Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

eignen Interessen ziehen. Nicht jeder Angriff von hier ans ans die Magyaren nützt
den Sachsen. Wir können unsern Alliirten an der Donan ganz offen sagen, daß
wir empfindlich sind gegen Schläge, die sie gegen unsre Landsleute an der
Alt oder Kokel führen, wir können uns aber nicht mit jeder Forderung ver¬
schmelzen, die diese erheben. Das verlangen auch die unter ihnen nicht, die
die Politik praktisch kennen. Ganz richtig sagte schon vor Jahren einer von
diesen, als wir über die Unwissenheit sprachen, die aus einigen Artikeln einer
deutschen Zeitschrift über Siebenbürgen, hervorging, die freundliche Oberfläch¬
lichkeit deutscher Äußerungen über die siebenbürger Sachsen sei für diese fast
empfindlicher als magyarische Feindseligkeit. Hier ist viel zu bessern. Das
Franksche Buch erinnert daran, daß unsre Litteratur uur Gelegenheitsschriften
über das interessante Land und Volk besitzt, und daß besonders die Belehrung
über die wirtschaftlichen Verhältnisse aus keiner zusammenhängenden Darstel¬
lung gewonnen werde" kann. Wer uns eine solche böte, verrichtete ein ver¬
dienstvolles Werk. Das letzte große Buch über Siebenbürgen, das sehr viel
Gutes enthielt, hatte den germanisirten Engländer Charles Boner zum Verfasser
und erschien I8t>5 in London.




Aufklärungen über studentische Dinge

MNtt wollen wir einmal kühl überlegen: was wird und muß aus
dem ganzen Verbindnngswesen werden? So wie die Sache jetzt
I liegt, werden alle Verbindungsarten fortfahren und wegen ihres
I Wettrennens auf der einmal eingeschlagnen Bahn fortfahren
nnnsfen, immer Höhere Anforderungen an den Geldbeutel, die
Studienzeit und die Hingebung ihrer Mitglieder zu stellen, diese immer
mehr den eigentlichen Zwecken des Aufenthalts auf der Hochschule zu ent¬
zieh" und sie ans wirkliche" Studenten immer mehr zu Lebemännern und
beschäftigungslose" Junggesellen zu mache". Ich sage: alle Verbindungsarten,
auch die, die diesen geneigten Pfad soeben erst beschritten haben, und denen
das Ende dieses Pfades uoch in uebliger Ferne liegt. Solche Dinge lerne"
sich schnell und ziehen, wie alle Thorheit und Mode, rasch und leicht weitere
Kreise; habe" doch selbst Vereine schon begönne", z. B. die zuerst von de"
alten Korpsiers eingeführte", dann auch bald auf andre Verbiuduiige" über-
gega"g"c" völlig uustudentischen Altcnherrendiiiers "achzuahmen, wobei die


Grenzboten IV 1892 58

eignen Interessen ziehen. Nicht jeder Angriff von hier ans ans die Magyaren nützt
den Sachsen. Wir können unsern Alliirten an der Donan ganz offen sagen, daß
wir empfindlich sind gegen Schläge, die sie gegen unsre Landsleute an der
Alt oder Kokel führen, wir können uns aber nicht mit jeder Forderung ver¬
schmelzen, die diese erheben. Das verlangen auch die unter ihnen nicht, die
die Politik praktisch kennen. Ganz richtig sagte schon vor Jahren einer von
diesen, als wir über die Unwissenheit sprachen, die aus einigen Artikeln einer
deutschen Zeitschrift über Siebenbürgen, hervorging, die freundliche Oberfläch¬
lichkeit deutscher Äußerungen über die siebenbürger Sachsen sei für diese fast
empfindlicher als magyarische Feindseligkeit. Hier ist viel zu bessern. Das
Franksche Buch erinnert daran, daß unsre Litteratur uur Gelegenheitsschriften
über das interessante Land und Volk besitzt, und daß besonders die Belehrung
über die wirtschaftlichen Verhältnisse aus keiner zusammenhängenden Darstel¬
lung gewonnen werde» kann. Wer uns eine solche böte, verrichtete ein ver¬
dienstvolles Werk. Das letzte große Buch über Siebenbürgen, das sehr viel
Gutes enthielt, hatte den germanisirten Engländer Charles Boner zum Verfasser
und erschien I8t>5 in London.




