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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Hausindustrielle Zustände

Grade gefährlich, die vielen zustimmenwirkenden Antriebe, die sich bis jetzt im
ganzen bewährt haben, beiseite zu schieben zu gunsten eines einzigen, der am
Ende versagen könnte.

Unser Schlußurteil über Brechts Schrift fassen wir dahin zusammen,
daß sie zwar die Ethik nicht nmsHaffen wird, daß sie aber viele beherzigens¬
werte Mahnungen und dankenswerte Anregungen enthält.




Hausindustrielle Zustände

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U"M!"
^M?Meit längerer Zeit wird in der volkswirtschaftlichen Litteratur
die Frage erörtert, ob es sich empfehle, die deutsche Gewerbe-
gesetzgebnng auch auf die hausindustriellen Unternehmungen aus¬
zudehnen. Um der Entscheidung dieser Frage näher zu treten,
war es nötig, sich zunächst eine genaue Kenntnis der in der
Hausindustrie herrschenden Zustünde zu verschaffen, sich über die wirtschaftliche
und soziale Lage dieses bedeutsamen Teiles des deutschen Erwerbslebens klar
zu werden. Diese zeitgemäße und dankenswerte Aufgabe hat sich der Verein
für Sozialpolitik gestellt. Er hat zunächst eine Darstellung der Litteratur,
der heutigen Zustünde und der deutschen Hausindustrie unes den vorliegenden
gedruckten Quellen herausgegeben, über die die Grenzboten bereits berichtet haben.
(Vgl. 1889 IV, S. 255 bis 262.) Da das vorhcmdue gedruckte Material aber kein
abgeschlossenes und zuverlässiges Bild der gegenwärtigen Lage der deutschen Haus¬
industrie gab, hat er es unternommen, die Verhältnisse durch eine Reihe einzelner
örtlicher Untersuchungen festzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er sich in
den verschiednen Teilen Deutschlands an sachkundige Vertrauensmänner mit
der Bitte gewendet, über die hausindustriellen Zustände ihrer Gegend Auskunft
zu erteilen. So ist eine Reihe gleichsam erlebter Berichte von Fachmännern
entstanden, die uns auf Grund eigner Anschauung über die zum Teil sehr
traurige Lage der deutschen Hausindustrie Aufschluß geben. Das vorige
Jahr brachte die Berichte über das nördliche Thüringen und das südwestliche
Deutschland, und soeben ist ein neuer Band erschienen, der die Hausindustrie
in Berlin, im Bezirke der Handelskammer von Osnabrück, im Fichtelgebirge
und in Schlesien, mithin in wichtigen Gebieten, in Großstadt, Gebirge und
Flachland behandelt. (Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.)

Als eine Eigentümlichkeit der Hausindustrie ist stets hervorgehoben worden,
daß im Durchschnitt der Lohn der Arbeit geringer und die Arbeitszeit größer


Hausindustrielle Zustände

Grade gefährlich, die vielen zustimmenwirkenden Antriebe, die sich bis jetzt im
ganzen bewährt haben, beiseite zu schieben zu gunsten eines einzigen, der am
Ende versagen könnte.

Unser Schlußurteil über Brechts Schrift fassen wir dahin zusammen,
daß sie zwar die Ethik nicht nmsHaffen wird, daß sie aber viele beherzigens¬
werte Mahnungen und dankenswerte Anregungen enthält.




