Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches alles schön und vortrefflich fanden; man kennt das ja und kennt die Vorgänge. Die "Aphorismen" hinterlassen einen traurigen, schlechten Eindruck. Begas Auch in sprachlicher Hinsicht können die "Aphorismen" nur Mißfallen Man mag die Auslassungen des Herrn Begas an sich so gering schätzen, Maßgebliches und Unmaßgebliches Das Ansehen des deutschen Reichs. Der Rcichstagsabgeordnete Hasse Maßgebliches und Unmaßgebliches alles schön und vortrefflich fanden; man kennt das ja und kennt die Vorgänge. Die „Aphorismen" hinterlassen einen traurigen, schlechten Eindruck. Begas Auch in sprachlicher Hinsicht können die „Aphorismen" nur Mißfallen Man mag die Auslassungen des Herrn Begas an sich so gering schätzen, Maßgebliches und Unmaßgebliches Das Ansehen des deutschen Reichs. Der Rcichstagsabgeordnete Hasse <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/219192"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_541" prev="#ID_540"> alles schön und vortrefflich fanden; man kennt das ja und kennt die Vorgänge.<lb/> Daher der Zorn. Dieser Zorn verleitet ihn schließlich mit Bezug auf die<lb/> Kommissionen und seine eigne Person zu dem Ausspruch: „Ein Dutzend Affen¬<lb/> schädel ersetzen noch keinen Menschenschädel." Da habt ihrs! Hätte er eure<lb/> Namen genannt, ihr hättet ihn wegen gröblicher Beleidigung vor Gericht laden<lb/> können. Aber er schimpft ins Blaue hinein, wenn er auch genau weiß, wen<lb/> er treffen will. Wiederum sehr fein und ritterlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_542"> Die „Aphorismen" hinterlassen einen traurigen, schlechten Eindruck. Begas<lb/> ist gewiß ein begabter, aber ganz ebenso gewiß ein in moderner Einseitigkeit<lb/> ganz und gar befangner Künstler, daher sollte er in seinen öffentlichen<lb/> Äußerungen über Kunstdinge etwas vorsichtiger sein, als er es hier gewesen ist.<lb/> Zwar kann ihm niemand verwehren, zu reden, wie er will und mag. Aber<lb/> wenn man seine „Aphorismen" schwach, unreif, verkehrt, unzulänglich, an-<lb/> maßlich und beleidigend findet, so darf er sich darüber nicht wundern.</p><lb/> <p xml:id="ID_543"> Auch in sprachlicher Hinsicht können die „Aphorismen" nur Mißfallen<lb/> erregen. Ich will von sprachlichen Verstößen kein Aufhebens machen, aber es<lb/> fehlt darin auch nicht an Ausdrücken, die in öffentlichen Äußerungen eines<lb/> gebildeten Mannes über eine ernste Sache unschicklich erscheinen müssen. Sie<lb/> riechen zum Teil nach der Studentenkneipe.</p><lb/> <p xml:id="ID_544"> Man mag die Auslassungen des Herrn Begas an sich so gering schätzen,<lb/> wie man will, sie haben doch eine gewisse Bedeutung für die Beurteilung<lb/> eines Künstlers, dem dnrch seine wenn auch einseitige Begabung, wie durch<lb/> eine Anzahl größerer Werke, die er auszuführen das Glück gehabt hat, seine<lb/> Stelle in der Kunstgeschichte gesichert ist. Von ungleich größerer Bedeutung<lb/> aber sind die „Aphorismen" als ein Zeichen der Zeit. Möchte es beachtet<lb/> werden!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Das Ansehen des deutschen Reichs.</head> <p xml:id="ID_545" next="#ID_546"> Der Rcichstagsabgeordnete Hasse<lb/> hat in der Begründung seiner Jnterpellation (wegen des Schutzes der Deutschen<lb/> im Auslande) am 14. Januar ein großes Wort gelassen ausgesprochen: „Seit<lb/> 1890, seit dein Rücktritt des Fürsten Bismarck, ist das Ansehen des deutschen<lb/> Reichs im Auslande gesunken. Es mußte ein Ersatz geschaffen werden, der eigent¬<lb/> lich nicht notwendig war. Denn meiner Ansicht nach war die Militttrvorlage von<lb/> 1890 ein Ersatz sür das Fehlen des Fürsten Bismarck, und auch die bevorstehende<lb/> Marinevorlage hat keine andre Bedeutung." Was bedeutet dieses Wort? Es be¬<lb/> deutet, das; dem Ansehen des deutschen Reichs in den ersten beiden Jahrzehnten<lb/> seines Bestehens seine wirkliche Macht nicht entsprochen habe, daß dieses Ansehen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
alles schön und vortrefflich fanden; man kennt das ja und kennt die Vorgänge.
