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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Fürst Bismarck und die bildende Kunst
Adolf Rosenl'erg von

is Fürst Bismarck als Kanzler des deutschen Reiches "eben
den politischen Geschicken seines Landes die der ganzen Welt
leitete oder doch in dem Rufe stand, seine Hand überall im
Spiele zu haben, wäre ein Schriftsteller, der sich das in der
Überschrift genannte Thema zum Gegenstände einer Betrachtung
gewählt hätte, leicht in den Verdacht unwürdiger Schmeichelei geraten, oder
er hätte sichs doch gefallen lassen müssen, mit jenen Flngschriftenmachern
und sensationslustigen Feuilletonisten in einen Topf geworfen zu werden,
die die große politische und weltgeschichtliche Gestalt gewaltsam heranzogen,
um ans ihre eigne unbedeutende Person ein helleres Licht zu werfen und einen
Leserkreis zu finden, der ihnen ohne die Einbeziehung des Fürsten Bismarck
in ihre Erörterungen verschlossen geblieben wäre. Wir haben in Zeituugs-
anfsätzen und Flugschriften die gewagtesten Spekulationen über "Bismarck und
das Theater," "Bismarck und die Musik," "Bismarck und die Litteratur,"
"Bismarck und den Humor," "Bismarck und Goethe" n. dergl. in. gelesen, an
denen wenig mehr zu bewundern war, als das Geschick "ud die Zähigkeit,
womit die Verfasser zwischen Personen und Dingen eine Verbindung zu er¬
zwingen suchten, über die nur ein sehr geringes oder gar kein authentisches
Material vorlag. Nach glaubwürdigen Mitteilungen hat Fürst Bismarck
während der letzten zwanzig Jahre nnr zwei oder dreimal ein Theater besucht
und den Komiker Helmerding mehrere male zu Tische geladen. Welche Schlüsse
kann jemand, de/nicht zu den Freunden der Bismarckschen Familie gehört
oder nicht in mündlichem Verkehr mit dein Reichskanzler gestanden hat, daraus
auf seine Stellung zum Theater oder auf seine Meinung von der Schaubühne
unsrer Zeit ziehen? Außer den gewöhnlichen, meist gleichlautenden Dank-
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Fürst Bismarck und die bildende Kunst
Adolf Rosenl'erg von

is Fürst Bismarck als Kanzler des deutschen Reiches »eben
den politischen Geschicken seines Landes die der ganzen Welt
leitete oder doch in dem Rufe stand, seine Hand überall im
Spiele zu haben, wäre ein Schriftsteller, der sich das in der
Überschrift genannte Thema zum Gegenstände einer Betrachtung
gewählt hätte, leicht in den Verdacht unwürdiger Schmeichelei geraten, oder
er hätte sichs doch gefallen lassen müssen, mit jenen Flngschriftenmachern
und sensationslustigen Feuilletonisten in einen Topf geworfen zu werden,
die die große politische und weltgeschichtliche Gestalt gewaltsam heranzogen,
um ans ihre eigne unbedeutende Person ein helleres Licht zu werfen und einen
Leserkreis zu finden, der ihnen ohne die Einbeziehung des Fürsten Bismarck
in ihre Erörterungen verschlossen geblieben wäre. Wir haben in Zeituugs-
anfsätzen und Flugschriften die gewagtesten Spekulationen über „Bismarck und
das Theater," „Bismarck und die Musik," „Bismarck und die Litteratur,"
„Bismarck und den Humor," „Bismarck und Goethe" n. dergl. in. gelesen, an
denen wenig mehr zu bewundern war, als das Geschick »ud die Zähigkeit,
womit die Verfasser zwischen Personen und Dingen eine Verbindung zu er¬
zwingen suchten, über die nur ein sehr geringes oder gar kein authentisches
Material vorlag. Nach glaubwürdigen Mitteilungen hat Fürst Bismarck
während der letzten zwanzig Jahre nnr zwei oder dreimal ein Theater besucht
und den Komiker Helmerding mehrere male zu Tische geladen. Welche Schlüsse
kann jemand, de/nicht zu den Freunden der Bismarckschen Familie gehört
oder nicht in mündlichem Verkehr mit dein Reichskanzler gestanden hat, daraus
auf seine Stellung zum Theater oder auf seine Meinung von der Schaubühne
unsrer Zeit ziehen? Außer den gewöhnlichen, meist gleichlautenden Dank-
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[0009] [Abbildung] Fürst Bismarck und die bildende Kunst Adolf Rosenl'erg von is Fürst Bismarck als Kanzler des deutschen Reiches »eben den politischen Geschicken seines Landes die der ganzen Welt leitete oder doch in dem Rufe stand, seine Hand überall im Spiele zu haben, wäre ein Schriftsteller, der sich das in der Überschrift genannte Thema zum Gegenstände einer Betrachtung gewählt hätte, leicht in den Verdacht unwürdiger Schmeichelei geraten, oder er hätte sichs doch gefallen lassen müssen, mit jenen Flngschriftenmachern und sensationslustigen Feuilletonisten in einen Topf geworfen zu werden, die die große politische und weltgeschichtliche Gestalt gewaltsam heranzogen, um ans ihre eigne unbedeutende Person ein helleres Licht zu werfen und einen Leserkreis zu finden, der ihnen ohne die Einbeziehung des Fürsten Bismarck in ihre Erörterungen verschlossen geblieben wäre. Wir haben in Zeituugs- anfsätzen und Flugschriften die gewagtesten Spekulationen über „Bismarck und das Theater," „Bismarck und die Musik," „Bismarck und die Litteratur," „Bismarck und den Humor," „Bismarck und Goethe" n. dergl. in. gelesen, an denen wenig mehr zu bewundern war, als das Geschick »ud die Zähigkeit, womit die Verfasser zwischen Personen und Dingen eine Verbindung zu er¬ zwingen suchten, über die nur ein sehr geringes oder gar kein authentisches Material vorlag. Nach glaubwürdigen Mitteilungen hat Fürst Bismarck während der letzten zwanzig Jahre nnr zwei oder dreimal ein Theater besucht und den Komiker Helmerding mehrere male zu Tische geladen. Welche Schlüsse kann jemand, de/nicht zu den Freunden der Bismarckschen Familie gehört oder nicht in mündlichem Verkehr mit dein Reichskanzler gestanden hat, daraus auf seine Stellung zum Theater oder auf seine Meinung von der Schaubühne unsrer Zeit ziehen? Außer den gewöhnlichen, meist gleichlautenden Dank- ' Gle»zbvtc>, III 1390 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/9>, abgerufen am 28.04.2024.