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Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Volkswirtschaftliches Allerle i.

Aus den Bergen von Rezensionsexemplaren
volkswirtschaftlichen Inhalts, die bei uns lagern, greifen wir heute ein paar Spe¬
zialitäten heraus. Dr. Alfred Swaine beleuchtet im 14. Heft der Abhandlungen
des staatswissenschaftlicher Seminars zu Straßbnrg die Arbeits- und Wirt¬
schaftsverhältnisse der Einzelsticker in der Nordostschweiz und sin^ Vor¬
arlberg (Straßburg. Karl I. Trübner, 1895) und damit ein Gebiet', in dem
die Unvernunft und Gefährlichkeit der heutigen Weltwirtschaft recht deutlich hervor¬
treten. Es ist ein Jammer, zu sehen, wie das Schicksal von vielen tausend Menschen
von den Schwankungen des Weltmarkts abhängt, der in diesem Falle durch die
ganz unberechenbaren Zufälligkeiten der Mode und der Zollpolitik bestimmt wird.
Nach Beendigung des Sezessivnskrieges wuchs die Nachfrage Nordamerikas und
Englands nach Weißstickereien dermaßen, daß in dem hier betrachteten Gebiete die
Zahl der Stickmaschineu von 770 im Jahre 1365 ans mehr als 20 000 im Jahre
1882 stieg, daß die Fabrikanten 40 Prozent verdienten und der Arbeitslohn eines
mittlern Fabrikstickers -- freilich nicht ins ungemessene --, aber doch auf vier Franks,
also drei Mark stieg. So strömten denn die Arbeiter aus andern Erwerbszweigen
ab und drängten sich zu diesem lohueuderu, Kaufleute und Fabrikanten steckten ihr
Geld hinein, Kleinbauern ließen den Pflug und die Alp im Stich und schafften sich
eine Stickmaschine an, die Bnnernmädchen avancirten zu Fädlerinnen und waren
stolz darauf, etwas feineres geworden zu sein, und nnn verlief die Sache weiter,
wie sie eben zu verlaufen pflegt: Konkurrenz zwischen Fabrik- und Hausindustrie,
zwischen Kaufmann, Fabrikanten und Zwischenhändlern, Konkurrenz der Arbeiter
unter einander, kurz aller mit allen, Preisdruck, Fall des Gewinns, Lohndruck, eine
zum Teil von deu Unternehmern selbst begünstigte Arbeiterbewegung und Arbeiter¬
organisation, Stillstand der Absatzsteigerung, Modewechsel, Mac Kiuleybill, Krach,
Arbeitereleud. Das Arbeiterelcud, das zu eiuer augenfälligen Verschlechterung des
Menschenschlages führt, hat übrigens schon in der Glanzzeit der Stickerei angefangen,
denn das Verlangen, viel zu verdienen, verlängerte natürlich die Arbeitszeit bei der
an sich ungesunden Beschäftigung. Viele Sticker behalten ein wenig Landwirtschaft
bei, mit der ausdrücklichen Begründung, daß sie ein Gegengewicht gegen die Ge-
snndhcitsschädignng und Entkräftung haben wollen, aber die selbst auf dem Felde
arbeiten, können nur grobe und demnach schlecht bezahlte Arbeit liefern; die Fein¬
stickerei gestattet keine Nebenarbeit, die die Hände schwer und grob macht. Die
Verbindung dieser Industrie mit der Landwirtschaft wird vom Verfasser sehr gründlich
und sachkundig behandelt, aber mit seiner Auffassung dieser Verbindung sind wir
nicht einverstanden. So fragt er Seite 77: "Welche Gründe begünstigen den land¬
wirtschaftlichen Besitz, und wie wirkt die Industrie auf seine Ausdehnung ein?"
und Seite 83 meint er, da Thurgau der eigentliche Bauernkanton der Schweiz
sei, so überrasche es nicht, daß 00 Prozent der Sticker nebenbei Landwirtschaft
trieben. Die betrübende Thatsache also, daß ein so unsichrer Erwerb durch eine
ungesunde Beschäftigung der eigentliche und der Hnnvterwerb geworden ist und die
Landwirtschaft nur noch als Nebengewerbe betrieben wird, nimmt er hin wie ein
unabänderliches Fatum. Uns scheint, Wissenschaft und Politik müßten dagegen
Protestiren und sagen: das darf nicht sein; auf eine ungesunde Beschäftigung, die
hente geht und morgen nicht geht, darf nicht das Dasein einer ganzen Bevölkerung
gegründet werden. Im Orient hat eine ganz gesunde Verbindung zwischen der
Landwirtschaft und gewissen Hausindustrien, wie der Stickerei und der Feinweberei,
jahrtausendelang bestanden, bis sie in neuerer Zeit durch den Einbruch der Europäer
auch dort teilweise zerstört worden ist. Stickereien haben im Orient immer zum


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Volkswirtschaftliches Allerle i.

