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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Aus Hamburgs Handelsgeschichte

möge. Nur dann und durch gleichzeitige Heranziehung versicherungstechnisch
geschulter Kräfte in den Reichsdienst würde die Reichs - Gesetzgebung und
-Verwaltung ihre Aufgabe auf dem in Rede stehenden Gebiete zu lösen und
Zustände, die die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Nation dauernd befriedigen,
zu schaffen im Stande sein.




Aus Hamburgs Handelsgeschichte

n diesen Tagen sind endlich die Zollschranken gefallen, die Ham¬
burg von dem übrigen Deutschland trennten, und damit hat die
Stadt die Schwelle seiner neuen Entwicklungsperiode betreten, in
der ihr Handel vereint mit der Gütererzeugung des gesamten
Reiches glänzendem Gedeihen entgegengeht. In diesem Augen¬
blicke hat es ein doppeltes Interesse, zu fragen, wie, mit welchen Maßregeln
und auf welche" Wegen sie zu ihrer jetzigen Bedeutung für die Nation gelangt
ist. Diese Frage kann nur eine Hamburger Handelsgeschichte beantworten, ein
Werk, das große Vorarbeiten erfordert. Eine solche liegt uns aber jetzt in
einer Schrift Dr. R. Ehrenbergs vor: Die Anfänge des Hamburger
Freihafeus, die eine Reihe von Abhandlungen nnter dem Titel "Wie wurde
Hamburg groß?" eröffnet, welche sich mit der Entwicklung der Stadt zu ihrer
gegenwärtigen Wichtigkeit auf merkantilem Gebiete beschäftigen sollen.

Spricht man heutzutage vom Freihafen, so denkt man dabei an Freihandel.
Man wird also mit Erstannen ans unsrer Schrift sehen, daß der Gedanke,
aus Hamburg einen Freihafen zu machen, schntzzöllnerischen Bestrebungen ent¬
sprang, man müßte denn Nüssen, daß jener Gedanke zuerst gegen das Ende
des siebzehnten Jahrhundert auftauchte, wo noch nirgends von Freihaudel die
Rede war, vielmehr allenthalben der Merkantilismus in Blüte stand, der in¬
sofern berechtigt war, als er den bis dahin herrschenden Fiskalismus verdrängt
hatte, bei dem die Regierenden unbekümmert um die dauernde Volkswohlfahrt, ja
auf Kosten derselben, das augenblickliche Interesse der Fürstenmacht im Auge hatten,
während nunmehr der Volkswohlstand von oben her zu fördern versucht wurde,
ohne daß mau dabei immer und in erster Reihe an sofortige Früchte für den
Schatz des Fürsten oder für den Geldbeutel der herrschenden Klasse dachte.
Richtschnur der merkantilistischen Politik war die Absicht, den Interessen aller


Aus Hamburgs Handelsgeschichte

möge. Nur dann und durch gleichzeitige Heranziehung versicherungstechnisch
geschulter Kräfte in den Reichsdienst würde die Reichs - Gesetzgebung und
-Verwaltung ihre Aufgabe auf dem in Rede stehenden Gebiete zu lösen und
Zustände, die die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Nation dauernd befriedigen,
zu schaffen im Stande sein.




Aus Hamburgs Handelsgeschichte

n diesen Tagen sind endlich die Zollschranken gefallen, die Ham¬
burg von dem übrigen Deutschland trennten, und damit hat die
Stadt die Schwelle seiner neuen Entwicklungsperiode betreten, in
der ihr Handel vereint mit der Gütererzeugung des gesamten
Reiches glänzendem Gedeihen entgegengeht. In diesem Augen¬
blicke hat es ein doppeltes Interesse, zu fragen, wie, mit welchen Maßregeln
und auf welche» Wegen sie zu ihrer jetzigen Bedeutung für die Nation gelangt
ist. Diese Frage kann nur eine Hamburger Handelsgeschichte beantworten, ein
Werk, das große Vorarbeiten erfordert. Eine solche liegt uns aber jetzt in
einer Schrift Dr. R. Ehrenbergs vor: Die Anfänge des Hamburger
Freihafeus, die eine Reihe von Abhandlungen nnter dem Titel „Wie wurde
Hamburg groß?" eröffnet, welche sich mit der Entwicklung der Stadt zu ihrer
gegenwärtigen Wichtigkeit auf merkantilem Gebiete beschäftigen sollen.

