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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Der Entwurf eines IDagnerdenkmals für Leipzig
Moritz Wirth von

Dieses alberne Schlasrvckpvrträt habe
ich gehörig auf dein Striche.

Richard Wagner um Uhlig

as deutsche Volk hat einen neuen Gegenstand für seinen Deuk-
nuilssport bekommen: ^tichard Wagner ist dentmalsfähig ge¬
worden. Unmittelbar nach seinem Tode, tLLI, bildeten sich
in Leipzig, wen" ich nicht irre, anch in Wien und anderwärts,
! Komitees zur Errichtung von Denkmälern; nun scheint Leipzig
mit der Ausführung vvrauzuseiu. Möchte die Vaterstadt des Vielge-
feierten billigerweise diesen Vorzug haben, wenn ihr nur das launische Glück
nicht ein Werk zuführen zu wollen schiene, das nur von den einen als reiz¬
volles Schviipslästerchen, von den andern als entstellende Warze -- sie würde
freilich nicht die einzige sein in dem Antlitz der freundlichen Pleißenstadt
anfgefaszt werden wird,") Umsomehr aber sei es erlaubt, auch für weitere Kreise
el" offenes Wort darüber zu sagen, als sich der Ruf guter öffentlicher Bild¬
werke weit über den Ort, den, sie angehören, hinaus erstreckt und dem ganzen
Vnterlande zur Zierde gereicht. Ich erinnere an die Goethe-Schillergruppc
in Weimar, an verschiedne Berliner Denkmäler n. s. w. Umgekehrt aber kann
eS niemandem, der noch einigen Sinn für die Kunst seines Volkes hat, wo er auch
innerhalb des großen gemeinsamen Vaterlandes sein Heim aufgeschlagen haben
mag, gleichgiltig sein, daß nur neben diesen berühmten vielleicht so und so
viel andre erhalten "'erden, die mehr beredet als berühmt werden, lind nun



*) Wie die Greuzbvie" zu Richard Wagner stehen, ist den Lesern ans frühern Jah"
gange" wohl zur Geniige bekannt. Wir haben in den letzten Jahren kein Wort mehr gegen
den Wagnerknltus gebracht, einfach deshalb, um den Wagnerianer" keine Nahrung mehr zu¬
zuführen, denn ni" einziger Aufsatz gegen Wagner giebt ihnen ja stets Gelegenheit zu zwölfen
für ihn. Es kann uns als" anch die Frage, ob Wagner ein gelungenes oder ein mi߬
lungenes Denkmal erhält, herzlich wenig aiifregen, und dem größten Teile der Gebildeten
in Leipzig geht es ebenso. Nicht ganz so gleichgiltig ist es uns, ob Leipzig ein gelungenes
oder ein mißlungenes Denkmal mehr erhält, und da der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes
die Frage in ungewöhnlich origineller Weise behandelt, so haben wir dem Aufsatz gern Aus¬
D. Red. nahme gewährt.


Der Entwurf eines IDagnerdenkmals für Leipzig
Moritz Wirth von

Dieses alberne Schlasrvckpvrträt habe
ich gehörig auf dein Striche.

Richard Wagner um Uhlig

as deutsche Volk hat einen neuen Gegenstand für seinen Deuk-
nuilssport bekommen: ^tichard Wagner ist dentmalsfähig ge¬
worden. Unmittelbar nach seinem Tode, tLLI, bildeten sich
in Leipzig, wen» ich nicht irre, anch in Wien und anderwärts,
! Komitees zur Errichtung von Denkmälern; nun scheint Leipzig
mit der Ausführung vvrauzuseiu. Möchte die Vaterstadt des Vielge-
feierten billigerweise diesen Vorzug haben, wenn ihr nur das launische Glück
nicht ein Werk zuführen zu wollen schiene, das nur von den einen als reiz¬
volles Schviipslästerchen, von den andern als entstellende Warze — sie würde
freilich nicht die einzige sein in dem Antlitz der freundlichen Pleißenstadt
anfgefaszt werden wird,") Umsomehr aber sei es erlaubt, auch für weitere Kreise
el» offenes Wort darüber zu sagen, als sich der Ruf guter öffentlicher Bild¬
werke weit über den Ort, den, sie angehören, hinaus erstreckt und dem ganzen
Vnterlande zur Zierde gereicht. Ich erinnere an die Goethe-Schillergruppc
in Weimar, an verschiedne Berliner Denkmäler n. s. w. Umgekehrt aber kann
eS niemandem, der noch einigen Sinn für die Kunst seines Volkes hat, wo er auch
innerhalb des großen gemeinsamen Vaterlandes sein Heim aufgeschlagen haben
mag, gleichgiltig sein, daß nur neben diesen berühmten vielleicht so und so
viel andre erhalten »'erden, die mehr beredet als berühmt werden, lind nun



