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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Weder Uommunismns noch Kapitalismus

selbst als Eigenhändler auftritt oder, um dies zu verdecken, sich auf dem
Schlußschein "Aufgabe" vorbehält, so ist dies nicht nur einem großen Mangel
an Moral und Rechtsgefühl, sondern noch weit mehr einer wirtschaftlichen
Notwendigkeit zuzuschreiben, die den vereideten Makler zwingt, um nicht der
Konkurrenz seines unvereideten Kollegen zu unterliegen, sich dieselben Befug¬
nisse anzueignen, wie sie diesem zustehu. Darum stehen die Behörden diesem
Treiben machtlos gegenüber, und darum kann es auch heute keinem Einsich¬
tigen mehr zweifelhaft sein, daß die Aufhebung des vereideten Matlertums
das einzige Mittel ist, dem verderblichen Einfluß eines bewußt ungesetzlichen
und trotzdem straflosem Thuns ein Ende zu macheu, um dieser Klasse von
Vermittlern eine Vertrauensstellung und Machtbefugnis zu uehiueu, die durch
nichts mehr gerechtfertigt erscheint.

Der Eigenhandel steht in Deutschland in notwendiger Wechselbeziehung
zu dem Vermittlungsgeschäft: mit dieser Thatsache -- mag sie zu bedauern
sein oder nicht ^ müssen wir uus begnügen.

Zum Schluß entsteht noch die nicht unwichtige Frage: Empfiehlt es sich,
die etwaigen Neuerungen des BankdepotwesenS in einem besondern Gesetz aus-
zusprechen, oder sie bei der bevorstehenden Revision des Handelsgesetzbuchs
zum Ausdruck zu bringen? Die Entscheidung hängt ganz von dem jetzigen
Stande der Nevisionsarbeiten ab, über den nur eingeweihte Kreise ein Urteil
haben. Sollten die Nevisionsarbeiten in einem so lässigen Tempo weiter ge¬
führt werden, wie es bisher, alle" wohlwollenden Anregungen zum Trotz, in
unbegreiflicher Weise geschehen ist, oder sollte gar an dem ursprünglichen Plane
festgehalten werden, erst nach Vollendung des Entwurfs eines bürgerlichen
Gesetzbuchs mit der Revision des Handelsgesetzbuchs aus Licht zu treten, so
bliebe mit Rücksicht auf das dringende Ncformbedürfnis nur die Trennung
der Depotfrage von der allgemeinen Revision übrig und der Erlaß eines be¬
sondern Reichsgesetzes für das Vankdepotwesen. Willkommen heißen würde
man es gewiß.




Weder Kommunismus noch Kapitalismus
2

nahten Wolf im ersten Abschnitt festgestellt zu haben glaubt,
"wie im Lauf der Menschheitsentwicklnng ein soziales Grund¬
recht nach dem andern aufgetaucht ist, und wie in diesen Hu-
manitätsrechten die Geschichte der sozialen Moral als exoterischer
Moral sich wiederspiegelt," soll der zweite "der Frage nach dem
eigentlichen Inhalt dieser Rechte und insbesondre der beiden ökonomischen von


Weder Uommunismns noch Kapitalismus

selbst als Eigenhändler auftritt oder, um dies zu verdecken, sich auf dem
Schlußschein „Aufgabe" vorbehält, so ist dies nicht nur einem großen Mangel
an Moral und Rechtsgefühl, sondern noch weit mehr einer wirtschaftlichen
Notwendigkeit zuzuschreiben, die den vereideten Makler zwingt, um nicht der
Konkurrenz seines unvereideten Kollegen zu unterliegen, sich dieselben Befug¬
nisse anzueignen, wie sie diesem zustehu. Darum stehen die Behörden diesem
Treiben machtlos gegenüber, und darum kann es auch heute keinem Einsich¬
tigen mehr zweifelhaft sein, daß die Aufhebung des vereideten Matlertums
das einzige Mittel ist, dem verderblichen Einfluß eines bewußt ungesetzlichen
und trotzdem straflosem Thuns ein Ende zu macheu, um dieser Klasse von
Vermittlern eine Vertrauensstellung und Machtbefugnis zu uehiueu, die durch
nichts mehr gerechtfertigt erscheint.

Der Eigenhandel steht in Deutschland in notwendiger Wechselbeziehung
zu dem Vermittlungsgeschäft: mit dieser Thatsache — mag sie zu bedauern
sein oder nicht ^ müssen wir uus begnügen.