Hausindustrielle Zustände

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^M?Meit längerer Zeit wird in der volkswirtschaftlichen Litteratur
die Frage erörtert, ob es sich empfehle, die deutsche Gewerbe-
gesetzgebnng auch auf die hausindustriellen Unternehmungen aus¬
zudehnen. Um der Entscheidung dieser Frage näher zu treten,
war es nötig, sich zunächst eine genaue Kenntnis der in der
Hausindustrie herrschenden Zustünde zu verschaffen, sich über die wirtschaftliche
und soziale Lage dieses bedeutsamen Teiles des deutschen Erwerbslebens klar
zu werden. Diese zeitgemäße und dankenswerte Aufgabe hat sich der Verein
für Sozialpolitik gestellt. Er hat zunächst eine Darstellung der Litteratur,
der heutigen Zustünde und der deutschen Hausindustrie unes den vorliegenden
gedruckten Quellen herausgegeben, über die die Grenzboten bereits berichtet haben.
(Vgl. 1889 IV, S. 255 bis 262.) Da das vorhcmdue gedruckte Material aber kein
abgeschlossenes und zuverlässiges Bild der gegenwärtigen Lage der deutschen Haus¬
industrie gab, hat er es unternommen, die Verhältnisse durch eine Reihe einzelner
örtlicher Untersuchungen festzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er sich in
den verschiednen Teilen Deutschlands an sachkundige Vertrauensmänner mit
der Bitte gewendet, über die hausindustriellen Zustände ihrer Gegend Auskunft
zu erteilen. So ist eine Reihe gleichsam erlebter Berichte von Fachmännern
entstanden, die uns auf Grund eigner Anschauung über die zum Teil sehr
traurige Lage der deutschen Hausindustrie Aufschluß geben. Das vorige
Jahr brachte die Berichte über das nördliche Thüringen und das südwestliche
Deutschland, und soeben ist ein neuer Band erschienen, der die Hausindustrie
in Berlin, im Bezirke der Handelskammer von Osnabrück, im Fichtelgebirge
und in Schlesien, mithin in wichtigen Gebieten, in Großstadt, Gebirge und
Flachland behandelt. (Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.)

Als eine Eigentümlichkeit der Hausindustrie ist stets hervorgehoben worden,
daß im Durchschnitt der Lohn der Arbeit geringer und die Arbeitszeit größer


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[0365] Hausindustrielle Zustände Grade gefährlich, die vielen zustimmenwirkenden Antriebe, die sich bis jetzt im ganzen bewährt haben, beiseite zu schieben zu gunsten eines einzigen, der am Ende versagen könnte. Unser Schlußurteil über Brechts Schrift fassen wir dahin zusammen, daß sie zwar die Ethik nicht nmsHaffen wird, daß sie aber viele beherzigens¬ werte Mahnungen und dankenswerte Anregungen enthält. Hausindustrielle Zustände MM U«M!» ^M?Meit längerer Zeit wird in der volkswirtschaftlichen Litteratur die Frage erörtert, ob es sich empfehle, die deutsche Gewerbe- gesetzgebnng auch auf die hausindustriellen Unternehmungen aus¬ zudehnen. Um der Entscheidung dieser Frage näher zu treten, war es nötig, sich zunächst eine genaue Kenntnis der in der Hausindustrie herrschenden Zustünde zu verschaffen, sich über die wirtschaftliche und soziale Lage dieses bedeutsamen Teiles des deutschen Erwerbslebens klar zu werden. Diese zeitgemäße und dankenswerte Aufgabe hat sich der Verein für Sozialpolitik gestellt. Er hat zunächst eine Darstellung der Litteratur, der heutigen Zustünde und der deutschen Hausindustrie unes den vorliegenden gedruckten Quellen herausgegeben, über die die Grenzboten bereits berichtet haben. (Vgl. 1889 IV, S. 255 bis 262.) Da das vorhcmdue gedruckte Material aber kein abgeschlossenes und zuverlässiges Bild der gegenwärtigen Lage der deutschen Haus¬ industrie gab, hat er es unternommen, die Verhältnisse durch eine Reihe einzelner örtlicher Untersuchungen festzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er sich in den verschiednen Teilen Deutschlands an sachkundige Vertrauensmänner mit der Bitte gewendet, über die hausindustriellen Zustände ihrer Gegend Auskunft zu erteilen. So ist eine Reihe gleichsam erlebter Berichte von Fachmännern entstanden, die uns auf Grund eigner Anschauung über die zum Teil sehr traurige Lage der deutschen Hausindustrie Aufschluß geben. Das vorige Jahr brachte die Berichte über das nördliche Thüringen und das südwestliche Deutschland, und soeben ist ein neuer Band erschienen, der die Hausindustrie in Berlin, im Bezirke der Handelskammer von Osnabrück, im Fichtelgebirge und in Schlesien, mithin in wichtigen Gebieten, in Großstadt, Gebirge und Flachland behandelt. (Leipzig, Duncker und Humblot, 1890.) Als eine Eigentümlichkeit der Hausindustrie ist stets hervorgehoben worden, daß im Durchschnitt der Lohn der Arbeit geringer und die Arbeitszeit größer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/365>, abgerufen am 28.04.2024.