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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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!Vie ich ^orrn Mathem kennen lernte

Inzwischen hatten wir uns niedergelassen, um ein Butterbrot zu esse"
und einen Schnaps zu trinken. Ich bot Madseu von meinem Vorrat an, und
solange dieser vorhielt, aß er mit gutem Appetit mit und griff erst dann
nach dem seinigen. Mit mir werden Sie schwerlich teilen, meinte er, indem
er Miene machte, mir ein Butterbrot zu reichen.

Nein, besten Dank, ich bin fertig, obwohl Ihr geräucherter Lachs sehr
appetitlich aussieht.

Jawohl, lächelte Mathem, schöner geräucherter Lachs das; es sind Mohren!

Möhren?

Jawohl, der billigste Aufschnitt für Butterbrot, den man haben kann,
und er schmeckt wirklich sehr gut, wein? man sich daran gewöhnt hat. Ich muß
sparsam leben, denn sehen Sie, mein Bruder, der Gutsverwalter, hilft mir zwar,
bis ich etwas Festes habe, aber mau mag doch nicht gern nur von andern leben,
wenn man eine gute Erziehung genossen hat und sich selbst ernähren kann.

Nun, haben Sie Aussichten?

Na, es könnte sich vielleicht fügen, antwortete er. Es schien mir aber,
als ob er nicht wünschte sich weiter auszusprechen, und so schwieg ich.

Nachdem nur längere Zeit die kleinen Grashalme am Ufer durchsucht
hatten und ich eben nach einer wegziehenden Ente zielte, fiel es plötzlich
meinem Kameraden ein, den vor einer Stunde fallen gelassenen Faden wieder
aufzunehmen. Ich könnte Ihnen übrigens immerhin mitteilen, was ich im
Singe habe, sagte er. Kennen Sie den Kronprinzen?

Gewiß kenne ich ihn, er aber mich nicht!

Er soll ein sehr guter Mensch sein.

Darüber herrschen Wohl kaum verschiedne Ansichten.

lind nicht wahr, der Kronprinz hat Kinder? ich meine Prinzen.

Auf meine bejahende Antwort fuhr er fort: Ja, es war mir doch, als
hätte ich das schon gehört. Die müssen also doch später auch mit bei den
Königsjagden sein, meinen Sie nicht?

Das ist allerdings sehr wahrscheinlich.

Nun, dann scheint es mir zweckmäßig, daß sie beizeiten einen Begriff
von der Jagd bekommen, damit sie sichs nicht einmal einfallen lassen, einem
von der Meute eins aufs Fell zu brennen. Was meinen Sie, wäre das nicht
etwas für mich, so eine Anstellung, um den jungen Prinzen zu zeigen, wie
man auf die Jagd geht?

Ehrlich gestanden, nein. Wie sollte denn ein solcher Unterricht betrieben
werden?

Nun, ich deute mir das so. Ich würde mit ihnen in den Tiergarten gehen
und sie einen Bock schießen lassen. Dann würden wir weiter gehen und über
das oder jenes schwatzen. Glauben Sie mir, das würde den kleinen Prinzen
mehr Spaß machen, als im Schlosse zu sitzen und Aufgaben ausarbeiten.


!Vie ich ^orrn Mathem kennen lernte

Inzwischen hatten wir uns niedergelassen, um ein Butterbrot zu esse»
und einen Schnaps zu trinken. Ich bot Madseu von meinem Vorrat an, und
solange dieser vorhielt, aß er mit gutem Appetit mit und griff erst dann
nach dem seinigen. Mit mir werden Sie schwerlich teilen, meinte er, indem
er Miene machte, mir ein Butterbrot zu reichen.

Nein, besten Dank, ich bin fertig, obwohl Ihr geräucherter Lachs sehr
appetitlich aussieht.

Jawohl, lächelte Mathem, schöner geräucherter Lachs das; es sind Mohren!

Möhren?

Jawohl, der billigste Aufschnitt für Butterbrot, den man haben kann,
und er schmeckt wirklich sehr gut, wein? man sich daran gewöhnt hat. Ich muß
sparsam leben, denn sehen Sie, mein Bruder, der Gutsverwalter, hilft mir zwar,
bis ich etwas Festes habe, aber mau mag doch nicht gern nur von andern leben,
wenn man eine gute Erziehung genossen hat und sich selbst ernähren kann.

Nun, haben Sie Aussichten?

Na, es könnte sich vielleicht fügen, antwortete er. Es schien mir aber,
als ob er nicht wünschte sich weiter auszusprechen, und so schwieg ich.

