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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Die Auflösung dos alten Reiches.

durch Unterricht, durch Schulen. Sparkassen sind ebenfalls Schulen, Schulen der
Übung. Auch die Pfennigsparkassen hat man Sparschulen genannt, und sie
sind es in Wirklichkeit. Wie der Staat für die Schulen sorgt und bei deren
Errichtung mitwirkt, so sollte das Reich auch den Sparkassen zu Hilfe kommen
mit einer Postsparkasse, die allerdings, wie gesagt, wesentlich Reichspfennig¬
sparkasse und Reichssparschule wäre. Aber gerade diese zwei Bezeichnungen
bilden die dringendste Empfehlung für die Postsparkasse.




Die Auflösung des alten Reiches.
von R. paxe. (Schluß,)

le Ausführung der Bedingungen des Friedens von Campo-Formio
ging freilich nicht so rasch und glatt von statten. Der Kongreß,
der die Angelegenheiten des Reiches ordnen sollte, trat zwar in
Rastatt zusammen und tagte dort länger als ein Jahr (vom
Dezember 1797 bis zum Januar 1799), ohne daß irgend etwas
Wesentliches erzielt wurde, bis er sich endlich beim Wiederausbrnche des Krieges
auflöste und mit dem schmachvollen Überfälle und der Ermordung der franzö¬
sischen Gesandten durch Szekler Husaren ein Ende mit Schrecken fand.

Es liegt nicht in dem Nahmen dieser Abhandlung, die gewaltigen welt¬
geschichtlichen Ereignisse, namentlich den Zug Bonapartes nach Ägypten, den Krieg
der zweiten Koalition u. s. w., zu schildern, welche dem "verratenen deutschen
Reiche" noch einmal eine Galgenfrist gewährte. Kurz genug war diese Galgenfrist;
die ganzen Erfolge von zwei blutigen Kriegsjahren gingen in wenigen Stunden
auf dem blutgetränkten Felde von Marengo verloren; der Friede von Lüneville
vollendete das zu Campo-Formio begonnene Werk. Von diesem Frieden an
sollte man eigentlich die thatsächliche Auflösung des deutschen Reiches rechnen,
wenn auch der Name noch einige Jahre fortdauerte. Was zu Lüneville ge¬
schah, kann man als die Amputation von einem der wichtigsten Glieder des
Reiches bezeichnen, und, um in der Weise, in welcher häufig über "interessante"
chirurgische Operationen berichtet wird, zu sprechen, kann man darüber urteilen:
"Die Operation gelang vorzüglich; der Patient verschied nach einiger Zeit in
Folge von allzu großer Schwäche." Die folgenden Jahre bis zur förmlichen


Die Auflösung dos alten Reiches.

durch Unterricht, durch Schulen. Sparkassen sind ebenfalls Schulen, Schulen der
Übung. Auch die Pfennigsparkassen hat man Sparschulen genannt, und sie
sind es in Wirklichkeit. Wie der Staat für die Schulen sorgt und bei deren
Errichtung mitwirkt, so sollte das Reich auch den Sparkassen zu Hilfe kommen
mit einer Postsparkasse, die allerdings, wie gesagt, wesentlich Reichspfennig¬
sparkasse und Reichssparschule wäre. Aber gerade diese zwei Bezeichnungen
bilden die dringendste Empfehlung für die Postsparkasse.




Die Auflösung des alten Reiches.
von R. paxe. (Schluß,)

le Ausführung der Bedingungen des Friedens von Campo-Formio
ging freilich nicht so rasch und glatt von statten. Der Kongreß,
der die Angelegenheiten des Reiches ordnen sollte, trat zwar in
Rastatt zusammen und tagte dort länger als ein Jahr (vom
Dezember 1797 bis zum Januar 1799), ohne daß irgend etwas
Wesentliches erzielt wurde, bis er sich endlich beim Wiederausbrnche des Krieges
auflöste und mit dem schmachvollen Überfälle und der Ermordung der franzö¬
sischen Gesandten durch Szekler Husaren ein Ende mit Schrecken fand.