Zum Schluß entsteht noch die nicht unwichtige Frage: Empfiehlt es sich,
die etwaigen Neuerungen des BankdepotwesenS in einem besondern Gesetz aus-
zusprechen, oder sie bei der bevorstehenden Revision des Handelsgesetzbuchs
zum Ausdruck zu bringen? Die Entscheidung hängt ganz von dem jetzigen
Stande der Nevisionsarbeiten ab, über den nur eingeweihte Kreise ein Urteil
haben. Sollten die Nevisionsarbeiten in einem so lässigen Tempo weiter ge¬
führt werden, wie es bisher, alle» wohlwollenden Anregungen zum Trotz, in
unbegreiflicher Weise geschehen ist, oder sollte gar an dem ursprünglichen Plane
festgehalten werden, erst nach Vollendung des Entwurfs eines bürgerlichen
Gesetzbuchs mit der Revision des Handelsgesetzbuchs aus Licht zu treten, so
bliebe mit Rücksicht auf das dringende Ncformbedürfnis nur die Trennung
der Depotfrage von der allgemeinen Revision übrig und der Erlaß eines be¬
sondern Reichsgesetzes für das Vankdepotwesen. Willkommen heißen würde
man es gewiß.




Weder Kommunismus noch Kapitalismus
2

nahten Wolf im ersten Abschnitt festgestellt zu haben glaubt,
„wie im Lauf der Menschheitsentwicklnng ein soziales Grund¬
recht nach dem andern aufgetaucht ist, und wie in diesen Hu-
manitätsrechten die Geschichte der sozialen Moral als exoterischer
Moral sich wiederspiegelt," soll der zweite „der Frage nach dem
eigentlichen Inhalt dieser Rechte und insbesondre der beiden ökonomischen von


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[0309] Weder Uommunismns noch Kapitalismus selbst als Eigenhändler auftritt oder, um dies zu verdecken, sich auf dem Schlußschein „Aufgabe" vorbehält, so ist dies nicht nur einem großen Mangel an Moral und Rechtsgefühl, sondern noch weit mehr einer wirtschaftlichen Notwendigkeit zuzuschreiben, die den vereideten Makler zwingt, um nicht der Konkurrenz seines unvereideten Kollegen zu unterliegen, sich dieselben Befug¬ nisse anzueignen, wie sie diesem zustehu. Darum stehen die Behörden diesem Treiben machtlos gegenüber, und darum kann es auch heute keinem Einsich¬ tigen mehr zweifelhaft sein, daß die Aufhebung des vereideten Matlertums das einzige Mittel ist, dem verderblichen Einfluß eines bewußt ungesetzlichen und trotzdem straflosem Thuns ein Ende zu macheu, um dieser Klasse von Vermittlern eine Vertrauensstellung und Machtbefugnis zu uehiueu, die durch nichts mehr gerechtfertigt erscheint. Der Eigenhandel steht in Deutschland in notwendiger Wechselbeziehung zu dem Vermittlungsgeschäft: mit dieser Thatsache — mag sie zu bedauern sein oder nicht ^ müssen wir uus begnügen. Zum Schluß entsteht noch die nicht unwichtige Frage: Empfiehlt es sich, die etwaigen Neuerungen des BankdepotwesenS in einem besondern Gesetz aus- zusprechen, oder sie bei der bevorstehenden Revision des Handelsgesetzbuchs zum Ausdruck zu bringen? Die Entscheidung hängt ganz von dem jetzigen Stande der Nevisionsarbeiten ab, über den nur eingeweihte Kreise ein Urteil haben. Sollten die Nevisionsarbeiten in einem so lässigen Tempo weiter ge¬ führt werden, wie es bisher, alle» wohlwollenden Anregungen zum Trotz, in unbegreiflicher Weise geschehen ist, oder sollte gar an dem ursprünglichen Plane festgehalten werden, erst nach Vollendung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Revision des Handelsgesetzbuchs aus Licht zu treten, so bliebe mit Rücksicht auf das dringende Ncformbedürfnis nur die Trennung der Depotfrage von der allgemeinen Revision übrig und der Erlaß eines be¬ sondern Reichsgesetzes für das Vankdepotwesen. Willkommen heißen würde man es gewiß. Weder Kommunismus noch Kapitalismus 2 nahten Wolf im ersten Abschnitt festgestellt zu haben glaubt, „wie im Lauf der Menschheitsentwicklnng ein soziales Grund¬ recht nach dem andern aufgetaucht ist, und wie in diesen Hu- manitätsrechten die Geschichte der sozialen Moral als exoterischer Moral sich wiederspiegelt," soll der zweite „der Frage nach dem eigentlichen Inhalt dieser Rechte und insbesondre der beiden ökonomischen von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/309>, abgerufen am 27.04.2024.