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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schon unterwegs erhielt ich die Erklärung der überraschenden Erscheinung:
Hinterwinkel bekam feindliche Einquartierung; die Quartiermacher befanden
sich schon seit der Morgenfrühe im Dorf.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Afrikanische Gefechte.

Ehe or. Karl Peters die Kilimandscharostativn
verließ, um einen Urlaub anzutreten, schrieb er ein kleines Schriftchen über "Gefechts¬
weise und Exveditionsführuug in Afrika" (Berlin, Walther und Apvlnnt, 1892).
Kurz darauf'fiel sein Stellvertreter von Bülow, einer unsrer erfahrensten Ost-
nfrikcmer, in einem der Gefechte, von deren Führung Dr. Peters so weise spricht
Schade, daß er ihm nicht selbst mit seinem Rat zur Seite stehen konnte! Das
Schriftchen enthält auf vierzehn Seiten die Essenz der Erfahrungen seines Verfassers
ans der Emin-Pascha-Expedition in echt Petersschen scharf geschliffnen Sätzen, deren
wesentlicher Inhalt etwa in die Worte gefaßt werden kann! Die militärischen
Aufgaben der Europäer in Afrika liegen nicht in grundsätzlicher Unterjochung der
Eingebornen, sondern in der Lösung bestimmter Aufgaben: Deckung eiuer Straße,
Pflmzuug u. tgi. Die Afrikaner haben wenig physischen und keinen moralischen
Mut. sie' suchen einzuschüchtern, um ihre Furcht zu verdecken, ihre starken Seiten
sind Tücke und List, und das ostafrikanische Gelände kommt den Ueberfällen ent¬
gegen. Milde der Kriegführung und Milde unes dem Siege find dem grausamen
und sklaveuhaften Neger unverständlich. Waffe, Gewohnheit und Gelände bedingen
den Nahkampf, in dem sich der Europäer jedesmal die Initiative sichern muß.
Der sorgsamste Vorpostendienst ist erste, rücksichtlvses Vorgehen die nächste Pflicht.
Entscheidende Feldschlachten sind bei dem "flüchtigen" Charakter des Afrikaners
unmöglich, die Militärstation sichert das Eroberte. Als Soldatenmaterial findet
der Doktor Zulus und Sudanesen gut, Suaheli verwerflich, möchte aber für
gesunde Biuneustativuen, wie Kilimnndschnro, eine deutsche Freiwilligentrnppe und
für größere Unternehmungen eine irreguläre aus Somali, Galla, Mahai gebildet
sehen, die mit Afrikanern afrikanisch zu fechten versteht.


Prophet oder Kapuziner?

"Was nützt es, allen Staub und Schutt der
Geschichte zu sichten und zu sieben, wenn das intuitive Verständnis für das Wehen
des göttlichen Geistes fehlt, der durch die Thaten der Menschen seine leuchtenden
Schicksalsfaden zieht und über das Woher und Wohin der Bewegung deutlich
genug Zeichen und Winke giebt?" "Aus einer sorgfältigen Vergleichung der Teile
gilt es eine durchgehende Tendenz in dem ganzen geschichtlichen Verlauf" zu er¬
kennen, ,,ein providentielles Gesetz," "einen Plan Gottes." Dreimal hat Gott
Preußen aus großer Gefahr errettet: 1762, 1312, 1370. "Auf diese göttliche
Guadenerweisnng hat unser Volk allemal geantwortet mit einer auffallenden Gott-
entfremdung." "Und wenn der Abfall vom Christentum eintritt, so taucht als
sein jdes Abfalls?j Schatten auch die Gestalt des Juden ans, mit der Miene
geistiger Überlegenheit (Mendelssohn, Heine, die Judokratie)."


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schon unterwegs erhielt ich die Erklärung der überraschenden Erscheinung:
Hinterwinkel bekam feindliche Einquartierung; die Quartiermacher befanden
sich schon seit der Morgenfrühe im Dorf.

(Fortsetzung folgt)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Afrikanische Gefechte.

Ehe or. Karl Peters die Kilimandscharostativn
verließ, um einen Urlaub anzutreten, schrieb er ein kleines Schriftchen über „Gefechts¬
weise und Exveditionsführuug in Afrika" (Berlin, Walther und Apvlnnt, 1892).
Kurz darauf'fiel sein Stellvertreter von Bülow, einer unsrer erfahrensten Ost-
nfrikcmer, in einem der Gefechte, von deren Führung Dr. Peters so weise spricht
Schade, daß er ihm nicht selbst mit seinem Rat zur Seite stehen konnte! Das
Schriftchen enthält auf vierzehn Seiten die Essenz der Erfahrungen seines Verfassers
ans der Emin-Pascha-Expedition in echt Petersschen scharf geschliffnen Sätzen, deren
wesentlicher Inhalt etwa in die Worte gefaßt werden kann! Die militärischen
Aufgaben der Europäer in Afrika liegen nicht in grundsätzlicher Unterjochung der
Eingebornen, sondern in der Lösung bestimmter Aufgaben: Deckung eiuer Straße,
Pflmzuug u. tgi. Die Afrikaner haben wenig physischen und keinen moralischen
Mut. sie' suchen einzuschüchtern, um ihre Furcht zu verdecken, ihre starken Seiten
sind Tücke und List, und das ostafrikanische Gelände kommt den Ueberfällen ent¬
gegen. Milde der Kriegführung und Milde unes dem Siege find dem grausamen
und sklaveuhaften Neger unverständlich. Waffe, Gewohnheit und Gelände bedingen
den Nahkampf, in dem sich der Europäer jedesmal die Initiative sichern muß.
Der sorgsamste Vorpostendienst ist erste, rücksichtlvses Vorgehen die nächste Pflicht.
Entscheidende Feldschlachten sind bei dem „flüchtigen" Charakter des Afrikaners
unmöglich, die Militärstation sichert das Eroberte. Als Soldatenmaterial findet
der Doktor Zulus und Sudanesen gut, Suaheli verwerflich, möchte aber für
gesunde Biuneustativuen, wie Kilimnndschnro, eine deutsche Freiwilligentrnppe und
für größere Unternehmungen eine irreguläre aus Somali, Galla, Mahai gebildet
sehen, die mit Afrikanern afrikanisch zu fechten versteht.


