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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Ranke, und Gentz

hat ihre Mitglieder überall in Deutschland, bis zu den Alpen hin, das Gebiet
ihrer Thätigkeit aber umfaßt die ganze deutsche Küste von Enden bis nach
Memel. Nun wohlan, der deutsche Verein für Kinderheilstätten ist auch eine
solche Gesellschaft zur Rettung von Schiffbrüchigen, denen die helfende Hand
gereicht werden soll, um sie vor dem Untergange zu bewahren. Nicht blos;
aus den Küstenländern, nein, aus weiter Entfernung, aus den: Herzen Deutsch¬
lands sollen die armen, an unverschuldeten Elend leidenden Kinder heran¬
gezogen werden, damit sie hier an der See das kostbare Gut der Gesundheit
erlangen. Erst dann, wenn diese Hospize alljährlich vielen Hunderten von
Kindern aus allen Ständen frische Kräfte spenden, werden sie Einfluß auf
die körperliche Erziehung unsers Volkes gewinnen. Erst dann wird ihr natio¬
naler Wert zur vollen Geltung kommen. Frankreich hat Millionen geopfert,
um für die skrofulösen des Landes eine großartige Zufluchtstätte an seinem
Meeresufer zu erbauen; auch wir Deutschen haben die Pflicht, die reichen Heil-
nnd Stärkungsmittel, die unsre Küsten besitzen, für das große Ganze nutzbar
zu machen. Darum sollte es jeder für seine Aufgabe halten, an seinem Teil
ein richtiges Urteil in unserm Volke über die hier ruhenden, noch ungehobener
Heilschütze bilden zu helfen, und dieser Aufgabe meinerseits zu genügen, war
der Zweck dieser schlichten Zeilen.




Ranke und Gentz
von Engen Gnglia

ante ist während der sechzig Jahre seiner schriftstellerischen
Thätigkeit nicht dazu gekommen, sich über die geschichtliche Be¬
deutung von Gentz zu äußern, er erwähnt ihn nnr ein paarmal.
Aber in seiner Jugendzeit, als er auf der Universität weilte,
und später, als er Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder
war, stand Gentz auf der Höhe seiner Laufbahn: auf den .Kongressen, die
damals die Aufmerksamkeit Europas erregtem, führte er die Feder, er gab deu
Beschlüssen der großen Mächte die Form, in der sie in die Öffentlichkeit traten;
mehr, als es der Wirklichkeit entsprach, vermutete man in ihm die Seele der
österreichischen Stnatskanzlei und der politischen Tendenzen, die von dort aus¬
gingen. Auch lebte noch in der Erinnerung aller, was er einst in den Zeiten


Grenzboten I 1891 52
Ranke, und Gentz

hat ihre Mitglieder überall in Deutschland, bis zu den Alpen hin, das Gebiet
ihrer Thätigkeit aber umfaßt die ganze deutsche Küste von Enden bis nach
Memel. Nun wohlan, der deutsche Verein für Kinderheilstätten ist auch eine
solche Gesellschaft zur Rettung von Schiffbrüchigen, denen die helfende Hand
gereicht werden soll, um sie vor dem Untergange zu bewahren. Nicht blos;
aus den Küstenländern, nein, aus weiter Entfernung, aus den: Herzen Deutsch¬
lands sollen die armen, an unverschuldeten Elend leidenden Kinder heran¬
gezogen werden, damit sie hier an der See das kostbare Gut der Gesundheit
erlangen. Erst dann, wenn diese Hospize alljährlich vielen Hunderten von
Kindern aus allen Ständen frische Kräfte spenden, werden sie Einfluß auf
die körperliche Erziehung unsers Volkes gewinnen. Erst dann wird ihr natio¬
naler Wert zur vollen Geltung kommen. Frankreich hat Millionen geopfert,
um für die skrofulösen des Landes eine großartige Zufluchtstätte an seinem
Meeresufer zu erbauen; auch wir Deutschen haben die Pflicht, die reichen Heil-
nnd Stärkungsmittel, die unsre Küsten besitzen, für das große Ganze nutzbar
zu machen. Darum sollte es jeder für seine Aufgabe halten, an seinem Teil
ein richtiges Urteil in unserm Volke über die hier ruhenden, noch ungehobener
Heilschütze bilden zu helfen, und dieser Aufgabe meinerseits zu genügen, war
der Zweck dieser schlichten Zeilen.