Nachdem nur längere Zeit die kleinen Grashalme am Ufer durchsucht
hatten und ich eben nach einer wegziehenden Ente zielte, fiel es plötzlich
meinem Kameraden ein, den vor einer Stunde fallen gelassenen Faden wieder
aufzunehmen. Ich könnte Ihnen übrigens immerhin mitteilen, was ich im
Singe habe, sagte er. Kennen Sie den Kronprinzen?

Gewiß kenne ich ihn, er aber mich nicht!

Er soll ein sehr guter Mensch sein.

Darüber herrschen Wohl kaum verschiedne Ansichten.

lind nicht wahr, der Kronprinz hat Kinder? ich meine Prinzen.

Auf meine bejahende Antwort fuhr er fort: Ja, es war mir doch, als
hätte ich das schon gehört. Die müssen also doch später auch mit bei den
Königsjagden sein, meinen Sie nicht?

Das ist allerdings sehr wahrscheinlich.

Nun, dann scheint es mir zweckmäßig, daß sie beizeiten einen Begriff
von der Jagd bekommen, damit sie sichs nicht einmal einfallen lassen, einem
von der Meute eins aufs Fell zu brennen. Was meinen Sie, wäre das nicht
etwas für mich, so eine Anstellung, um den jungen Prinzen zu zeigen, wie
man auf die Jagd geht?

Ehrlich gestanden, nein. Wie sollte denn ein solcher Unterricht betrieben
werden?

Nun, ich deute mir das so. Ich würde mit ihnen in den Tiergarten gehen
und sie einen Bock schießen lassen. Dann würden wir weiter gehen und über
das oder jenes schwatzen. Glauben Sie mir, das würde den kleinen Prinzen
mehr Spaß machen, als im Schlosse zu sitzen und Aufgaben ausarbeiten.


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[0576] !Vie ich ^orrn Mathem kennen lernte Inzwischen hatten wir uns niedergelassen, um ein Butterbrot zu esse» und einen Schnaps zu trinken. Ich bot Madseu von meinem Vorrat an, und solange dieser vorhielt, aß er mit gutem Appetit mit und griff erst dann nach dem seinigen. Mit mir werden Sie schwerlich teilen, meinte er, indem er Miene machte, mir ein Butterbrot zu reichen. Nein, besten Dank, ich bin fertig, obwohl Ihr geräucherter Lachs sehr appetitlich aussieht. Jawohl, lächelte Mathem, schöner geräucherter Lachs das; es sind Mohren! Möhren? Jawohl, der billigste Aufschnitt für Butterbrot, den man haben kann, und er schmeckt wirklich sehr gut, wein? man sich daran gewöhnt hat. Ich muß sparsam leben, denn sehen Sie, mein Bruder, der Gutsverwalter, hilft mir zwar, bis ich etwas Festes habe, aber mau mag doch nicht gern nur von andern leben, wenn man eine gute Erziehung genossen hat und sich selbst ernähren kann. Nun, haben Sie Aussichten? Na, es könnte sich vielleicht fügen, antwortete er. Es schien mir aber, als ob er nicht wünschte sich weiter auszusprechen, und so schwieg ich. Nachdem nur längere Zeit die kleinen Grashalme am Ufer durchsucht hatten und ich eben nach einer wegziehenden Ente zielte, fiel es plötzlich meinem Kameraden ein, den vor einer Stunde fallen gelassenen Faden wieder aufzunehmen. Ich könnte Ihnen übrigens immerhin mitteilen, was ich im Singe habe, sagte er. Kennen Sie den Kronprinzen? Gewiß kenne ich ihn, er aber mich nicht! Er soll ein sehr guter Mensch sein. Darüber herrschen Wohl kaum verschiedne Ansichten. lind nicht wahr, der Kronprinz hat Kinder? ich meine Prinzen. Auf meine bejahende Antwort fuhr er fort: Ja, es war mir doch, als hätte ich das schon gehört. Die müssen also doch später auch mit bei den Königsjagden sein, meinen Sie nicht? Das ist allerdings sehr wahrscheinlich. Nun, dann scheint es mir zweckmäßig, daß sie beizeiten einen Begriff von der Jagd bekommen, damit sie sichs nicht einmal einfallen lassen, einem von der Meute eins aufs Fell zu brennen. Was meinen Sie, wäre das nicht etwas für mich, so eine Anstellung, um den jungen Prinzen zu zeigen, wie man auf die Jagd geht? Ehrlich gestanden, nein. Wie sollte denn ein solcher Unterricht betrieben werden? Nun, ich deute mir das so. Ich würde mit ihnen in den Tiergarten gehen und sie einen Bock schießen lassen. Dann würden wir weiter gehen und über das oder jenes schwatzen. Glauben Sie mir, das würde den kleinen Prinzen mehr Spaß machen, als im Schlosse zu sitzen und Aufgaben ausarbeiten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/576>, abgerufen am 18.05.2024.