Prophet oder Kapuziner?

„Was nützt es, allen Staub und Schutt der
Geschichte zu sichten und zu sieben, wenn das intuitive Verständnis für das Wehen
des göttlichen Geistes fehlt, der durch die Thaten der Menschen seine leuchtenden
Schicksalsfaden zieht und über das Woher und Wohin der Bewegung deutlich
genug Zeichen und Winke giebt?" „Aus einer sorgfältigen Vergleichung der Teile
gilt es eine durchgehende Tendenz in dem ganzen geschichtlichen Verlauf" zu er¬
kennen, ,,ein providentielles Gesetz," „einen Plan Gottes." Dreimal hat Gott
Preußen aus großer Gefahr errettet: 1762, 1312, 1370. „Auf diese göttliche
Guadenerweisnng hat unser Volk allemal geantwortet mit einer auffallenden Gott-
entfremdung." „Und wenn der Abfall vom Christentum eintritt, so taucht als
sein jdes Abfalls?j Schatten auch die Gestalt des Juden ans, mit der Miene
geistiger Überlegenheit (Mendelssohn, Heine, die Judokratie)."


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[0381] Maßgebliches und Unmaßgebliches Schon unterwegs erhielt ich die Erklärung der überraschenden Erscheinung: Hinterwinkel bekam feindliche Einquartierung; die Quartiermacher befanden sich schon seit der Morgenfrühe im Dorf. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Afrikanische Gefechte. Ehe or. Karl Peters die Kilimandscharostativn verließ, um einen Urlaub anzutreten, schrieb er ein kleines Schriftchen über „Gefechts¬ weise und Exveditionsführuug in Afrika" (Berlin, Walther und Apvlnnt, 1892). Kurz darauf'fiel sein Stellvertreter von Bülow, einer unsrer erfahrensten Ost- nfrikcmer, in einem der Gefechte, von deren Führung Dr. Peters so weise spricht Schade, daß er ihm nicht selbst mit seinem Rat zur Seite stehen konnte! Das Schriftchen enthält auf vierzehn Seiten die Essenz der Erfahrungen seines Verfassers ans der Emin-Pascha-Expedition in echt Petersschen scharf geschliffnen Sätzen, deren wesentlicher Inhalt etwa in die Worte gefaßt werden kann! Die militärischen Aufgaben der Europäer in Afrika liegen nicht in grundsätzlicher Unterjochung der Eingebornen, sondern in der Lösung bestimmter Aufgaben: Deckung eiuer Straße, Pflmzuug u. tgi. Die Afrikaner haben wenig physischen und keinen moralischen Mut. sie' suchen einzuschüchtern, um ihre Furcht zu verdecken, ihre starken Seiten sind Tücke und List, und das ostafrikanische Gelände kommt den Ueberfällen ent¬ gegen. Milde der Kriegführung und Milde unes dem Siege find dem grausamen und sklaveuhaften Neger unverständlich. Waffe, Gewohnheit und Gelände bedingen den Nahkampf, in dem sich der Europäer jedesmal die Initiative sichern muß. Der sorgsamste Vorpostendienst ist erste, rücksichtlvses Vorgehen die nächste Pflicht. Entscheidende Feldschlachten sind bei dem „flüchtigen" Charakter des Afrikaners unmöglich, die Militärstation sichert das Eroberte. Als Soldatenmaterial findet der Doktor Zulus und Sudanesen gut, Suaheli verwerflich, möchte aber für gesunde Biuneustativuen, wie Kilimnndschnro, eine deutsche Freiwilligentrnppe und für größere Unternehmungen eine irreguläre aus Somali, Galla, Mahai gebildet sehen, die mit Afrikanern afrikanisch zu fechten versteht. Prophet oder Kapuziner? „Was nützt es, allen Staub und Schutt der Geschichte zu sichten und zu sieben, wenn das intuitive Verständnis für das Wehen des göttlichen Geistes fehlt, der durch die Thaten der Menschen seine leuchtenden Schicksalsfaden zieht und über das Woher und Wohin der Bewegung deutlich genug Zeichen und Winke giebt?" „Aus einer sorgfältigen Vergleichung der Teile gilt es eine durchgehende Tendenz in dem ganzen geschichtlichen Verlauf" zu er¬ kennen, ,,ein providentielles Gesetz," „einen Plan Gottes." Dreimal hat Gott Preußen aus großer Gefahr errettet: 1762, 1312, 1370. „Auf diese göttliche Guadenerweisnng hat unser Volk allemal geantwortet mit einer auffallenden Gott- entfremdung." „Und wenn der Abfall vom Christentum eintritt, so taucht als sein jdes Abfalls?j Schatten auch die Gestalt des Juden ans, mit der Miene geistiger Überlegenheit (Mendelssohn, Heine, die Judokratie)."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/381>, abgerufen am 02.05.2024.