Ranke und Gentz
von Engen Gnglia

ante ist während der sechzig Jahre seiner schriftstellerischen
Thätigkeit nicht dazu gekommen, sich über die geschichtliche Be¬
deutung von Gentz zu äußern, er erwähnt ihn nnr ein paarmal.
Aber in seiner Jugendzeit, als er auf der Universität weilte,
und später, als er Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder
war, stand Gentz auf der Höhe seiner Laufbahn: auf den .Kongressen, die
damals die Aufmerksamkeit Europas erregtem, führte er die Feder, er gab deu
Beschlüssen der großen Mächte die Form, in der sie in die Öffentlichkeit traten;
mehr, als es der Wirklichkeit entsprach, vermutete man in ihm die Seele der
österreichischen Stnatskanzlei und der politischen Tendenzen, die von dort aus¬
gingen. Auch lebte noch in der Erinnerung aller, was er einst in den Zeiten


Grenzboten I 1891 52
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[0417] Ranke, und Gentz hat ihre Mitglieder überall in Deutschland, bis zu den Alpen hin, das Gebiet ihrer Thätigkeit aber umfaßt die ganze deutsche Küste von Enden bis nach Memel. Nun wohlan, der deutsche Verein für Kinderheilstätten ist auch eine solche Gesellschaft zur Rettung von Schiffbrüchigen, denen die helfende Hand gereicht werden soll, um sie vor dem Untergange zu bewahren. Nicht blos; aus den Küstenländern, nein, aus weiter Entfernung, aus den: Herzen Deutsch¬ lands sollen die armen, an unverschuldeten Elend leidenden Kinder heran¬ gezogen werden, damit sie hier an der See das kostbare Gut der Gesundheit erlangen. Erst dann, wenn diese Hospize alljährlich vielen Hunderten von Kindern aus allen Ständen frische Kräfte spenden, werden sie Einfluß auf die körperliche Erziehung unsers Volkes gewinnen. Erst dann wird ihr natio¬ naler Wert zur vollen Geltung kommen. Frankreich hat Millionen geopfert, um für die skrofulösen des Landes eine großartige Zufluchtstätte an seinem Meeresufer zu erbauen; auch wir Deutschen haben die Pflicht, die reichen Heil- nnd Stärkungsmittel, die unsre Küsten besitzen, für das große Ganze nutzbar zu machen. Darum sollte es jeder für seine Aufgabe halten, an seinem Teil ein richtiges Urteil in unserm Volke über die hier ruhenden, noch ungehobener Heilschütze bilden zu helfen, und dieser Aufgabe meinerseits zu genügen, war der Zweck dieser schlichten Zeilen. Ranke und Gentz von Engen Gnglia ante ist während der sechzig Jahre seiner schriftstellerischen Thätigkeit nicht dazu gekommen, sich über die geschichtliche Be¬ deutung von Gentz zu äußern, er erwähnt ihn nnr ein paarmal. Aber in seiner Jugendzeit, als er auf der Universität weilte, und später, als er Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder war, stand Gentz auf der Höhe seiner Laufbahn: auf den .Kongressen, die damals die Aufmerksamkeit Europas erregtem, führte er die Feder, er gab deu Beschlüssen der großen Mächte die Form, in der sie in die Öffentlichkeit traten; mehr, als es der Wirklichkeit entsprach, vermutete man in ihm die Seele der österreichischen Stnatskanzlei und der politischen Tendenzen, die von dort aus¬ gingen. Auch lebte noch in der Erinnerung aller, was er einst in den Zeiten Grenzboten I 1891 52

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/417>, abgerufen am 05.05.2024.