*) Wie die Greuzbvie» zu Richard Wagner stehen, ist den Lesern ans frühern Jah»
gange» wohl zur Geniige bekannt. Wir haben in den letzten Jahren kein Wort mehr gegen
den Wagnerknltus gebracht, einfach deshalb, um den Wagnerianer» keine Nahrung mehr zu¬
zuführen, denn ni» einziger Aufsatz gegen Wagner giebt ihnen ja stets Gelegenheit zu zwölfen
für ihn. Es kann uns als» anch die Frage, ob Wagner ein gelungenes oder ein mi߬
lungenes Denkmal erhält, herzlich wenig aiifregen, und dem größten Teile der Gebildeten
in Leipzig geht es ebenso. Nicht ganz so gleichgiltig ist es uns, ob Leipzig ein gelungenes
oder ein mißlungenes Denkmal mehr erhält, und da der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes
die Frage in ungewöhnlich origineller Weise behandelt, so haben wir dem Aufsatz gern Aus¬
D. Red. nahme gewährt.
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[0563] [Abbildung] Der Entwurf eines IDagnerdenkmals für Leipzig Moritz Wirth von Dieses alberne Schlasrvckpvrträt habe ich gehörig auf dein Striche. Richard Wagner um Uhlig as deutsche Volk hat einen neuen Gegenstand für seinen Deuk- nuilssport bekommen: ^tichard Wagner ist dentmalsfähig ge¬ worden. Unmittelbar nach seinem Tode, tLLI, bildeten sich in Leipzig, wen» ich nicht irre, anch in Wien und anderwärts, ! Komitees zur Errichtung von Denkmälern; nun scheint Leipzig mit der Ausführung vvrauzuseiu. Möchte die Vaterstadt des Vielge- feierten billigerweise diesen Vorzug haben, wenn ihr nur das launische Glück nicht ein Werk zuführen zu wollen schiene, das nur von den einen als reiz¬ volles Schviipslästerchen, von den andern als entstellende Warze — sie würde freilich nicht die einzige sein in dem Antlitz der freundlichen Pleißenstadt anfgefaszt werden wird,") Umsomehr aber sei es erlaubt, auch für weitere Kreise el» offenes Wort darüber zu sagen, als sich der Ruf guter öffentlicher Bild¬ werke weit über den Ort, den, sie angehören, hinaus erstreckt und dem ganzen Vnterlande zur Zierde gereicht. Ich erinnere an die Goethe-Schillergruppc in Weimar, an verschiedne Berliner Denkmäler n. s. w. Umgekehrt aber kann eS niemandem, der noch einigen Sinn für die Kunst seines Volkes hat, wo er auch innerhalb des großen gemeinsamen Vaterlandes sein Heim aufgeschlagen haben mag, gleichgiltig sein, daß nur neben diesen berühmten vielleicht so und so viel andre erhalten »'erden, die mehr beredet als berühmt werden, lind nun *) Wie die Greuzbvie» zu Richard Wagner stehen, ist den Lesern ans frühern Jah» gange» wohl zur Geniige bekannt. Wir haben in den letzten Jahren kein Wort mehr gegen den Wagnerknltus gebracht, einfach deshalb, um den Wagnerianer» keine Nahrung mehr zu¬ zuführen, denn ni» einziger Aufsatz gegen Wagner giebt ihnen ja stets Gelegenheit zu zwölfen für ihn. Es kann uns als» anch die Frage, ob Wagner ein gelungenes oder ein mi߬ lungenes Denkmal erhält, herzlich wenig aiifregen, und dem größten Teile der Gebildeten in Leipzig geht es ebenso. Nicht ganz so gleichgiltig ist es uns, ob Leipzig ein gelungenes oder ein mißlungenes Denkmal mehr erhält, und da der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes die Frage in ungewöhnlich origineller Weise behandelt, so haben wir dem Aufsatz gern Aus¬ D. Red. nahme gewährt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/563>, abgerufen am 28.04.2024.