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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Gruft.
3.

in dritten Kapitel des vierten Buches wird von dem Kriege des
Jahres 1849 und namentlich von den Erlebnissen und Leistungen
des Herzogs Ernst nährend desselben erzählt, wobei des Sieges
bei Eckernförde mit besondrer Ausführlichkeit gedacht wird. Dies
darf aus doppeltem Grunde nicht verwundern. Einmal war dieser
Sieg eine der denkwürdigsten und wunderbarsten Begebenheiten, welche die
Kriegsgeschichte ausweist, und zugleich ein Ereignis von außerordentlicher poli¬
tischer Wirkung, insofern es den Kampf mit Dänemark in der öffentlichen
Meinung, die ihm bis dahin zwar nicht gleichgiltig, aber doch nur mit geteilter
Aufmerksamkeit und mäßiger Bewegung zugesehen hatte, in deu Vordergrund
rückte und das ganze Volk mit Stolz und Befriedigung erfüllte. Zweitens war
der Herzog als Kommandeur der in dieser Gegend Schleswigs stehenden
deutschen Kontingente bei der Sache beteiligt und nach dem Brauche, welcher
bei einem Siege dem dabei gegenwärtigen Fürsten das Hauptverdienst zuzu¬
schreiben und den Lorbcrkrcmz aufzusetzen gebietet, als Sieger zu betrachten und
zu feiern. Das letztere geschah denn auch hier reichlich, und wir haben im
Grunde nicht viel dagegen, da Verständige doch wissen, daß bei dieser wie bei
andern Gelegenheiten der Generalstab und die Tapferkeit der Truppen das Beste
thaten und Natur und Zufall auch ihr Teil an der Niederlage der Gegner
hatten. Nur eins möchten wir ausstellen. Der Herzog wurde nach dem Treffen
von Eckernförde nicht bloß als Sieger, sondern auch als Held gefeiert. Er
schreibt: "Geradezu unzählig waren die Gedichte und Zuschriften, die mir täglich
zugekommen sind," und nicht minder trug die Malerei dazu bei, seinen hier be¬
kundeten Heldensinn zu verherrlichen. In einem Saale der Koburger Beste
zeigt man ein großes Gemälde, auf welchem er hoch zu Rosse nicht fern vom
Strande hält und die Soldaten anfeuert. Kugeln platzen neben oder unter
ihm, das Pferd bäumt sich, und man erwartet für ihn das schlimmste. Tausende
von Kopien des Bildes in Lithographie und Holzschnitt gingen ins Land und
ließen das Volk solche Todesverachtung im Dienste des Vaterlandes bewundern
und verehren. Wir vermochten diese Gefühle niemals zu teilen,, obwohl der




Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Gruft.
3.

