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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

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Vaterlandes fühlt, das in denen, die es führen, die besten, die dem Volke
nötigen, erkennt, das in seinem Fürsten, tuo ürst, den ersten im Kampf, in
jedem nötigen Kampf, kennt und in ihm den höchsten Ausdruck seiner selbst
achtet, verehrt und liebt. Noch eine Zeit lang so weiter wie heute, und das
Volk wird in Gesetz, Kirche und Staat Feinde, im Richter, Geistlichen und
König die Bedienten derer sehen, die es seine "Aufhänger" nennt.

Was hat den Sozialismus demokratisch und gar königsfeindlich gemacht?
Die sozialistische Theorie als Wissenschaft ist vereinbar mit politischen Ver¬
fassungen der verschiedensten Art. Selbst Lassalle noch sprach allerdings vom
"dumpfen Masfenschritt der Arbeiterbataillone," aber auch von der "königlich
preußischen" Sozialdemokratie. Ich glaube, den Deutschen wird ein soziales
Königtum immer lieber sein als irgend eine Republik. Daß die heutigen
Führer antimonarchisch, republikanisch geworden sind, das ist doch kein Wunder.
Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß die Sozialisten des kommenden Jahr¬
hunderts sehr königstreue Mannen sein werden, wenn sich die Könige noch
rechtzeitig entschließen, ihre Hausmeier und Hausmeierchen von heute, die von
der krummen und die von der geraden Nase, mit einem kräftigen Fußtritt an
die Luft zu setzen und über sie hinweg sich wieder mit ihrem Volke zu ver¬
tragen. Der Weg ist erstaunlich einfach, und das Petroleum eine gute Ge¬
legenheit zum Anfang.




Robert Schumann und Robena Laidlaw
F. Gustav Jansen von

obere Schumanns Phantasiestücke für Picinoforte sind Miß Nobena
Laidlaw gewidmet, einer Künstlerin, deren Name dem heutigen
Geschlecht kaum noch geläufig ist. Erst das um Ostern d. I.
erschienene Me,ticma,r^ ok kilmists ima Lomposors lor tluz ?iano-
torto von E. Pauer in London bringt einen vollständigen, wenn
auch sehr zusammengedrängten Lebensabriß der Künstlerin. Nachdem mir
Prof. Pauer auf meine Bitte noch Eingehenderes über die ausgezeichnete Pia¬
nistin mitgeteilt hatte, wurde mir die unverhoffte Frende, mit Miß Laidlaw
selbst in briefliche Verbindung zu treten und von ihr allerlei Denkwürdiges
aus ihren Leipziger Erlebnissen zu erhalten. Es ist mir freundlichst gestattet
worden, diese Mitteilungen zu einer Schilderung ihrer Begegnung mit Schumann
zu benutzen. Von den Einzelheiten, die Miß Laidlaw in treuem Gedächtnis


Vaterlandes fühlt, das in denen, die es führen, die besten, die dem Volke
nötigen, erkennt, das in seinem Fürsten, tuo ürst, den ersten im Kampf, in
jedem nötigen Kampf, kennt und in ihm den höchsten Ausdruck seiner selbst
achtet, verehrt und liebt. Noch eine Zeit lang so weiter wie heute, und das
Volk wird in Gesetz, Kirche und Staat Feinde, im Richter, Geistlichen und
König die Bedienten derer sehen, die es seine „Aufhänger" nennt.

Was hat den Sozialismus demokratisch und gar königsfeindlich gemacht?
Die sozialistische Theorie als Wissenschaft ist vereinbar mit politischen Ver¬
fassungen der verschiedensten Art. Selbst Lassalle noch sprach allerdings vom
„dumpfen Masfenschritt der Arbeiterbataillone," aber auch von der „königlich
preußischen" Sozialdemokratie. Ich glaube, den Deutschen wird ein soziales
Königtum immer lieber sein als irgend eine Republik. Daß die heutigen
Führer antimonarchisch, republikanisch geworden sind, das ist doch kein Wunder.
Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß die Sozialisten des kommenden Jahr¬
hunderts sehr königstreue Mannen sein werden, wenn sich die Könige noch
rechtzeitig entschließen, ihre Hausmeier und Hausmeierchen von heute, die von
der krummen und die von der geraden Nase, mit einem kräftigen Fußtritt an
die Luft zu setzen und über sie hinweg sich wieder mit ihrem Volke zu ver¬
tragen. Der Weg ist erstaunlich einfach, und das Petroleum eine gute Ge¬
legenheit zum Anfang.




