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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Wie ich Herrn Mathem kennen lernte
Sophns Lauditz Eine kleine Iögergeschichte von
Übersetzt von Therese Lorck
(Schluß)

adseu und Flvrn waren schon an der Briicke, mis ich autant, und
wir wurden ohne Umstände von der Schildwache dnrchgelasseu.
Zunächst mußten wir uus am Ufer halten, denn die Ar¬
tillerie hielt Schießübungen. Wir erbeuteten einige Vrachschuepfeu
nud gelangten allmählich mehr in die Nähe des Schießplatzes.
Mathem stand auf einem kleinen Erdwall, als einige hundert Ellen seitwärts
eine Granate platzte und man die Kartätschen pfeifen hörte. Obwohl ein Un¬
glück unmöglich war, erschrak ich doch, als ich auf einmal Mathem auf der
Nase liegen sah, beruhigte mich aber sofort, als er im besten Wohlsein, wenn
auch mit dein Schrecken im ganzen Gesichte, wieder aufstand.

Soll mich der und jener holen! Die Bestien schieße" scharf, und man
kann eins dabei wegkriegen, daß man sich den Tod holt. Lassen Sie uns
schleunigst wieder nach dem Ufer zu gehen. Es ist ein greulicher Gedanke, daß
sie mit solchem Teufelskram auf lebendige Menschen schießen, und was mag
so ein Granatending kosten!

Das weiß ich uicht, vielleicht eine Mandel Kronen oder mehr.

Das ist doch großartig, davon könnte ein anständiger Mensch vierzehn
Tage leben. Gott, was doch alles in der Welt unnütz draufgeht, und wie
sonderbar alles verteilt ist! Da wohnt mir gegenüber ein Fräulein Imsen,
vielleicht kennen Sie sie? Nein? Es ist die Tochter des Fleischers Imsen,
und sie erbte als einziges Kind den ganzen Kram. Nun frage ich Sie, liegt
naht ein Sinn darin, daß so ein einzelnes Frnnenzimmer eine große Woh¬
nung mit allen möglichen Bequemlichkeiten inne hat und mehr mis dreitausend
Kronen um Zinsen zu verzehren? Sie könnte doch recht gut einen Mann und
etliche Kinder mit solchem Einkommen ernähren!

Ich blickte Mathem um, um mich zu überzeugen, ob er etwa einen Witz
wachen wollte, aber es prägte sich ein tiefer Ernst in seinem Gesicht aus.




Wie ich Herrn Mathem kennen lernte
Sophns Lauditz Eine kleine Iögergeschichte von
Übersetzt von Therese Lorck
(Schluß)

adseu und Flvrn waren schon an der Briicke, mis ich autant, und
wir wurden ohne Umstände von der Schildwache dnrchgelasseu.
Zunächst mußten wir uus am Ufer halten, denn die Ar¬
tillerie hielt Schießübungen. Wir erbeuteten einige Vrachschuepfeu
nud gelangten allmählich mehr in die Nähe des Schießplatzes.
Mathem stand auf einem kleinen Erdwall, als einige hundert Ellen seitwärts
eine Granate platzte und man die Kartätschen pfeifen hörte. Obwohl ein Un¬
glück unmöglich war, erschrak ich doch, als ich auf einmal Mathem auf der
Nase liegen sah, beruhigte mich aber sofort, als er im besten Wohlsein, wenn
auch mit dein Schrecken im ganzen Gesichte, wieder aufstand.

Soll mich der und jener holen! Die Bestien schieße» scharf, und man
kann eins dabei wegkriegen, daß man sich den Tod holt. Lassen Sie uns
schleunigst wieder nach dem Ufer zu gehen. Es ist ein greulicher Gedanke, daß
sie mit solchem Teufelskram auf lebendige Menschen schießen, und was mag
so ein Granatending kosten!

Das weiß ich uicht, vielleicht eine Mandel Kronen oder mehr.

Das ist doch großartig, davon könnte ein anständiger Mensch vierzehn
Tage leben. Gott, was doch alles in der Welt unnütz draufgeht, und wie
sonderbar alles verteilt ist! Da wohnt mir gegenüber ein Fräulein Imsen,
vielleicht kennen Sie sie? Nein? Es ist die Tochter des Fleischers Imsen,
und sie erbte als einziges Kind den ganzen Kram. Nun frage ich Sie, liegt
naht ein Sinn darin, daß so ein einzelnes Frnnenzimmer eine große Woh¬
nung mit allen möglichen Bequemlichkeiten inne hat und mehr mis dreitausend
Kronen um Zinsen zu verzehren? Sie könnte doch recht gut einen Mann und
etliche Kinder mit solchem Einkommen ernähren!

Ich blickte Mathem um, um mich zu überzeugen, ob er etwa einen Witz
wachen wollte, aber es prägte sich ein tiefer Ernst in seinem Gesicht aus.


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[0575] [Abbildung] Wie ich Herrn Mathem kennen lernte Sophns Lauditz Eine kleine Iögergeschichte von Übersetzt von Therese Lorck (Schluß) adseu und Flvrn waren schon an der Briicke, mis ich autant, und wir wurden ohne Umstände von der Schildwache dnrchgelasseu. Zunächst mußten wir uus am Ufer halten, denn die Ar¬ tillerie hielt Schießübungen. Wir erbeuteten einige Vrachschuepfeu nud gelangten allmählich mehr in die Nähe des Schießplatzes. Mathem stand auf einem kleinen Erdwall, als einige hundert Ellen seitwärts eine Granate platzte und man die Kartätschen pfeifen hörte. Obwohl ein Un¬ glück unmöglich war, erschrak ich doch, als ich auf einmal Mathem auf der Nase liegen sah, beruhigte mich aber sofort, als er im besten Wohlsein, wenn auch mit dein Schrecken im ganzen Gesichte, wieder aufstand. Soll mich der und jener holen! Die Bestien schieße» scharf, und man kann eins dabei wegkriegen, daß man sich den Tod holt. Lassen Sie uns schleunigst wieder nach dem Ufer zu gehen. Es ist ein greulicher Gedanke, daß sie mit solchem Teufelskram auf lebendige Menschen schießen, und was mag so ein Granatending kosten! Das weiß ich uicht, vielleicht eine Mandel Kronen oder mehr. Das ist doch großartig, davon könnte ein anständiger Mensch vierzehn Tage leben. Gott, was doch alles in der Welt unnütz draufgeht, und wie sonderbar alles verteilt ist! Da wohnt mir gegenüber ein Fräulein Imsen, vielleicht kennen Sie sie? Nein? Es ist die Tochter des Fleischers Imsen, und sie erbte als einziges Kind den ganzen Kram. Nun frage ich Sie, liegt naht ein Sinn darin, daß so ein einzelnes Frnnenzimmer eine große Woh¬ nung mit allen möglichen Bequemlichkeiten inne hat und mehr mis dreitausend Kronen um Zinsen zu verzehren? Sie könnte doch recht gut einen Mann und etliche Kinder mit solchem Einkommen ernähren! Ich blickte Mathem um, um mich zu überzeugen, ob er etwa einen Witz wachen wollte, aber es prägte sich ein tiefer Ernst in seinem Gesicht aus.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/575>, abgerufen am 05.05.2024.