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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Am heiligen Damm

nehmen vielleicht ans absehbare Zeiten in seinem Bestände gesichert wird. Es
wäre schade, wenn wir nach Verlauf von drei Jnhren sagen müßten: Pan,
der große Pa" ist tot!




Am heiligen Damm

s wcir ein heißer Svmmertng, und mich verlangte nach einer
Auffrischung. So setzte ich mich denn ans die Bahn und fuhr
nach dem nächsten Seebad Warnemnude. Doch da ist zur Zeit
der Hochflut keine Erholung zu finden. Am Strande sieht es
aus wie auf einem Jahrmarkt: Korb reiht sich an Korb, da¬
zwischen kribbelt und krabbelt es, und besonders die liebe Jugend macht sich
mehr breit, als ihr zukommt. Die Anlagen im Westen des großen Fleckens
verdienen alle Anerkennung; sie sollen bis zur Stoltera, dem höchsten Punkte
des steilen Lehmufers, wohl eine gute halbe Stunde weit, fortgeführt werden,
aber zur Zeit gewähren sie noch keinen oder nur geringen Schutz vor der
Hitze. Der schöne Wald im Osten von Waruemünde, jenseit der Warnow, ist
zu weit entfernt, und der mehr als halbstündige Weg längs der Dünen ist
beschwerlich. So mietete ich mir ein Boot und segelte um die Mittngsstnnde
weiter nach dem heiligen Damm.

Die Seefahrt war köstlich. Das Boot hielt sich nur wenig von der Küste
entfernt. Bald hinter der Stoltera, jetzt Wilhelmshöhe genannt, mit einem
Kaffeehause gekrönt, und dadurch nun erst für die stets durstigen Badegäste
anziehend gemacht, bald hinter diesem Lehmvvrgebirge biegt die Küste ein;
in das flacher werdende Land hat das Meer eine seichte Bucht eingeschnitten.
In einiger Entfernung wird ein schöner, dichter Wald sichtbar, und wie sich
ihm das Boot nähert, tauchen aus dem dunkeln Grün weiße Häuser auf, alle
von ähnlicher Bauart: in der prächtigen Laubumrahmung ein schönes Bild.
Das ist der heilige Damm. Brückenstege, durch zwei Querstege verbunden,
führen von dem flachen, mit runden Steinen behüten Ufer ins Meer heraus.
Hier wird angelegt und gelandet. Ich betrete den großen kiesbedeckten Platz;
da liegt gerade vor mir ein langes, niedriges Gebäude mit säulengetragner
Vorhalle, über ihr an dein flachen Giebel die Inschrift:

KÄo te 1g,eWii> invitat. xosk oalneg. Sannin.

Also das Kurhaus. Ju der Halle sitzt ein ausgewähltes Häuflein und
schlürft behaglich Kaffee bei den Klängen der Vadekapelle, die von dem Söller


Am heiligen Damm

nehmen vielleicht ans absehbare Zeiten in seinem Bestände gesichert wird. Es
wäre schade, wenn wir nach Verlauf von drei Jnhren sagen müßten: Pan,
der große Pa» ist tot!




Am heiligen Damm

s wcir ein heißer Svmmertng, und mich verlangte nach einer
Auffrischung. So setzte ich mich denn ans die Bahn und fuhr
nach dem nächsten Seebad Warnemnude. Doch da ist zur Zeit
der Hochflut keine Erholung zu finden. Am Strande sieht es
aus wie auf einem Jahrmarkt: Korb reiht sich an Korb, da¬
zwischen kribbelt und krabbelt es, und besonders die liebe Jugend macht sich
mehr breit, als ihr zukommt. Die Anlagen im Westen des großen Fleckens
verdienen alle Anerkennung; sie sollen bis zur Stoltera, dem höchsten Punkte
des steilen Lehmufers, wohl eine gute halbe Stunde weit, fortgeführt werden,
aber zur Zeit gewähren sie noch keinen oder nur geringen Schutz vor der
Hitze. Der schöne Wald im Osten von Waruemünde, jenseit der Warnow, ist
zu weit entfernt, und der mehr als halbstündige Weg längs der Dünen ist
beschwerlich. So mietete ich mir ein Boot und segelte um die Mittngsstnnde
weiter nach dem heiligen Damm.