Robert Schumann und Robena Laidlaw
F. Gustav Jansen von

obere Schumanns Phantasiestücke für Picinoforte sind Miß Nobena
Laidlaw gewidmet, einer Künstlerin, deren Name dem heutigen
Geschlecht kaum noch geläufig ist. Erst das um Ostern d. I.
erschienene Me,ticma,r^ ok kilmists ima Lomposors lor tluz ?iano-
torto von E. Pauer in London bringt einen vollständigen, wenn
auch sehr zusammengedrängten Lebensabriß der Künstlerin. Nachdem mir
Prof. Pauer auf meine Bitte noch Eingehenderes über die ausgezeichnete Pia¬
nistin mitgeteilt hatte, wurde mir die unverhoffte Frende, mit Miß Laidlaw
selbst in briefliche Verbindung zu treten und von ihr allerlei Denkwürdiges
aus ihren Leipziger Erlebnissen zu erhalten. Es ist mir freundlichst gestattet
worden, diese Mitteilungen zu einer Schilderung ihrer Begegnung mit Schumann
zu benutzen. Von den Einzelheiten, die Miß Laidlaw in treuem Gedächtnis


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[0322] Vaterlandes fühlt, das in denen, die es führen, die besten, die dem Volke nötigen, erkennt, das in seinem Fürsten, tuo ürst, den ersten im Kampf, in jedem nötigen Kampf, kennt und in ihm den höchsten Ausdruck seiner selbst achtet, verehrt und liebt. Noch eine Zeit lang so weiter wie heute, und das Volk wird in Gesetz, Kirche und Staat Feinde, im Richter, Geistlichen und König die Bedienten derer sehen, die es seine „Aufhänger" nennt. Was hat den Sozialismus demokratisch und gar königsfeindlich gemacht? Die sozialistische Theorie als Wissenschaft ist vereinbar mit politischen Ver¬ fassungen der verschiedensten Art. Selbst Lassalle noch sprach allerdings vom „dumpfen Masfenschritt der Arbeiterbataillone," aber auch von der „königlich preußischen" Sozialdemokratie. Ich glaube, den Deutschen wird ein soziales Königtum immer lieber sein als irgend eine Republik. Daß die heutigen Führer antimonarchisch, republikanisch geworden sind, das ist doch kein Wunder. Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß die Sozialisten des kommenden Jahr¬ hunderts sehr königstreue Mannen sein werden, wenn sich die Könige noch rechtzeitig entschließen, ihre Hausmeier und Hausmeierchen von heute, die von der krummen und die von der geraden Nase, mit einem kräftigen Fußtritt an die Luft zu setzen und über sie hinweg sich wieder mit ihrem Volke zu ver¬ tragen. Der Weg ist erstaunlich einfach, und das Petroleum eine gute Ge¬ legenheit zum Anfang. Robert Schumann und Robena Laidlaw F. Gustav Jansen von obere Schumanns Phantasiestücke für Picinoforte sind Miß Nobena Laidlaw gewidmet, einer Künstlerin, deren Name dem heutigen Geschlecht kaum noch geläufig ist. Erst das um Ostern d. I. erschienene Me,ticma,r^ ok kilmists ima Lomposors lor tluz ?iano- torto von E. Pauer in London bringt einen vollständigen, wenn auch sehr zusammengedrängten Lebensabriß der Künstlerin. Nachdem mir Prof. Pauer auf meine Bitte noch Eingehenderes über die ausgezeichnete Pia¬ nistin mitgeteilt hatte, wurde mir die unverhoffte Frende, mit Miß Laidlaw selbst in briefliche Verbindung zu treten und von ihr allerlei Denkwürdiges aus ihren Leipziger Erlebnissen zu erhalten. Es ist mir freundlichst gestattet worden, diese Mitteilungen zu einer Schilderung ihrer Begegnung mit Schumann zu benutzen. Von den Einzelheiten, die Miß Laidlaw in treuem Gedächtnis

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/322>, abgerufen am 22.05.2024.