in dritten Kapitel des vierten Buches wird von dem Kriege des
Jahres 1849 und namentlich von den Erlebnissen und Leistungen
des Herzogs Ernst nährend desselben erzählt, wobei des Sieges
bei Eckernförde mit besondrer Ausführlichkeit gedacht wird. Dies
darf aus doppeltem Grunde nicht verwundern. Einmal war dieser
Sieg eine der denkwürdigsten und wunderbarsten Begebenheiten, welche die
Kriegsgeschichte ausweist, und zugleich ein Ereignis von außerordentlicher poli¬
tischer Wirkung, insofern es den Kampf mit Dänemark in der öffentlichen
Meinung, die ihm bis dahin zwar nicht gleichgiltig, aber doch nur mit geteilter
Aufmerksamkeit und mäßiger Bewegung zugesehen hatte, in deu Vordergrund
rückte und das ganze Volk mit Stolz und Befriedigung erfüllte. Zweitens war
der Herzog als Kommandeur der in dieser Gegend Schleswigs stehenden
deutschen Kontingente bei der Sache beteiligt und nach dem Brauche, welcher
bei einem Siege dem dabei gegenwärtigen Fürsten das Hauptverdienst zuzu¬
schreiben und den Lorbcrkrcmz aufzusetzen gebietet, als Sieger zu betrachten und
zu feiern. Das letztere geschah denn auch hier reichlich, und wir haben im
Grunde nicht viel dagegen, da Verständige doch wissen, daß bei dieser wie bei
andern Gelegenheiten der Generalstab und die Tapferkeit der Truppen das Beste
thaten und Natur und Zufall auch ihr Teil an der Niederlage der Gegner
hatten. Nur eins möchten wir ausstellen. Der Herzog wurde nach dem Treffen
von Eckernförde nicht bloß als Sieger, sondern auch als Held gefeiert. Er
schreibt: „Geradezu unzählig waren die Gedichte und Zuschriften, die mir täglich
zugekommen sind," und nicht minder trug die Malerei dazu bei, seinen hier be¬
kundeten Heldensinn zu verherrlichen. In einem Saale der Koburger Beste
zeigt man ein großes Gemälde, auf welchem er hoch zu Rosse nicht fern vom
Strande hält und die Soldaten anfeuert. Kugeln platzen neben oder unter
ihm, das Pferd bäumt sich, und man erwartet für ihn das schlimmste. Tausende
von Kopien des Bildes in Lithographie und Holzschnitt gingen ins Land und
ließen das Volk solche Todesverachtung im Dienste des Vaterlandes bewundern
und verehren. Wir vermochten diese Gefühle niemals zu teilen,, obwohl der


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[0438] [Abbildung] Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Gruft. 3. in dritten Kapitel des vierten Buches wird von dem Kriege des Jahres 1849 und namentlich von den Erlebnissen und Leistungen des Herzogs Ernst nährend desselben erzählt, wobei des Sieges bei Eckernförde mit besondrer Ausführlichkeit gedacht wird. Dies darf aus doppeltem Grunde nicht verwundern. Einmal war dieser Sieg eine der denkwürdigsten und wunderbarsten Begebenheiten, welche die Kriegsgeschichte ausweist, und zugleich ein Ereignis von außerordentlicher poli¬ tischer Wirkung, insofern es den Kampf mit Dänemark in der öffentlichen Meinung, die ihm bis dahin zwar nicht gleichgiltig, aber doch nur mit geteilter Aufmerksamkeit und mäßiger Bewegung zugesehen hatte, in deu Vordergrund rückte und das ganze Volk mit Stolz und Befriedigung erfüllte. Zweitens war der Herzog als Kommandeur der in dieser Gegend Schleswigs stehenden deutschen Kontingente bei der Sache beteiligt und nach dem Brauche, welcher bei einem Siege dem dabei gegenwärtigen Fürsten das Hauptverdienst zuzu¬ schreiben und den Lorbcrkrcmz aufzusetzen gebietet, als Sieger zu betrachten und zu feiern. Das letztere geschah denn auch hier reichlich, und wir haben im Grunde nicht viel dagegen, da Verständige doch wissen, daß bei dieser wie bei andern Gelegenheiten der Generalstab und die Tapferkeit der Truppen das Beste thaten und Natur und Zufall auch ihr Teil an der Niederlage der Gegner hatten. Nur eins möchten wir ausstellen. Der Herzog wurde nach dem Treffen von Eckernförde nicht bloß als Sieger, sondern auch als Held gefeiert. Er schreibt: „Geradezu unzählig waren die Gedichte und Zuschriften, die mir täglich zugekommen sind," und nicht minder trug die Malerei dazu bei, seinen hier be¬ kundeten Heldensinn zu verherrlichen. In einem Saale der Koburger Beste zeigt man ein großes Gemälde, auf welchem er hoch zu Rosse nicht fern vom Strande hält und die Soldaten anfeuert. Kugeln platzen neben oder unter ihm, das Pferd bäumt sich, und man erwartet für ihn das schlimmste. Tausende von Kopien des Bildes in Lithographie und Holzschnitt gingen ins Land und ließen das Volk solche Todesverachtung im Dienste des Vaterlandes bewundern und verehren. Wir vermochten diese Gefühle niemals zu teilen,, obwohl der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/438>, abgerufen am 01.05.2024.