe wenigstens in xetto zu
haben. Dürfte ich Wohl ohne anzustoßen oder doch eine Fehlbitte zu thun,
darum ansuchen? und auf welchem Wege müßte ich es?" (Biedermann 39).


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[0488] Goethe und Rochlitz. Ein stolzes, aber wahres Wort, welches der verdiente erste Vorsteher des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, Adolf Kröner, nach erfochtenen Siege in Frankfurt sprach, möge hier zum Schluß eine Stelle finden: „Mir ist keine einzige Korporation bekannt, die bis jetzt im Erwerbsleben das Prinzip auf¬ gestellt hätte: es ist unmoralisch oder wenigstens — vielleicht ist das Wort zu stark — es ist nnr derjenige Erwerb ein berechtigter, der so betrieben wird, daß jeder Konkurrent dabei bestehen kann. Im allgemeinen kämpfen wir jetzt beständig einen Kampf aller gegen alle, und wir haben im Buchhandel, glaube ich, zum ersten male das Prinzip aufgestellt: Nur das darf sein, was der Ge¬ samtheit nützt." N?> Ruprecht. Goethe und Rochlitz. von Adolf Stern. (Schluß.) as Gesamtgastspiel (wie man heute sagen würde) der weimarischen Hofschauspieler im Stadttheater zu Leipzig im Jahre 1807 rückte Goethe und Rochlitz einander näher, die einsichtigen Berichte, die Rochlitz über die Gesamtwirkung und die Leistungen der ein¬ zelnen Schauspieler erstattete, erhöhten Goethes Achtung vor dem feinen Kunstsinn, wie vor dem persönlichen Charakter des Schriftstellers. In die nächstfolgende Zeit fällt die Bearbeitung der „Antigone" des Sophokles, welche Rochlitz auf eignen Antrieb begonnen hatte und auf Zureden Goethes vollendete, die Aufführung dieser Bearbeitung im Hoftheater zu Weimar am 30. Januar 1809 und der Dienst, welchen Goethe Rochlitz in Bezug aus seine in demselben Jahre erfolgende Heirat leistete. Am 16. Juli hatte sich Rochlitz mit der bescheidenen Anfrage an Goethe gewendet, ob es nicht möglich sei, von feiten des weimarischen Hofes eine Rangerhöhung zu erhalten. „Besondre Verhältnisse, in welchen ich mich eben befinde, ohne jetzt noch weiter darüber sprechen zu dürfen, machen es mir bedeutend, zu der mir längst gegönnten Ehre, von andern ein Rat Seiner Durchlaucht des Herzogs von Weimar genannt zu werden, noch einen Zusatz etwa von einer Silbe wenigstens in xetto zu haben. Dürfte ich Wohl ohne anzustoßen oder doch eine Fehlbitte zu thun, darum ansuchen? und auf welchem Wege müßte ich es?" (Biedermann 39).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/488>, abgerufen am 01.05.2024.