Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Die soziale Frage im Reichslande. WWA-l""5Sel uns giebt es keine Sozialdemokratie. Die Humanität der ober- Grenzboten IV. 1887. 1
Die soziale Frage im Reichslande. WWA-l«»5Sel uns giebt es keine Sozialdemokratie. Die Humanität der ober- Grenzboten IV. 1887. 1
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Die soziale Frage im Reichslande.
WWA-l«»5Sel uns giebt es keine Sozialdemokratie. Die Humanität der ober-
elsässer Arbeitgeber hat die Arbeiter zufriedengestellt. Die wirk¬
samste Bekämpfung des Sozialismus liegt in der Nachahmung
der Mülhäuser Institutionen." So ließ sich 1878 Herr Johann
Dollfuß, Fabrikant und Protestier, im deutschen Reichstage ver¬
nehmen, als hier von den Parteien das Sozialistengesetz erörtert wurde. Es
war eine stolze Behauptung, die Bewunderung und Neid erwecken konnte, wenn
sie begründet war. Sie wurde jedoch sehr bald durch Thatsachen widerlegt,
indem bei den Wahlen 1881 Liebknecht 462 Stimmen erhielt, und indem schon
drei Jahre nachher im Lande der angeblich gelösten sozialen Frage 3111 sozial-
demokratische Wahlzettel abgegeben wurden, obwohl die Agitation auf polizei¬
lichen Widerstand gestoßen war und nur wenige Tage gewährt hatte. Also
doch, sagte man sich. Trotz der humanen Arbeitgeber, trotz der musterhaften
„Institutionen" Unzufriedenheit! Wie kommt das? Wäre es bloß Undankbarkeit,
bloß Verblendung durch Vorspiegelungen von Wühlern, wenn Tausende von
Arbeitern lieber einen von ihrer Klasse, als dem menschenfreundlichen Herrn
Dollfuß die Vertretung ihrer Interessen übertragen wollen? Lassen wir uns
das Rätsel von der Schrift Heinrich Herkners: Die oberelsüssische Baum¬
wollen in du serie und ihre Arbeiter lösen, welche vor kurzem (Straßburg, bei
Trübner) erschienen ist und welche die nicht bloß von Dollfuß, sondern auch von
andrer Seite gerühmten Mülhäuser Einrichtungen und Zustände einmal mit der
Fackel der Wahrheit beleuchtet. Der Verfasser ist ein Schüler Brentanos, sein
Buch bildet das vierte Heft der „Abhandlungen aus dem staatswissenschaftlicher
Grenzboten IV. 1887. 1
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