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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Die internationale Kunstausstellung in Berlin
Adolf Rosenberg von1

s
wäre dies Jahr wirklich zum erstenmale eine internationale
Kunstausstellung, die diesen Namen verdiente, zu stände gekommen,
wenn der Pariser Pöbel nicht im letzten Augenblick seine Gnsseu-
bnbennatur gegen Anstand und Ehre ausgespielt hätte. Mit wenigen
Ausucchmeu, die wir aus Höflichkeit rühmlich nennen wollen, haben
die französischen Künstler ihre anfänglich gemachten Zusagen zurückgezogen,
und alle Bemühungen und Ehrenerweisungen Vonseiten der hohen Protektorin
und des Vereins der Berliner Künstler, die mancher Patriot nicht ohne ein
Gefühl der Bitterkeit und Demütigung empfunden haben mag, find vergeblich
gewesen. Der Verein der Berliner Künstler hatte ein Fest im engen Kreise
veranstaltet, ein Fest mit lebenden Bildern, dessen erstes zu Ehren des er¬
warteten Gastes aus Paris, des Malers Eduard Detaille, sein populärstes
Bild Zu röoouimissMvö -- eine Dorfstraße mit der Leiche eines erschossenen
preußischen Ulanen im Vordergrunde und vorsichtig nahenden französischen
Soldaten im Mittelgrunde -- verkörperte. Aber Detaille kam uicht, weil
sich der tapfre Schlachtenmaler vor der Pariser Crapule fürchtete, und die
Huldigung der französischen Kunst fiel ins Wasser.

Wenn die Berliner internationale Kunstausstellung eine offizielle Veran¬
staltung des Staates oder eiuer amtlichen Körperschaft wäre, würde die
Zurückhaltung der Franzosen zu entschuldigen, sogar zu rechtfertigen sein.
Das deutsche Reich hat sich von der Pariser Weltausstellung von 1889 fern¬
gehalten, und da man in Frankreich Deutschland und Berlin, deu Brennpunkt
französischen Hasses, für eins nimmt, fo ist die Wiedervergeltung in den
Augen vieler Franzosen nicht bloß erlaubt, sondern auch geboten. Aber der
Pariser Chauvinismus hat in seiner blinden Wut übersehen, daß es sich hier
nicht um ein Unternehmen der deutschen Reichs- oder der preußischen Staats-
regierung handelt, sondern um eine Ausstellung, in der eine Jubelfeier einer
privaten Körperschaft ihren Glanz- und Höhepunkt finden soll. Der Verein
der Berliner Künstler ist stets ausländischen, insbesondre französischen Künstlern




Die internationale Kunstausstellung in Berlin
Adolf Rosenberg von1

s
wäre dies Jahr wirklich zum erstenmale eine internationale
Kunstausstellung, die diesen Namen verdiente, zu stände gekommen,
wenn der Pariser Pöbel nicht im letzten Augenblick seine Gnsseu-
bnbennatur gegen Anstand und Ehre ausgespielt hätte. Mit wenigen
Ausucchmeu, die wir aus Höflichkeit rühmlich nennen wollen, haben
die französischen Künstler ihre anfänglich gemachten Zusagen zurückgezogen,
und alle Bemühungen und Ehrenerweisungen Vonseiten der hohen Protektorin
und des Vereins der Berliner Künstler, die mancher Patriot nicht ohne ein
Gefühl der Bitterkeit und Demütigung empfunden haben mag, find vergeblich
gewesen. Der Verein der Berliner Künstler hatte ein Fest im engen Kreise
veranstaltet, ein Fest mit lebenden Bildern, dessen erstes zu Ehren des er¬
warteten Gastes aus Paris, des Malers Eduard Detaille, sein populärstes
Bild Zu röoouimissMvö — eine Dorfstraße mit der Leiche eines erschossenen
preußischen Ulanen im Vordergrunde und vorsichtig nahenden französischen
Soldaten im Mittelgrunde — verkörperte. Aber Detaille kam uicht, weil
sich der tapfre Schlachtenmaler vor der Pariser Crapule fürchtete, und die
Huldigung der französischen Kunst fiel ins Wasser.