Es liegt nicht in dem Nahmen dieser Abhandlung, die gewaltigen welt¬
geschichtlichen Ereignisse, namentlich den Zug Bonapartes nach Ägypten, den Krieg
der zweiten Koalition u. s. w., zu schildern, welche dem „verratenen deutschen
Reiche" noch einmal eine Galgenfrist gewährte. Kurz genug war diese Galgenfrist;
die ganzen Erfolge von zwei blutigen Kriegsjahren gingen in wenigen Stunden
auf dem blutgetränkten Felde von Marengo verloren; der Friede von Lüneville
vollendete das zu Campo-Formio begonnene Werk. Von diesem Frieden an
sollte man eigentlich die thatsächliche Auflösung des deutschen Reiches rechnen,
wenn auch der Name noch einige Jahre fortdauerte. Was zu Lüneville ge¬
schah, kann man als die Amputation von einem der wichtigsten Glieder des
Reiches bezeichnen, und, um in der Weise, in welcher häufig über „interessante"
chirurgische Operationen berichtet wird, zu sprechen, kann man darüber urteilen:
„Die Operation gelang vorzüglich; der Patient verschied nach einiger Zeit in
Folge von allzu großer Schwäche." Die folgenden Jahre bis zur förmlichen


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[0582] Die Auflösung dos alten Reiches. durch Unterricht, durch Schulen. Sparkassen sind ebenfalls Schulen, Schulen der Übung. Auch die Pfennigsparkassen hat man Sparschulen genannt, und sie sind es in Wirklichkeit. Wie der Staat für die Schulen sorgt und bei deren Errichtung mitwirkt, so sollte das Reich auch den Sparkassen zu Hilfe kommen mit einer Postsparkasse, die allerdings, wie gesagt, wesentlich Reichspfennig¬ sparkasse und Reichssparschule wäre. Aber gerade diese zwei Bezeichnungen bilden die dringendste Empfehlung für die Postsparkasse. Die Auflösung des alten Reiches. von R. paxe. (Schluß,) le Ausführung der Bedingungen des Friedens von Campo-Formio ging freilich nicht so rasch und glatt von statten. Der Kongreß, der die Angelegenheiten des Reiches ordnen sollte, trat zwar in Rastatt zusammen und tagte dort länger als ein Jahr (vom Dezember 1797 bis zum Januar 1799), ohne daß irgend etwas Wesentliches erzielt wurde, bis er sich endlich beim Wiederausbrnche des Krieges auflöste und mit dem schmachvollen Überfälle und der Ermordung der franzö¬ sischen Gesandten durch Szekler Husaren ein Ende mit Schrecken fand. Es liegt nicht in dem Nahmen dieser Abhandlung, die gewaltigen welt¬ geschichtlichen Ereignisse, namentlich den Zug Bonapartes nach Ägypten, den Krieg der zweiten Koalition u. s. w., zu schildern, welche dem „verratenen deutschen Reiche" noch einmal eine Galgenfrist gewährte. Kurz genug war diese Galgenfrist; die ganzen Erfolge von zwei blutigen Kriegsjahren gingen in wenigen Stunden auf dem blutgetränkten Felde von Marengo verloren; der Friede von Lüneville vollendete das zu Campo-Formio begonnene Werk. Von diesem Frieden an sollte man eigentlich die thatsächliche Auflösung des deutschen Reiches rechnen, wenn auch der Name noch einige Jahre fortdauerte. Was zu Lüneville ge¬ schah, kann man als die Amputation von einem der wichtigsten Glieder des Reiches bezeichnen, und, um in der Weise, in welcher häufig über „interessante" chirurgische Operationen berichtet wird, zu sprechen, kann man darüber urteilen: „Die Operation gelang vorzüglich; der Patient verschied nach einiger Zeit in Folge von allzu großer Schwäche." Die folgenden Jahre bis zur förmlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/582>, abgerufen am 01.05.2024.