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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.

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Weiteres zum Versicherungswesen

Landesregierung und in letzter Instanz bei der Reichszentralstelle offen zu
lassen sein.

Die öffentlichen Anstalten würden einer derartigen Beitragspflicht reichs¬
gesetzlich ebenso wie die Privatanstalten zu unterwerfen sein, da andernfalls
mittelbar eine Stenerungleichheit in der Behandlung der Einwohner ein und
derselben Gemeinde geschaffen würde, insofern als die bei einer öffentlichen
Anstalt versicherten von einer Steuer verschont blieben, welche die bei einer
Privatanstalt versicherten in Gestalt eines wenn anch nicht sichtbaren Zuschlages
zur Feuerversicherungspräinie zahle" müßten. Auch würde die Ordnung der
Sache ans solcher Grundlage den öffentlichen Anstalten wahrscheinlich den Anstoß
geben, mit ihrer bisherigen vielfach gar zu verschwenderischen Praxis in der
Bewilligung von Beiträgen zu Feuerlvschzwecken zu brechen, und damit ihre
Konkurrenzfähigkeit in Bezug auf ihre eigentliche Aufgabe deu Privatanstalten
gegenüber zu vergrößern.

Zu den vvrbesprvcheuen drei Steuerformen würde unter der Herrschaft
des Neichsgesetzes eine neue vierte hinzutreten müssen, nämlich ein Veitrag
oder eine Gebühr der Feuerversichernugsuuternehnuiugen für die dem Reiche
aus der Beaufsichtigung und der Förderung der allgemeinen Interessen der
Feuerversicherung erwachsenden Kosten, wie es in der vorhergehenden aus die
Notwendigkeit einer Feuervcrficherungsftatistik bezüglichen Besprechung bereits
angedeutet wurde, und wie es in den Gesetzgebungen andrer Länder, z. B. der
Schweiz, in ähnlicher Weise bereits durchgeführt ist.




Wenn wir hiermit die Erörterungen über die Erfordernisse der zukünftigen
Reichsgesetzgebung auf diesem Gebiete abschließen, so mag doch noch der Hin¬
weis gestattet sein, daß damit der Gegenstand bei weitem noch uicht erschöpft
^se- Die sogenannte verwaltungsrechtliche Seite der frciglicheu Gesetzgebung,
auf die wir uns beschränkt haben, bietet vielmehr noch eine Reihe von Fragen
dar, die der Erledigung durch das Reich bedürfen. Hierher würden einheitliche
Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Versicherungsunternehmnugcn in
Bezug auf ihre Gründung, ihre Geschäftsführung, Rechnungslegung, Reserve¬
berechnung und auf die Zulassung ausländischer Anstalten gehören. Außerdem
würde das Vertragsrecht im Bereiche des Versicherungswesens, nachdem es in
dem EntWurfe des bürgerlichen Gesetzbuches für das Reich unberücksichtigt ge¬
blieben ist, in dem zukünftigen Versicheruugsgcsetz geregelt werden müssen.

Uns kam es nur darauf um, diejenigen Punkte, die eine Berücksichtigung
vom fetlerversicheruugstechnischen Standpunkte aus vorzugsweise bedürfen, aus
dem gesamten Stoffe herauszuheben und an deren Besprechung den Wunsch
zu knüpfen, daß das Reich diesen: Standpunkte, der von den bisherigen Landes-
gesetzgebuugen fast gänzlich beiseite geschoben worden ist, Beachtung schenken


Weiteres zum Versicherungswesen

Landesregierung und in letzter Instanz bei der Reichszentralstelle offen zu
lassen sein.

Die öffentlichen Anstalten würden einer derartigen Beitragspflicht reichs¬
gesetzlich ebenso wie die Privatanstalten zu unterwerfen sein, da andernfalls
mittelbar eine Stenerungleichheit in der Behandlung der Einwohner ein und
derselben Gemeinde geschaffen würde, insofern als die bei einer öffentlichen
Anstalt versicherten von einer Steuer verschont blieben, welche die bei einer
Privatanstalt versicherten in Gestalt eines wenn anch nicht sichtbaren Zuschlages
zur Feuerversicherungspräinie zahle» müßten. Auch würde die Ordnung der
Sache ans solcher Grundlage den öffentlichen Anstalten wahrscheinlich den Anstoß
geben, mit ihrer bisherigen vielfach gar zu verschwenderischen Praxis in der
Bewilligung von Beiträgen zu Feuerlvschzwecken zu brechen, und damit ihre
Konkurrenzfähigkeit in Bezug auf ihre eigentliche Aufgabe deu Privatanstalten
gegenüber zu vergrößern.

Zu den vvrbesprvcheuen drei Steuerformen würde unter der Herrschaft
des Neichsgesetzes eine neue vierte hinzutreten müssen, nämlich ein Veitrag
oder eine Gebühr der Feuerversichernugsuuternehnuiugen für die dem Reiche
aus der Beaufsichtigung und der Förderung der allgemeinen Interessen der
Feuerversicherung erwachsenden Kosten, wie es in der vorhergehenden aus die
Notwendigkeit einer Feuervcrficherungsftatistik bezüglichen Besprechung bereits
angedeutet wurde, und wie es in den Gesetzgebungen andrer Länder, z. B. der
Schweiz, in ähnlicher Weise bereits durchgeführt ist.