Wenn die Berliner internationale Kunstausstellung eine offizielle Veran¬
staltung des Staates oder eiuer amtlichen Körperschaft wäre, würde die
Zurückhaltung der Franzosen zu entschuldigen, sogar zu rechtfertigen sein.
Das deutsche Reich hat sich von der Pariser Weltausstellung von 1889 fern¬
gehalten, und da man in Frankreich Deutschland und Berlin, deu Brennpunkt
französischen Hasses, für eins nimmt, fo ist die Wiedervergeltung in den
Augen vieler Franzosen nicht bloß erlaubt, sondern auch geboten. Aber der
Pariser Chauvinismus hat in seiner blinden Wut übersehen, daß es sich hier
nicht um ein Unternehmen der deutschen Reichs- oder der preußischen Staats-
regierung handelt, sondern um eine Ausstellung, in der eine Jubelfeier einer
privaten Körperschaft ihren Glanz- und Höhepunkt finden soll. Der Verein
der Berliner Künstler ist stets ausländischen, insbesondre französischen Künstlern


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[0531] [Abbildung] Die internationale Kunstausstellung in Berlin Adolf Rosenberg von1 s wäre dies Jahr wirklich zum erstenmale eine internationale Kunstausstellung, die diesen Namen verdiente, zu stände gekommen, wenn der Pariser Pöbel nicht im letzten Augenblick seine Gnsseu- bnbennatur gegen Anstand und Ehre ausgespielt hätte. Mit wenigen Ausucchmeu, die wir aus Höflichkeit rühmlich nennen wollen, haben die französischen Künstler ihre anfänglich gemachten Zusagen zurückgezogen, und alle Bemühungen und Ehrenerweisungen Vonseiten der hohen Protektorin und des Vereins der Berliner Künstler, die mancher Patriot nicht ohne ein Gefühl der Bitterkeit und Demütigung empfunden haben mag, find vergeblich gewesen. Der Verein der Berliner Künstler hatte ein Fest im engen Kreise veranstaltet, ein Fest mit lebenden Bildern, dessen erstes zu Ehren des er¬ warteten Gastes aus Paris, des Malers Eduard Detaille, sein populärstes Bild Zu röoouimissMvö — eine Dorfstraße mit der Leiche eines erschossenen preußischen Ulanen im Vordergrunde und vorsichtig nahenden französischen Soldaten im Mittelgrunde — verkörperte. Aber Detaille kam uicht, weil sich der tapfre Schlachtenmaler vor der Pariser Crapule fürchtete, und die Huldigung der französischen Kunst fiel ins Wasser. Wenn die Berliner internationale Kunstausstellung eine offizielle Veran¬ staltung des Staates oder eiuer amtlichen Körperschaft wäre, würde die Zurückhaltung der Franzosen zu entschuldigen, sogar zu rechtfertigen sein. Das deutsche Reich hat sich von der Pariser Weltausstellung von 1889 fern¬ gehalten, und da man in Frankreich Deutschland und Berlin, deu Brennpunkt französischen Hasses, für eins nimmt, fo ist die Wiedervergeltung in den Augen vieler Franzosen nicht bloß erlaubt, sondern auch geboten. Aber der Pariser Chauvinismus hat in seiner blinden Wut übersehen, daß es sich hier nicht um ein Unternehmen der deutschen Reichs- oder der preußischen Staats- regierung handelt, sondern um eine Ausstellung, in der eine Jubelfeier einer privaten Körperschaft ihren Glanz- und Höhepunkt finden soll. Der Verein der Berliner Künstler ist stets ausländischen, insbesondre französischen Künstlern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/531>, abgerufen am 04.05.2024.