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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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Altes und neues von Theodor Fontane

zurückgedrängten Bergdamara zu gewinnen wären. Sodann sind in der Be¬
urteilung des Klimas seit langem alle einig, die das Land aus eigner Er¬
fahrung kennen; es ist für Europäer durchaus nicht schädlich, für viele von
ihnen in den höhern Lagen durch Trockenheit und Mangel an Miasmen ent¬
schieden gesund.

Wenn wir die Summe ziehen, so ist kein Grund zu sehen, warum wir
mit verdrossener Hoffnungslosigkeit aus das älteste unsrer jungen Schutzgebiete
blicken sollten. In den politischen Verhältnissen können sie für ein Land, wie
das deutsche Reich, nicht zu suchen sein. Dieses muß die Macht entfalten,
die notwendig ist, um die gesetzlosen Hottentotten und Bastarde an den Raub-
zügen gegen die Völker des Nordens zu hindern, die ihrerseits namentlich die
Ovaherero, wenn sie ernsten Willen sehen, von der Widerspenstigkeit, die
sie unter dem verstorbenen Kama-Herero zeigten, zurückkommen werden. In
keinem andern afrikanischen Lande hat die Mission -- die von Barmer aus
geleitete rheinische und im Norden eine kleine finnische Gesellschaft so tüchtig
vorgearbeitet wie hier. Fast die ganze Bevölkerung ist bereits christlich. Die
deutsche Regierung schaffe Frieden im Lande, die deutsche Kolonialgesellschaft
fördere die Viehzucht und vielleicht den Küstenfischfang, und man wird an
der Hand einer freilich nur gleichsam tropfenweise sich ergießenden Einwande¬
rung von Deutschen und vielleicht auch südafrikanischen Buren ein zwar zer¬
streutes und kleines, aber auf diesem Boden für uns, die junge Kolonialmacht,
doppelt ehrenvolles Gedeihen sich entfalten sehen.




Altes und neues von Theodor Fontäne

eher die Unberechenbarkeit und das undurchdringliche Geheimnis
des litterarischen Erfolgs ist schon viel geredet worden, aber
fertig würde man damit doch nicht werden. Täglich bringt uns
das litterarische Leben neue Thatsachen, die wir nicht begreifen
können, und die wir zu begreifen aufgeben müssen. Manche
Litterarhistoriker freilich, die ein oder zwei Menschenalter hinterher die Ereign
nisse in der Bücherwelt betrachten, hören das Gras wachsen und beweisen uns
aus diesen und jenen Gründen, warum zu dieser und jener Zeit ein Buch
nicht Erfolg haben "konnte", warum es auf seine Anerkennung warten mußte,
bis ihm die Welt nachreifte. Hinterher ist leicht reden. Wer aber in der
Zeit steht, wie der Schaffende, der Verleger und auch der so gern gering¬
geschätzte Rezensent, dem bietet das Dasein manches unverständliche, der muß


Altes und neues von Theodor Fontane

zurückgedrängten Bergdamara zu gewinnen wären. Sodann sind in der Be¬
urteilung des Klimas seit langem alle einig, die das Land aus eigner Er¬
fahrung kennen; es ist für Europäer durchaus nicht schädlich, für viele von
ihnen in den höhern Lagen durch Trockenheit und Mangel an Miasmen ent¬
schieden gesund.

Wenn wir die Summe ziehen, so ist kein Grund zu sehen, warum wir
mit verdrossener Hoffnungslosigkeit aus das älteste unsrer jungen Schutzgebiete
blicken sollten. In den politischen Verhältnissen können sie für ein Land, wie
das deutsche Reich, nicht zu suchen sein. Dieses muß die Macht entfalten,
die notwendig ist, um die gesetzlosen Hottentotten und Bastarde an den Raub-
zügen gegen die Völker des Nordens zu hindern, die ihrerseits namentlich die
Ovaherero, wenn sie ernsten Willen sehen, von der Widerspenstigkeit, die
sie unter dem verstorbenen Kama-Herero zeigten, zurückkommen werden. In
keinem andern afrikanischen Lande hat die Mission — die von Barmer aus
geleitete rheinische und im Norden eine kleine finnische Gesellschaft so tüchtig
vorgearbeitet wie hier. Fast die ganze Bevölkerung ist bereits christlich. Die
deutsche Regierung schaffe Frieden im Lande, die deutsche Kolonialgesellschaft
fördere die Viehzucht und vielleicht den Küstenfischfang, und man wird an
der Hand einer freilich nur gleichsam tropfenweise sich ergießenden Einwande¬
rung von Deutschen und vielleicht auch südafrikanischen Buren ein zwar zer¬
streutes und kleines, aber auf diesem Boden für uns, die junge Kolonialmacht,
doppelt ehrenvolles Gedeihen sich entfalten sehen.