Aufklärungen über studentische Dinge

MNtt wollen wir einmal kühl überlegen: was wird und muß aus
dem ganzen Verbindnngswesen werden? So wie die Sache jetzt
I liegt, werden alle Verbindungsarten fortfahren und wegen ihres
I Wettrennens auf der einmal eingeschlagnen Bahn fortfahren
nnnsfen, immer Höhere Anforderungen an den Geldbeutel, die
Studienzeit und die Hingebung ihrer Mitglieder zu stellen, diese immer
mehr den eigentlichen Zwecken des Aufenthalts auf der Hochschule zu ent¬
zieh» und sie ans wirkliche» Studenten immer mehr zu Lebemännern und
beschäftigungslose» Junggesellen zu mache». Ich sage: alle Verbindungsarten,
auch die, die diesen geneigten Pfad soeben erst beschritten haben, und denen
das Ende dieses Pfades uoch in uebliger Ferne liegt. Solche Dinge lerne»
sich schnell und ziehen, wie alle Thorheit und Mode, rasch und leicht weitere
Kreise; habe» doch selbst Vereine schon begönne», z. B. die zuerst von de»
alten Korpsiers eingeführte», dann auch bald auf andre Verbiuduiige» über-
gega»g»c» völlig uustudentischen Altcnherrendiiiers »achzuahmen, wobei die


