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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Aus geschlossener Gesellschaft

Gefallenen zu erheben und die niedergebeugten aufzurichten?" Wohl spricht
auch aus diesen Zeilen die Hoffnung auf "Revanche," die die Franzosen immer
uoch hegen, aber sie ist nie edler, nie vornehmer ausgedruckt worden. "Eine
höchst erfreuliche Erscheinung" würde Goethe dieses Büchlein genannt haben.


Lügen Guglici


Aus geschlossener Gesellschaft

Uxxorto ol'vaien

er Verein "Berliner Presse" hat sich in seiner jüngsten General¬
versammlung mit eiuer wichtigen Frage beschäftigt. Ich will
damit uicht sagen, daß der Verein sonst nnr unwichtige Fragen
erörtere. Bewahre! Die ehrengerichtliche Überwachung seiner Mit¬
glieder und die Veranstaltung jener Festlichkeiten, die ihm einen
Ruf weit über die Grenzen seines eigentlichen Wirkungskreises hinaus erworben
haben, rechne ich unbedingt zu den wichtiger" Aufgaben einer schriftstelle¬
rischen Interessenvertretung. Doch sind diese Bestrebungen immer nur einem
engern Kreise von Genossen zu gute gekommen; man darf es also sehr wohl
als ein wichtiges Unternehmen bezeichnen, wenn der Verein seinen weitgehenden
Einfluß zu Nutz und Frommen einer Menschenklasse verwendet, deren sich
bisher eigentlich nur die Staatsanwaltschaften angenommen haben. Zehn Mit¬
glieder des Vereins hatten der Generalversammlung am Ili. November fol¬
genden Antrag unterbreitet: Der Verein wolle beschließen: 1. dahin zu wirken,
daß beim Vollzuge (lies: bei der Vollziehung) von Gefängnisstrafen für poli¬
tische Preßvergehen die Isolirung der Strafgefangnen von Strafgefangnen
andrer Art und die Erlaubnis zur Selbstbeköstigung grundsätzlich eingeführt
werde; 2. zu diesem Behufes!) eine mit Begründung verfehlte Eingabe an die
Justizminister sämtlicher Bundesstaaten des deutschen Reichs und an die ge¬
setzgebenden Körperschaften einzureichen, diese Eingabe auch dem nächsten deutschen
Juristentage als Material behufs (!) Erörterung zu übersenden; aus der
Mitte des Vereins eine Kommission zu wühlen, welche beauftragt wird, den
Entwurf zu dieser Eingabe auszuarbeiten und dem Verein zur Beschlußfassung
zu unterbreiten.

Daraufhin ist denn auch eine Kommission von fünf Mitgliedern gewühlt
worden, die diese Vorschläge einer genauern Prüfung unterziehen wird. Die
Namen der fünf Mitglieder siud mir leider nicht bekannt geworden; es ist
daher auch nicht festzustellen, ob diese Herren Kollegen mit der nötigen Vor-


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Gefallenen zu erheben und die niedergebeugten aufzurichten?" Wohl spricht
auch aus diesen Zeilen die Hoffnung auf „Revanche," die die Franzosen immer
uoch hegen, aber sie ist nie edler, nie vornehmer ausgedruckt worden. „Eine
höchst erfreuliche Erscheinung" würde Goethe dieses Büchlein genannt haben.


