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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Aus dem Leben Kaiser Wilhelms.
i.

^--^MZ5
^KWer Tod des ersten deutschen Kaisers hat, wie es zu gehen pflegt,
bei der Betriebsamkeit unsrer Schriftsteller- und Buchhändlerkreise
eine ganze Reihe von mehr oder minder umfangreichen Lebens¬
beschreibungen des Verewigten hervorgerufen, die mehr oder minder
in den Bereich der Fabriklitteratur gehören und von denen sich
in den bessern Fällen nur sagen läßt, daß sie gut gemeint sind. Hierher ge¬
hören u. a. die populären Schriftchen von Ernst Scherenberg und G. Egelhaaf,
die beide unter dem Titel "Kaiser Wilhelm" erschienen sind, hierher auch die
ausführlichere Arbeit des bekannten Kompilators auf dem Gebiete der neuern
preußischen Geschichte, Ludwig Hahn: "Wilhelm, der erste Kaiser des neuen
deutschen Reiches." Keine von diesen Schriften sagt uns etwas neues, keine
macht Anspruch darauf, ihren Gegenstand nach der oder jener Seite mehr aus
der Nähe zu betrachten und zu schildern, in keiner wird eine Charakteristik ver¬
sucht, die über die Oberfläche hinaufginge.

Wesentlich anders verhält es sich mit dem dreibändigen Buche, worin uns
der verstorbene Louis Schneider seine Erlebnisse und Beobachtungen in lang¬
jährigem Verkehre mit dem Heimgegangenen Fürsten mitteilt, und das unter dem
Titel: Aus dem Leben Kaiser Wilhelms, geschmückt mit einem Bildnisse und
einem Autograph des Kaisers, im Verlage vou Otto Janke in Berlin erschienen
ist. Der Bildungsgrad des Verfassers ist allerdings kein sehr hoher, sein Stil
äußerst mangelhaft, sein politischer Standpunkt, seine Denkart überhaupt, seine
Liebhabereien sind nicht von der Art, daß wir uns in jeder Hinsicht von ihm
angezogen und ihm geistig verwandt fühlen könnten; aber eins müssen ihm auch


Grenzboten III. 1838. 61


Aus dem Leben Kaiser Wilhelms.
i.

^--^MZ5
^KWer Tod des ersten deutschen Kaisers hat, wie es zu gehen pflegt,
bei der Betriebsamkeit unsrer Schriftsteller- und Buchhändlerkreise
eine ganze Reihe von mehr oder minder umfangreichen Lebens¬
beschreibungen des Verewigten hervorgerufen, die mehr oder minder
in den Bereich der Fabriklitteratur gehören und von denen sich
in den bessern Fällen nur sagen läßt, daß sie gut gemeint sind. Hierher ge¬
hören u. a. die populären Schriftchen von Ernst Scherenberg und G. Egelhaaf,
die beide unter dem Titel „Kaiser Wilhelm" erschienen sind, hierher auch die
ausführlichere Arbeit des bekannten Kompilators auf dem Gebiete der neuern
preußischen Geschichte, Ludwig Hahn: „Wilhelm, der erste Kaiser des neuen
deutschen Reiches." Keine von diesen Schriften sagt uns etwas neues, keine
macht Anspruch darauf, ihren Gegenstand nach der oder jener Seite mehr aus
der Nähe zu betrachten und zu schildern, in keiner wird eine Charakteristik ver¬
sucht, die über die Oberfläche hinaufginge.

Wesentlich anders verhält es sich mit dem dreibändigen Buche, worin uns
der verstorbene Louis Schneider seine Erlebnisse und Beobachtungen in lang¬
jährigem Verkehre mit dem Heimgegangenen Fürsten mitteilt, und das unter dem
Titel: Aus dem Leben Kaiser Wilhelms, geschmückt mit einem Bildnisse und
einem Autograph des Kaisers, im Verlage vou Otto Janke in Berlin erschienen
ist. Der Bildungsgrad des Verfassers ist allerdings kein sehr hoher, sein Stil
äußerst mangelhaft, sein politischer Standpunkt, seine Denkart überhaupt, seine
Liebhabereien sind nicht von der Art, daß wir uns in jeder Hinsicht von ihm
angezogen und ihm geistig verwandt fühlen könnten; aber eins müssen ihm auch


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[0489] [Abbildung] Aus dem Leben Kaiser Wilhelms. i. ^--^MZ5 ^KWer Tod des ersten deutschen Kaisers hat, wie es zu gehen pflegt, bei der Betriebsamkeit unsrer Schriftsteller- und Buchhändlerkreise eine ganze Reihe von mehr oder minder umfangreichen Lebens¬ beschreibungen des Verewigten hervorgerufen, die mehr oder minder in den Bereich der Fabriklitteratur gehören und von denen sich in den bessern Fällen nur sagen läßt, daß sie gut gemeint sind. Hierher ge¬ hören u. a. die populären Schriftchen von Ernst Scherenberg und G. Egelhaaf, die beide unter dem Titel „Kaiser Wilhelm" erschienen sind, hierher auch die ausführlichere Arbeit des bekannten Kompilators auf dem Gebiete der neuern preußischen Geschichte, Ludwig Hahn: „Wilhelm, der erste Kaiser des neuen deutschen Reiches." Keine von diesen Schriften sagt uns etwas neues, keine macht Anspruch darauf, ihren Gegenstand nach der oder jener Seite mehr aus der Nähe zu betrachten und zu schildern, in keiner wird eine Charakteristik ver¬ sucht, die über die Oberfläche hinaufginge. Wesentlich anders verhält es sich mit dem dreibändigen Buche, worin uns der verstorbene Louis Schneider seine Erlebnisse und Beobachtungen in lang¬ jährigem Verkehre mit dem Heimgegangenen Fürsten mitteilt, und das unter dem Titel: Aus dem Leben Kaiser Wilhelms, geschmückt mit einem Bildnisse und einem Autograph des Kaisers, im Verlage vou Otto Janke in Berlin erschienen ist. Der Bildungsgrad des Verfassers ist allerdings kein sehr hoher, sein Stil äußerst mangelhaft, sein politischer Standpunkt, seine Denkart überhaupt, seine Liebhabereien sind nicht von der Art, daß wir uns in jeder Hinsicht von ihm angezogen und ihm geistig verwandt fühlen könnten; aber eins müssen ihm auch Grenzboten III. 1838. 61

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/489>, abgerufen am 05.05.2024.