Grenzboten IV 1892 58
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0465" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213579"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1391" prev="#ID_1390"> eignen Interessen ziehen. Nicht jeder Angriff von hier ans ans die Magyaren nützt<lb/>
den Sachsen. Wir können unsern Alliirten an der Donan ganz offen sagen, daß<lb/>
wir empfindlich sind gegen Schläge, die sie gegen unsre Landsleute an der<lb/>
Alt oder Kokel führen, wir können uns aber nicht mit jeder Forderung ver¬<lb/>
schmelzen, die diese erheben. Das verlangen auch die unter ihnen nicht, die<lb/>
die Politik praktisch kennen. Ganz richtig sagte schon vor Jahren einer von<lb/>
diesen, als wir über die Unwissenheit sprachen, die aus einigen Artikeln einer<lb/>
deutschen Zeitschrift über Siebenbürgen, hervorging, die freundliche Oberfläch¬<lb/>
lichkeit deutscher Äußerungen über die siebenbürger Sachsen sei für diese fast<lb/>
empfindlicher als magyarische Feindseligkeit. Hier ist viel zu bessern. Das<lb/>
Franksche Buch erinnert daran, daß unsre Litteratur uur Gelegenheitsschriften<lb/>
über das interessante Land und Volk besitzt, und daß besonders die Belehrung<lb/>
über die wirtschaftlichen Verhältnisse aus keiner zusammenhängenden Darstel¬<lb/>
lung gewonnen werde» kann. Wer uns eine solche böte, verrichtete ein ver¬<lb/>
dienstvolles Werk. Das letzte große Buch über Siebenbürgen, das sehr viel<lb/>
Gutes enthielt, hatte den germanisirten Engländer Charles Boner zum Verfasser<lb/>
und erschien I8t&gt;5 in London.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aufklärungen über studentische Dinge</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1392" next="#ID_1393"> MNtt wollen wir einmal kühl überlegen: was wird und muß aus<lb/>
dem ganzen Verbindnngswesen werden? So wie die Sache jetzt<lb/>
I liegt, werden alle Verbindungsarten fortfahren und wegen ihres<lb/>
I Wettrennens auf der einmal eingeschlagnen Bahn fortfahren<lb/>
nnnsfen, immer Höhere Anforderungen an den Geldbeutel, die<lb/>
Studienzeit und die Hingebung ihrer Mitglieder zu stellen, diese immer<lb/>
mehr den eigentlichen Zwecken des Aufenthalts auf der Hochschule zu ent¬<lb/>
zieh» und sie ans wirkliche» Studenten immer mehr zu Lebemännern und<lb/>
beschäftigungslose» Junggesellen zu mache». Ich sage: alle Verbindungsarten,<lb/>
auch die, die diesen geneigten Pfad soeben erst beschritten haben, und denen<lb/>
das Ende dieses Pfades uoch in uebliger Ferne liegt. Solche Dinge lerne»<lb/>
sich schnell und ziehen, wie alle Thorheit und Mode, rasch und leicht weitere<lb/>
Kreise; habe» doch selbst Vereine schon begönne», z. B. die zuerst von de»<lb/>
alten Korpsiers eingeführte», dann auch bald auf andre Verbiuduiige» über-<lb/>
gega»g»c» völlig uustudentischen Altcnherrendiiiers »achzuahmen, wobei die</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1892 58</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0465] eignen Interessen ziehen. Nicht jeder Angriff von hier ans ans die Magyaren nützt den Sachsen. Wir können unsern Alliirten an der Donan ganz offen sagen, daß wir empfindlich sind gegen Schläge, die sie gegen unsre Landsleute an der Alt oder Kokel führen, wir können uns aber nicht mit jeder Forderung ver¬ schmelzen, die diese erheben. Das verlangen auch die unter ihnen nicht, die die Politik praktisch kennen. Ganz richtig sagte schon vor Jahren einer von diesen, als wir über die Unwissenheit sprachen, die aus einigen Artikeln einer deutschen Zeitschrift über Siebenbürgen, hervorging, die freundliche Oberfläch¬ lichkeit deutscher Äußerungen über die siebenbürger Sachsen sei für diese fast empfindlicher als magyarische Feindseligkeit. Hier ist viel zu bessern. Das Franksche Buch erinnert daran, daß unsre Litteratur uur Gelegenheitsschriften über das interessante Land und Volk besitzt, und daß besonders die Belehrung über die wirtschaftlichen Verhältnisse aus keiner zusammenhängenden Darstel¬ lung gewonnen werde» kann. Wer uns eine solche böte, verrichtete ein ver¬ dienstvolles Werk. Das letzte große Buch über Siebenbürgen, das sehr viel Gutes enthielt, hatte den germanisirten Engländer Charles Boner zum Verfasser und erschien I8t>5 in London. Aufklärungen über studentische Dinge MNtt wollen wir einmal kühl überlegen: was wird und muß aus dem ganzen Verbindnngswesen werden? So wie die Sache jetzt I liegt, werden alle Verbindungsarten fortfahren und wegen ihres I Wettrennens auf der einmal eingeschlagnen Bahn fortfahren nnnsfen, immer Höhere Anforderungen an den Geldbeutel, die Studienzeit und die Hingebung ihrer Mitglieder zu stellen, diese immer mehr den eigentlichen Zwecken des Aufenthalts auf der Hochschule zu ent¬ zieh» und sie ans wirkliche» Studenten immer mehr zu Lebemännern und beschäftigungslose» Junggesellen zu mache». Ich sage: alle Verbindungsarten, auch die, die diesen geneigten Pfad soeben erst beschritten haben, und denen das Ende dieses Pfades uoch in uebliger Ferne liegt. Solche Dinge lerne» sich schnell und ziehen, wie alle Thorheit und Mode, rasch und leicht weitere Kreise; habe» doch selbst Vereine schon begönne», z. B. die zuerst von de» alten Korpsiers eingeführte», dann auch bald auf andre Verbiuduiige» über- gega»g»c» völlig uustudentischen Altcnherrendiiiers »achzuahmen, wobei die Grenzboten IV 1892 58

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/465
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/465>, abgerufen am 27.04.2024.