Spricht man heutzutage vom Freihafen, so denkt man dabei an Freihandel.
Man wird also mit Erstannen ans unsrer Schrift sehen, daß der Gedanke,
aus Hamburg einen Freihafen zu machen, schntzzöllnerischen Bestrebungen ent¬
sprang, man müßte denn Nüssen, daß jener Gedanke zuerst gegen das Ende
des siebzehnten Jahrhundert auftauchte, wo noch nirgends von Freihaudel die
Rede war, vielmehr allenthalben der Merkantilismus in Blüte stand, der in¬
sofern berechtigt war, als er den bis dahin herrschenden Fiskalismus verdrängt
hatte, bei dem die Regierenden unbekümmert um die dauernde Volkswohlfahrt, ja
auf Kosten derselben, das augenblickliche Interesse der Fürstenmacht im Auge hatten,
während nunmehr der Volkswohlstand von oben her zu fördern versucht wurde,
ohne daß mau dabei immer und in erster Reihe an sofortige Früchte für den
Schatz des Fürsten oder für den Geldbeutel der herrschenden Klasse dachte.
Richtschnur der merkantilistischen Politik war die Absicht, den Interessen aller


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[0312] Aus Hamburgs Handelsgeschichte möge. Nur dann und durch gleichzeitige Heranziehung versicherungstechnisch geschulter Kräfte in den Reichsdienst würde die Reichs - Gesetzgebung und -Verwaltung ihre Aufgabe auf dem in Rede stehenden Gebiete zu lösen und Zustände, die die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Nation dauernd befriedigen, zu schaffen im Stande sein. Aus Hamburgs Handelsgeschichte n diesen Tagen sind endlich die Zollschranken gefallen, die Ham¬ burg von dem übrigen Deutschland trennten, und damit hat die Stadt die Schwelle seiner neuen Entwicklungsperiode betreten, in der ihr Handel vereint mit der Gütererzeugung des gesamten Reiches glänzendem Gedeihen entgegengeht. In diesem Augen¬ blicke hat es ein doppeltes Interesse, zu fragen, wie, mit welchen Maßregeln und auf welche» Wegen sie zu ihrer jetzigen Bedeutung für die Nation gelangt ist. Diese Frage kann nur eine Hamburger Handelsgeschichte beantworten, ein Werk, das große Vorarbeiten erfordert. Eine solche liegt uns aber jetzt in einer Schrift Dr. R. Ehrenbergs vor: Die Anfänge des Hamburger Freihafeus, die eine Reihe von Abhandlungen nnter dem Titel „Wie wurde Hamburg groß?" eröffnet, welche sich mit der Entwicklung der Stadt zu ihrer gegenwärtigen Wichtigkeit auf merkantilem Gebiete beschäftigen sollen. Spricht man heutzutage vom Freihafen, so denkt man dabei an Freihandel. Man wird also mit Erstannen ans unsrer Schrift sehen, daß der Gedanke, aus Hamburg einen Freihafen zu machen, schntzzöllnerischen Bestrebungen ent¬ sprang, man müßte denn Nüssen, daß jener Gedanke zuerst gegen das Ende des siebzehnten Jahrhundert auftauchte, wo noch nirgends von Freihaudel die Rede war, vielmehr allenthalben der Merkantilismus in Blüte stand, der in¬ sofern berechtigt war, als er den bis dahin herrschenden Fiskalismus verdrängt hatte, bei dem die Regierenden unbekümmert um die dauernde Volkswohlfahrt, ja auf Kosten derselben, das augenblickliche Interesse der Fürstenmacht im Auge hatten, während nunmehr der Volkswohlstand von oben her zu fördern versucht wurde, ohne daß mau dabei immer und in erster Reihe an sofortige Früchte für den Schatz des Fürsten oder für den Geldbeutel der herrschenden Klasse dachte. Richtschnur der merkantilistischen Politik war die Absicht, den Interessen aller

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/312>, abgerufen am 05.05.2024.