Wenn wir hiermit die Erörterungen über die Erfordernisse der zukünftigen
Reichsgesetzgebung auf diesem Gebiete abschließen, so mag doch noch der Hin¬
weis gestattet sein, daß damit der Gegenstand bei weitem noch uicht erschöpft
^se- Die sogenannte verwaltungsrechtliche Seite der frciglicheu Gesetzgebung,
auf die wir uns beschränkt haben, bietet vielmehr noch eine Reihe von Fragen
dar, die der Erledigung durch das Reich bedürfen. Hierher würden einheitliche
Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Versicherungsunternehmnugcn in
Bezug auf ihre Gründung, ihre Geschäftsführung, Rechnungslegung, Reserve¬
berechnung und auf die Zulassung ausländischer Anstalten gehören. Außerdem
würde das Vertragsrecht im Bereiche des Versicherungswesens, nachdem es in
dem EntWurfe des bürgerlichen Gesetzbuches für das Reich unberücksichtigt ge¬
blieben ist, in dem zukünftigen Versicheruugsgcsetz geregelt werden müssen.

Uns kam es nur darauf um, diejenigen Punkte, die eine Berücksichtigung
vom fetlerversicheruugstechnischen Standpunkte aus vorzugsweise bedürfen, aus
dem gesamten Stoffe herauszuheben und an deren Besprechung den Wunsch
zu knüpfen, daß das Reich diesen: Standpunkte, der von den bisherigen Landes-
gesetzgebuugen fast gänzlich beiseite geschoben worden ist, Beachtung schenken


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[0311] Weiteres zum Versicherungswesen Landesregierung und in letzter Instanz bei der Reichszentralstelle offen zu lassen sein. Die öffentlichen Anstalten würden einer derartigen Beitragspflicht reichs¬ gesetzlich ebenso wie die Privatanstalten zu unterwerfen sein, da andernfalls mittelbar eine Stenerungleichheit in der Behandlung der Einwohner ein und derselben Gemeinde geschaffen würde, insofern als die bei einer öffentlichen Anstalt versicherten von einer Steuer verschont blieben, welche die bei einer Privatanstalt versicherten in Gestalt eines wenn anch nicht sichtbaren Zuschlages zur Feuerversicherungspräinie zahle» müßten. Auch würde die Ordnung der Sache ans solcher Grundlage den öffentlichen Anstalten wahrscheinlich den Anstoß geben, mit ihrer bisherigen vielfach gar zu verschwenderischen Praxis in der Bewilligung von Beiträgen zu Feuerlvschzwecken zu brechen, und damit ihre Konkurrenzfähigkeit in Bezug auf ihre eigentliche Aufgabe deu Privatanstalten gegenüber zu vergrößern. Zu den vvrbesprvcheuen drei Steuerformen würde unter der Herrschaft des Neichsgesetzes eine neue vierte hinzutreten müssen, nämlich ein Veitrag oder eine Gebühr der Feuerversichernugsuuternehnuiugen für die dem Reiche aus der Beaufsichtigung und der Förderung der allgemeinen Interessen der Feuerversicherung erwachsenden Kosten, wie es in der vorhergehenden aus die Notwendigkeit einer Feuervcrficherungsftatistik bezüglichen Besprechung bereits angedeutet wurde, und wie es in den Gesetzgebungen andrer Länder, z. B. der Schweiz, in ähnlicher Weise bereits durchgeführt ist. Wenn wir hiermit die Erörterungen über die Erfordernisse der zukünftigen Reichsgesetzgebung auf diesem Gebiete abschließen, so mag doch noch der Hin¬ weis gestattet sein, daß damit der Gegenstand bei weitem noch uicht erschöpft ^se- Die sogenannte verwaltungsrechtliche Seite der frciglicheu Gesetzgebung, auf die wir uns beschränkt haben, bietet vielmehr noch eine Reihe von Fragen dar, die der Erledigung durch das Reich bedürfen. Hierher würden einheitliche Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Versicherungsunternehmnugcn in Bezug auf ihre Gründung, ihre Geschäftsführung, Rechnungslegung, Reserve¬ berechnung und auf die Zulassung ausländischer Anstalten gehören. Außerdem würde das Vertragsrecht im Bereiche des Versicherungswesens, nachdem es in dem EntWurfe des bürgerlichen Gesetzbuches für das Reich unberücksichtigt ge¬ blieben ist, in dem zukünftigen Versicheruugsgcsetz geregelt werden müssen. Uns kam es nur darauf um, diejenigen Punkte, die eine Berücksichtigung vom fetlerversicheruugstechnischen Standpunkte aus vorzugsweise bedürfen, aus dem gesamten Stoffe herauszuheben und an deren Besprechung den Wunsch zu knüpfen, daß das Reich diesen: Standpunkte, der von den bisherigen Landes- gesetzgebuugen fast gänzlich beiseite geschoben worden ist, Beachtung schenken

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_204088/311>, abgerufen am 24.05.2024.