Aus den Bergen von Rezensionsexemplaren
volkswirtschaftlichen Inhalts, die bei uns lagern, greifen wir heute ein paar Spe¬
zialitäten heraus. Dr. Alfred Swaine beleuchtet im 14. Heft der Abhandlungen
des staatswissenschaftlicher Seminars zu Straßbnrg die Arbeits- und Wirt¬
schaftsverhältnisse der Einzelsticker in der Nordostschweiz und sin^ Vor¬
arlberg (Straßburg. Karl I. Trübner, 1895) und damit ein Gebiet', in dem
die Unvernunft und Gefährlichkeit der heutigen Weltwirtschaft recht deutlich hervor¬
treten. Es ist ein Jammer, zu sehen, wie das Schicksal von vielen tausend Menschen
von den Schwankungen des Weltmarkts abhängt, der in diesem Falle durch die
ganz unberechenbaren Zufälligkeiten der Mode und der Zollpolitik bestimmt wird.
Nach Beendigung des Sezessivnskrieges wuchs die Nachfrage Nordamerikas und
Englands nach Weißstickereien dermaßen, daß in dem hier betrachteten Gebiete die
Zahl der Stickmaschineu von 770 im Jahre 1365 ans mehr als 20 000 im Jahre
1882 stieg, daß die Fabrikanten 40 Prozent verdienten und der Arbeitslohn eines
mittlern Fabrikstickers — freilich nicht ins ungemessene —, aber doch auf vier Franks,
also drei Mark stieg. So strömten denn die Arbeiter aus andern Erwerbszweigen
ab und drängten sich zu diesem lohueuderu, Kaufleute und Fabrikanten steckten ihr
Geld hinein, Kleinbauern ließen den Pflug und die Alp im Stich und schafften sich
eine Stickmaschine an, die Bnnernmädchen avancirten zu Fädlerinnen und waren
stolz darauf, etwas feineres geworden zu sein, und nnn verlief die Sache weiter,
wie sie eben zu verlaufen pflegt: Konkurrenz zwischen Fabrik- und Hausindustrie,
zwischen Kaufmann, Fabrikanten und Zwischenhändlern, Konkurrenz der Arbeiter
unter einander, kurz aller mit allen, Preisdruck, Fall des Gewinns, Lohndruck, eine
zum Teil von deu Unternehmern selbst begünstigte Arbeiterbewegung und Arbeiter¬
organisation, Stillstand der Absatzsteigerung, Modewechsel, Mac Kiuleybill, Krach,
Arbeitereleud. Das Arbeiterelcud, das zu eiuer augenfälligen Verschlechterung des
Menschenschlages führt, hat übrigens schon in der Glanzzeit der Stickerei angefangen,
denn das Verlangen, viel zu verdienen, verlängerte natürlich die Arbeitszeit bei der
an sich ungesunden Beschäftigung. Viele Sticker behalten ein wenig Landwirtschaft
bei, mit der ausdrücklichen Begründung, daß sie ein Gegengewicht gegen die Ge-
snndhcitsschädignng und Entkräftung haben wollen, aber die selbst auf dem Felde
arbeiten, können nur grobe und demnach schlecht bezahlte Arbeit liefern; die Fein¬
stickerei gestattet keine Nebenarbeit, die die Hände schwer und grob macht. Die
Verbindung dieser Industrie mit der Landwirtschaft wird vom Verfasser sehr gründlich
und sachkundig behandelt, aber mit seiner Auffassung dieser Verbindung sind wir
nicht einverstanden. So fragt er Seite 77: „Welche Gründe begünstigen den land¬
wirtschaftlichen Besitz, und wie wirkt die Industrie auf seine Ausdehnung ein?"