Die Seefahrt war köstlich. Das Boot hielt sich nur wenig von der Küste
entfernt. Bald hinter der Stoltera, jetzt Wilhelmshöhe genannt, mit einem
Kaffeehause gekrönt, und dadurch nun erst für die stets durstigen Badegäste
anziehend gemacht, bald hinter diesem Lehmvvrgebirge biegt die Küste ein;
in das flacher werdende Land hat das Meer eine seichte Bucht eingeschnitten.
In einiger Entfernung wird ein schöner, dichter Wald sichtbar, und wie sich
ihm das Boot nähert, tauchen aus dem dunkeln Grün weiße Häuser auf, alle
von ähnlicher Bauart: in der prächtigen Laubumrahmung ein schönes Bild.
Das ist der heilige Damm. Brückenstege, durch zwei Querstege verbunden,
führen von dem flachen, mit runden Steinen behüten Ufer ins Meer heraus.
Hier wird angelegt und gelandet. Ich betrete den großen kiesbedeckten Platz;
da liegt gerade vor mir ein langes, niedriges Gebäude mit säulengetragner
Vorhalle, über ihr an dein flachen Giebel die Inschrift:

KÄo te 1g,eWii> invitat. xosk oalneg. Sannin.

Also das Kurhaus. Ju der Halle sitzt ein ausgewähltes Häuflein und
schlürft behaglich Kaffee bei den Klängen der Vadekapelle, die von dem Söller


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[0238] Am heiligen Damm nehmen vielleicht ans absehbare Zeiten in seinem Bestände gesichert wird. Es wäre schade, wenn wir nach Verlauf von drei Jnhren sagen müßten: Pan, der große Pa» ist tot! Am heiligen Damm s wcir ein heißer Svmmertng, und mich verlangte nach einer Auffrischung. So setzte ich mich denn ans die Bahn und fuhr nach dem nächsten Seebad Warnemnude. Doch da ist zur Zeit der Hochflut keine Erholung zu finden. Am Strande sieht es aus wie auf einem Jahrmarkt: Korb reiht sich an Korb, da¬ zwischen kribbelt und krabbelt es, und besonders die liebe Jugend macht sich mehr breit, als ihr zukommt. Die Anlagen im Westen des großen Fleckens verdienen alle Anerkennung; sie sollen bis zur Stoltera, dem höchsten Punkte des steilen Lehmufers, wohl eine gute halbe Stunde weit, fortgeführt werden, aber zur Zeit gewähren sie noch keinen oder nur geringen Schutz vor der Hitze. Der schöne Wald im Osten von Waruemünde, jenseit der Warnow, ist zu weit entfernt, und der mehr als halbstündige Weg längs der Dünen ist beschwerlich. So mietete ich mir ein Boot und segelte um die Mittngsstnnde weiter nach dem heiligen Damm. Die Seefahrt war köstlich. Das Boot hielt sich nur wenig von der Küste entfernt. Bald hinter der Stoltera, jetzt Wilhelmshöhe genannt, mit einem Kaffeehause gekrönt, und dadurch nun erst für die stets durstigen Badegäste anziehend gemacht, bald hinter diesem Lehmvvrgebirge biegt die Küste ein; in das flacher werdende Land hat das Meer eine seichte Bucht eingeschnitten. In einiger Entfernung wird ein schöner, dichter Wald sichtbar, und wie sich ihm das Boot nähert, tauchen aus dem dunkeln Grün weiße Häuser auf, alle von ähnlicher Bauart: in der prächtigen Laubumrahmung ein schönes Bild. Das ist der heilige Damm. Brückenstege, durch zwei Querstege verbunden, führen von dem flachen, mit runden Steinen behüten Ufer ins Meer heraus. Hier wird angelegt und gelandet. Ich betrete den großen kiesbedeckten Platz; da liegt gerade vor mir ein langes, niedriges Gebäude mit säulengetragner Vorhalle, über ihr an dein flachen Giebel die Inschrift: KÄo te 1g,eWii> invitat. xosk oalneg. Sannin. Also das Kurhaus. Ju der Halle sitzt ein ausgewähltes Häuflein und schlürft behaglich Kaffee bei den Klängen der Vadekapelle, die von dem Söller

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/238>, abgerufen am 27.04.2024.