Lügen Guglici


Aus geschlossener Gesellschaft

Uxxorto ol'vaien

er Verein „Berliner Presse" hat sich in seiner jüngsten General¬
versammlung mit eiuer wichtigen Frage beschäftigt. Ich will
damit uicht sagen, daß der Verein sonst nnr unwichtige Fragen
erörtere. Bewahre! Die ehrengerichtliche Überwachung seiner Mit¬
glieder und die Veranstaltung jener Festlichkeiten, die ihm einen
Ruf weit über die Grenzen seines eigentlichen Wirkungskreises hinaus erworben
haben, rechne ich unbedingt zu den wichtiger» Aufgaben einer schriftstelle¬
rischen Interessenvertretung. Doch sind diese Bestrebungen immer nur einem
engern Kreise von Genossen zu gute gekommen; man darf es also sehr wohl
als ein wichtiges Unternehmen bezeichnen, wenn der Verein seinen weitgehenden
Einfluß zu Nutz und Frommen einer Menschenklasse verwendet, deren sich
bisher eigentlich nur die Staatsanwaltschaften angenommen haben. Zehn Mit¬
glieder des Vereins hatten der Generalversammlung am Ili. November fol¬
genden Antrag unterbreitet: Der Verein wolle beschließen: 1. dahin zu wirken,
daß beim Vollzuge (lies: bei der Vollziehung) von Gefängnisstrafen für poli¬
tische Preßvergehen die Isolirung der Strafgefangnen von Strafgefangnen
andrer Art und die Erlaubnis zur Selbstbeköstigung grundsätzlich eingeführt
werde; 2. zu diesem Behufes!) eine mit Begründung verfehlte Eingabe an die
Justizminister sämtlicher Bundesstaaten des deutschen Reichs und an die ge¬
setzgebenden Körperschaften einzureichen, diese Eingabe auch dem nächsten deutschen
Juristentage als Material behufs (!) Erörterung zu übersenden; aus der
Mitte des Vereins eine Kommission zu wühlen, welche beauftragt wird, den
Entwurf zu dieser Eingabe auszuarbeiten und dem Verein zur Beschlußfassung
zu unterbreiten.

Daraufhin ist denn auch eine Kommission von fünf Mitgliedern gewühlt
worden, die diese Vorschläge einer genauern Prüfung unterziehen wird. Die
Namen der fünf Mitglieder siud mir leider nicht bekannt geworden; es ist
daher auch nicht festzustellen, ob diese Herren Kollegen mit der nötigen Vor-


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[0540] Aus geschlossener Gesellschaft Gefallenen zu erheben und die niedergebeugten aufzurichten?" Wohl spricht auch aus diesen Zeilen die Hoffnung auf „Revanche," die die Franzosen immer uoch hegen, aber sie ist nie edler, nie vornehmer ausgedruckt worden. „Eine höchst erfreuliche Erscheinung" würde Goethe dieses Büchlein genannt haben. Lügen Guglici Aus geschlossener Gesellschaft Uxxorto ol'vaien er Verein „Berliner Presse" hat sich in seiner jüngsten General¬ versammlung mit eiuer wichtigen Frage beschäftigt. Ich will damit uicht sagen, daß der Verein sonst nnr unwichtige Fragen erörtere. Bewahre! Die ehrengerichtliche Überwachung seiner Mit¬ glieder und die Veranstaltung jener Festlichkeiten, die ihm einen Ruf weit über die Grenzen seines eigentlichen Wirkungskreises hinaus erworben haben, rechne ich unbedingt zu den wichtiger» Aufgaben einer schriftstelle¬ rischen Interessenvertretung. Doch sind diese Bestrebungen immer nur einem engern Kreise von Genossen zu gute gekommen; man darf es also sehr wohl als ein wichtiges Unternehmen bezeichnen, wenn der Verein seinen weitgehenden Einfluß zu Nutz und Frommen einer Menschenklasse verwendet, deren sich bisher eigentlich nur die Staatsanwaltschaften angenommen haben. Zehn Mit¬ glieder des Vereins hatten der Generalversammlung am Ili. November fol¬ genden Antrag unterbreitet: Der Verein wolle beschließen: 1. dahin zu wirken, daß beim Vollzuge (lies: bei der Vollziehung) von Gefängnisstrafen für poli¬ tische Preßvergehen die Isolirung der Strafgefangnen von Strafgefangnen andrer Art und die Erlaubnis zur Selbstbeköstigung grundsätzlich eingeführt werde; 2. zu diesem Behufes!) eine mit Begründung verfehlte Eingabe an die Justizminister sämtlicher Bundesstaaten des deutschen Reichs und an die ge¬ setzgebenden Körperschaften einzureichen, diese Eingabe auch dem nächsten deutschen Juristentage als Material behufs (!) Erörterung zu übersenden; aus der Mitte des Vereins eine Kommission zu wühlen, welche beauftragt wird, den Entwurf zu dieser Eingabe auszuarbeiten und dem Verein zur Beschlußfassung zu unterbreiten. Daraufhin ist denn auch eine Kommission von fünf Mitgliedern gewühlt worden, die diese Vorschläge einer genauern Prüfung unterziehen wird. Die Namen der fünf Mitglieder siud mir leider nicht bekannt geworden; es ist daher auch nicht festzustellen, ob diese Herren Kollegen mit der nötigen Vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/540>, abgerufen am 27.04.2024.