und Seite 83 meint er, da Thurgau der eigentliche Bauernkanton der Schweiz
sei, so überrasche es nicht, daß 00 Prozent der Sticker nebenbei Landwirtschaft
trieben. Die betrübende Thatsache also, daß ein so unsichrer Erwerb durch eine
ungesunde Beschäftigung der eigentliche und der Hnnvterwerb geworden ist und die
Landwirtschaft nur noch als Nebengewerbe betrieben wird, nimmt er hin wie ein
unabänderliches Fatum. Uns scheint, Wissenschaft und Politik müßten dagegen
Protestiren und sagen: das darf nicht sein; auf eine ungesunde Beschäftigung, die
hente geht und morgen nicht geht, darf nicht das Dasein einer ganzen Bevölkerung
gegründet werden. Im Orient hat eine ganz gesunde Verbindung zwischen der
Landwirtschaft und gewissen Hausindustrien, wie der Stickerei und der Feinweberei,
jahrtausendelang bestanden, bis sie in neuerer Zeit durch den Einbruch der Europäer
auch dort teilweise zerstört worden ist. Stickereien haben im Orient immer zum


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[0093] Maßgebliches und Unmaßgebliches Volkswirtschaftliches Allerle i. Aus den Bergen von Rezensionsexemplaren volkswirtschaftlichen Inhalts, die bei uns lagern, greifen wir heute ein paar Spe¬ zialitäten heraus. Dr. Alfred Swaine beleuchtet im 14. Heft der Abhandlungen des staatswissenschaftlicher Seminars zu Straßbnrg die Arbeits- und Wirt¬ schaftsverhältnisse der Einzelsticker in der Nordostschweiz und sin^ Vor¬ arlberg (Straßburg. Karl I. Trübner, 1895) und damit ein Gebiet', in dem die Unvernunft und Gefährlichkeit der heutigen Weltwirtschaft recht deutlich hervor¬ treten. Es ist ein Jammer, zu sehen, wie das Schicksal von vielen tausend Menschen von den Schwankungen des Weltmarkts abhängt, der in diesem Falle durch die ganz unberechenbaren Zufälligkeiten der Mode und der Zollpolitik bestimmt wird. Nach Beendigung des Sezessivnskrieges wuchs die Nachfrage Nordamerikas und Englands nach Weißstickereien dermaßen, daß in dem hier betrachteten Gebiete die Zahl der Stickmaschineu von 770 im Jahre 1365 ans mehr als 20 000 im Jahre 1882 stieg, daß die Fabrikanten 40 Prozent verdienten und der Arbeitslohn eines mittlern Fabrikstickers — freilich nicht ins ungemessene —, aber doch auf vier Franks, also drei Mark stieg. So strömten denn die Arbeiter aus andern Erwerbszweigen ab und drängten sich zu diesem lohueuderu, Kaufleute und Fabrikanten steckten ihr Geld hinein, Kleinbauern ließen den Pflug und die Alp im Stich und schafften sich eine Stickmaschine an, die Bnnernmädchen avancirten zu Fädlerinnen und waren stolz darauf, etwas feineres geworden zu sein, und nnn verlief die Sache weiter, wie sie eben zu verlaufen pflegt: Konkurrenz zwischen Fabrik- und Hausindustrie, zwischen Kaufmann, Fabrikanten und Zwischenhändlern, Konkurrenz der Arbeiter unter einander, kurz aller mit allen, Preisdruck, Fall des Gewinns, Lohndruck, eine zum Teil von deu Unternehmern selbst begünstigte Arbeiterbewegung und Arbeiter¬ organisation, Stillstand der Absatzsteigerung, Modewechsel, Mac Kiuleybill, Krach, Arbeitereleud. Das Arbeiterelcud, das zu eiuer augenfälligen Verschlechterung des Menschenschlages führt, hat übrigens schon in der Glanzzeit der Stickerei angefangen, denn das Verlangen, viel zu verdienen, verlängerte natürlich die Arbeitszeit bei der an sich ungesunden Beschäftigung. Viele Sticker behalten ein wenig Landwirtschaft bei, mit der ausdrücklichen Begründung, daß sie ein Gegengewicht gegen die Ge- snndhcitsschädignng und Entkräftung haben wollen, aber die selbst auf dem Felde arbeiten, können nur grobe und demnach schlecht bezahlte Arbeit liefern; die Fein¬ stickerei gestattet keine Nebenarbeit, die die Hände schwer und grob macht. Die Verbindung dieser Industrie mit der Landwirtschaft wird vom Verfasser sehr gründlich und sachkundig behandelt, aber mit seiner Auffassung dieser Verbindung sind wir nicht einverstanden. So fragt er Seite 77: „Welche Gründe begünstigen den land¬ wirtschaftlichen Besitz, und wie wirkt die Industrie auf seine Ausdehnung ein?" und Seite 83 meint er, da Thurgau der eigentliche Bauernkanton der Schweiz sei, so überrasche es nicht, daß 00 Prozent der Sticker nebenbei Landwirtschaft trieben. Die betrübende Thatsache also, daß ein so unsichrer Erwerb durch eine ungesunde Beschäftigung der eigentliche und der Hnnvterwerb geworden ist und die Landwirtschaft nur noch als Nebengewerbe betrieben wird, nimmt er hin wie ein unabänderliches Fatum. Uns scheint, Wissenschaft und Politik müßten dagegen Protestiren und sagen: das darf nicht sein; auf eine ungesunde Beschäftigung, die hente geht und morgen nicht geht, darf nicht das Dasein einer ganzen Bevölkerung gegründet werden. Im Orient hat eine ganz gesunde Verbindung zwischen der Landwirtschaft und gewissen Hausindustrien, wie der Stickerei und der Feinweberei, jahrtausendelang bestanden, bis sie in neuerer Zeit durch den Einbruch der Europäer auch dort teilweise zerstört worden ist. Stickereien haben im Orient immer zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341863_222303/93>, abgerufen am 28.04.2024.