Daher der Zorn. Dieser Zorn verleitet ihn schließlich mit Bezug auf die
Kommissionen und seine eigne Person zu dem Ausspruch: „Ein Dutzend Affen¬
schädel ersetzen noch keinen Menschenschädel." Da habt ihrs! Hätte er eure
Namen genannt, ihr hättet ihn wegen gröblicher Beleidigung vor Gericht laden
können. Aber er schimpft ins Blaue hinein, wenn er auch genau weiß, wen
er treffen will. Wiederum sehr fein und ritterlich.
Die „Aphorismen" hinterlassen einen traurigen, schlechten Eindruck. Begas
ist gewiß ein begabter, aber ganz ebenso gewiß ein in moderner Einseitigkeit
ganz und gar befangner Künstler, daher sollte er in seinen öffentlichen
Äußerungen über Kunstdinge etwas vorsichtiger sein, als er es hier gewesen ist.
Zwar kann ihm niemand verwehren, zu reden, wie er will und mag. Aber
wenn man seine „Aphorismen" schwach, unreif, verkehrt, unzulänglich, an-
maßlich und beleidigend findet, so darf er sich darüber nicht wundern.
Auch in sprachlicher Hinsicht können die „Aphorismen" nur Mißfallen
erregen. Ich will von sprachlichen Verstößen kein Aufhebens machen, aber es
fehlt darin auch nicht an Ausdrücken, die in öffentlichen Äußerungen eines
gebildeten Mannes über eine ernste Sache unschicklich erscheinen müssen. Sie
riechen zum Teil nach der Studentenkneipe.
Man mag die Auslassungen des Herrn Begas an sich so gering schätzen,
wie man will, sie haben doch eine gewisse Bedeutung für die Beurteilung
eines Künstlers, dem dnrch seine wenn auch einseitige Begabung, wie durch
eine Anzahl größerer Werke, die er auszuführen das Glück gehabt hat, seine
Stelle in der Kunstgeschichte gesichert ist. Von ungleich größerer Bedeutung
aber sind die „Aphorismen" als ein Zeichen der Zeit. Möchte es beachtet
werden!
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Das Ansehen des deutschen Reichs. Der Rcichstagsabgeordnete Hasse
hat in der Begründung seiner Jnterpellation (wegen des Schutzes der Deutschen
im Auslande) am 14. Januar ein großes Wort gelassen ausgesprochen: „Seit
1890, seit dein Rücktritt des Fürsten Bismarck, ist das Ansehen des deutschen
Reichs im Auslande gesunken. Es mußte ein Ersatz geschaffen werden, der eigent¬
lich nicht notwendig war. Denn meiner Ansicht nach war die Militttrvorlage von
1890 ein Ersatz sür das Fehlen des Fürsten Bismarck, und auch die bevorstehende
Marinevorlage hat keine andre Bedeutung." Was bedeutet dieses Wort? Es be¬
deutet, das; dem Ansehen des deutschen Reichs in den ersten beiden Jahrzehnten
seines Bestehens seine wirkliche Macht nicht entsprochen habe, daß dieses Ansehen
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