Altes und neues von Theodor Fontäne

eher die Unberechenbarkeit und das undurchdringliche Geheimnis
des litterarischen Erfolgs ist schon viel geredet worden, aber
fertig würde man damit doch nicht werden. Täglich bringt uns
das litterarische Leben neue Thatsachen, die wir nicht begreifen
können, und die wir zu begreifen aufgeben müssen. Manche
Litterarhistoriker freilich, die ein oder zwei Menschenalter hinterher die Ereign
nisse in der Bücherwelt betrachten, hören das Gras wachsen und beweisen uns
aus diesen und jenen Gründen, warum zu dieser und jener Zeit ein Buch
nicht Erfolg haben „konnte", warum es auf seine Anerkennung warten mußte,
bis ihm die Welt nachreifte. Hinterher ist leicht reden. Wer aber in der
Zeit steht, wie der Schaffende, der Verleger und auch der so gern gering¬
geschätzte Rezensent, dem bietet das Dasein manches unverständliche, der muß


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[0183] Altes und neues von Theodor Fontane zurückgedrängten Bergdamara zu gewinnen wären. Sodann sind in der Be¬ urteilung des Klimas seit langem alle einig, die das Land aus eigner Er¬ fahrung kennen; es ist für Europäer durchaus nicht schädlich, für viele von ihnen in den höhern Lagen durch Trockenheit und Mangel an Miasmen ent¬ schieden gesund. Wenn wir die Summe ziehen, so ist kein Grund zu sehen, warum wir mit verdrossener Hoffnungslosigkeit aus das älteste unsrer jungen Schutzgebiete blicken sollten. In den politischen Verhältnissen können sie für ein Land, wie das deutsche Reich, nicht zu suchen sein. Dieses muß die Macht entfalten, die notwendig ist, um die gesetzlosen Hottentotten und Bastarde an den Raub- zügen gegen die Völker des Nordens zu hindern, die ihrerseits namentlich die Ovaherero, wenn sie ernsten Willen sehen, von der Widerspenstigkeit, die sie unter dem verstorbenen Kama-Herero zeigten, zurückkommen werden. In keinem andern afrikanischen Lande hat die Mission — die von Barmer aus geleitete rheinische und im Norden eine kleine finnische Gesellschaft so tüchtig vorgearbeitet wie hier. Fast die ganze Bevölkerung ist bereits christlich. Die deutsche Regierung schaffe Frieden im Lande, die deutsche Kolonialgesellschaft fördere die Viehzucht und vielleicht den Küstenfischfang, und man wird an der Hand einer freilich nur gleichsam tropfenweise sich ergießenden Einwande¬ rung von Deutschen und vielleicht auch südafrikanischen Buren ein zwar zer¬ streutes und kleines, aber auf diesem Boden für uns, die junge Kolonialmacht, doppelt ehrenvolles Gedeihen sich entfalten sehen. Altes und neues von Theodor Fontäne eher die Unberechenbarkeit und das undurchdringliche Geheimnis des litterarischen Erfolgs ist schon viel geredet worden, aber fertig würde man damit doch nicht werden. Täglich bringt uns das litterarische Leben neue Thatsachen, die wir nicht begreifen können, und die wir zu begreifen aufgeben müssen. Manche Litterarhistoriker freilich, die ein oder zwei Menschenalter hinterher die Ereign nisse in der Bücherwelt betrachten, hören das Gras wachsen und beweisen uns aus diesen und jenen Gründen, warum zu dieser und jener Zeit ein Buch nicht Erfolg haben „konnte", warum es auf seine Anerkennung warten mußte, bis ihm die Welt nachreifte. Hinterher ist leicht reden. Wer aber in der Zeit steht, wie der Schaffende, der Verleger und auch der so gern gering¬ geschätzte Rezensent, dem bietet das Dasein manches unverständliche, der muß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/183>, abgerufen am 06.05.2024.