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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Verleger sogenannte "dritte und vierte," "sechste und siebente" Auslage zu bezeichnen.
Will ich mir gür die bequeme Schreibung zu nutze machen --wer ist der Unbe¬
kannte, dem ihre Erfindung verdankt wird? die Gelehrten sollten ihn rühmen,
wie Klopstock den Erfinder des Schlittschuhs ^, ich meine die Bezeichnung der
Auflagezahleu durch Potenzziffern, so muß ich mich sehr in acht nehmen, daß aus
der "dritten und vierten" Auslage uicht die vierunddreißigste iverde oder aus der
"sechsten und siebenten" gnr die sicbenundsechzigste (^"? se^t ^"'^ 1!^ soir Z"--).

Aber auch hier schob der Verleger die Schuld auf die Verfasser. Herr B.
sei es gewesen, der ihm den Wunsch unterbreitet habe, die "neue Auslage" --auch
hier braucht der Verleger das Wort im Sinne von Bearbeitung in einer Höhe
drucken zu lassen, die nach dem Verlagsvcrtrag die Bezeichnung als "Doppelauflage"
erheischt hätte. Als ob ein Verfasser nicht vollständig zufrieden wäre, wenn ihm
der Verleger sür das in doppelter Stärke gedruckte Werk das doppelte Honorar
zahlt, auch ohne auf dem Titel zu bemerken, daß es eine Doppelauflage ist! Und
wenn er es nur wenigstens so, als "Doppelauslage" bezeichnet hätte, wie es manche
Verleger von Schulbüchern thun-. "Dritte (Doppel-)Auflage"! So häßlich das ist,
das Kind wäre wenigstens beim rechten Namen benannt. ' ,,

Die ganze Sache scheint kleinlich: aber principiis obsta! Ich hoffe, die Stimme
der Grenzboten ist kräftig genug, zu bewirken, daß dieser Unfug -- denn anders
kann ich es nicht bezeichnen -- in der wissenschaftlichen Litteratur nicht weiter ein-
rciße, daß künftig kein Schriftsteller, der ans seine Würde etwas hält, seinen Namen
noch einmal dazu hergiebt, auf einer "xten und ^ten" Auflage zu prangen, daß
kein Verleger mehr seinen Autore" eine solche Zumutung macht. Die Romanschreiber
und Romanverleger mögen es halten, wie sie wollen. Ebenso wird wohl der Wunsch
berechtigt sein, daß jeder Verleger, der etwas aus die Würde seines Geschäfts hält,
bei Subskriptionsnnternehmnngen auch die Bedingungen wirklich einhält, die er bei
Eröffnung der Subskription ankündigt. Ich habe an den Werken, um die es sich
hier handelt, eine solche Freude, daß mich diese Dinge um so mehr schmerzte", und
nur weil das schwäbische Lokalblatt, dem ich meinen Schmerz anvertraute, sofort
nach der Erwiderung des Verlegers, ohne sie mir auch nnr zur Kenntnis gebracht
zu haben, die Verhandlungen fiir abgeschlossen erklärte, erlaubte ich mir die Hilfe
der Grenzboten anzurufen.


L. Resele





Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig <
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Verleger sogenannte „dritte und vierte," „sechste und siebente" Auslage zu bezeichnen.
Will ich mir gür die bequeme Schreibung zu nutze machen —wer ist der Unbe¬
kannte, dem ihre Erfindung verdankt wird? die Gelehrten sollten ihn rühmen,
wie Klopstock den Erfinder des Schlittschuhs ^, ich meine die Bezeichnung der
Auflagezahleu durch Potenzziffern, so muß ich mich sehr in acht nehmen, daß aus
der „dritten und vierten" Auslage uicht die vierunddreißigste iverde oder aus der
„sechsten und siebenten" gnr die sicbenundsechzigste (^«? se^t ^"'^ 1!^ soir Z"--).

Aber auch hier schob der Verleger die Schuld auf die Verfasser. Herr B.
sei es gewesen, der ihm den Wunsch unterbreitet habe, die „neue Auslage" —auch
hier braucht der Verleger das Wort im Sinne von Bearbeitung in einer Höhe
drucken zu lassen, die nach dem Verlagsvcrtrag die Bezeichnung als „Doppelauflage"
erheischt hätte. Als ob ein Verfasser nicht vollständig zufrieden wäre, wenn ihm
der Verleger sür das in doppelter Stärke gedruckte Werk das doppelte Honorar
zahlt, auch ohne auf dem Titel zu bemerken, daß es eine Doppelauflage ist! Und
wenn er es nur wenigstens so, als „Doppelauslage" bezeichnet hätte, wie es manche
Verleger von Schulbüchern thun-. „Dritte (Doppel-)Auflage"! So häßlich das ist,
das Kind wäre wenigstens beim rechten Namen benannt. ' ,,

Die ganze Sache scheint kleinlich: aber principiis obsta! Ich hoffe, die Stimme
der Grenzboten ist kräftig genug, zu bewirken, daß dieser Unfug — denn anders
kann ich es nicht bezeichnen — in der wissenschaftlichen Litteratur nicht weiter ein-
rciße, daß künftig kein Schriftsteller, der ans seine Würde etwas hält, seinen Namen
noch einmal dazu hergiebt, auf einer „xten und ^ten" Auflage zu prangen, daß
kein Verleger mehr seinen Autore» eine solche Zumutung macht. Die Romanschreiber
und Romanverleger mögen es halten, wie sie wollen. Ebenso wird wohl der Wunsch
berechtigt sein, daß jeder Verleger, der etwas aus die Würde seines Geschäfts hält,
bei Subskriptionsnnternehmnngen auch die Bedingungen wirklich einhält, die er bei
Eröffnung der Subskription ankündigt. Ich habe an den Werken, um die es sich
hier handelt, eine solche Freude, daß mich diese Dinge um so mehr schmerzte», und
nur weil das schwäbische Lokalblatt, dem ich meinen Schmerz anvertraute, sofort
nach der Erwiderung des Verlegers, ohne sie mir auch nnr zur Kenntnis gebracht
zu haben, die Verhandlungen fiir abgeschlossen erklärte, erlaubte ich mir die Hilfe
der Grenzboten anzurufen.


L. Resele





Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig <
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0216] Maßgebliches und Unmaßgebliches Verleger sogenannte „dritte und vierte," „sechste und siebente" Auslage zu bezeichnen. Will ich mir gür die bequeme Schreibung zu nutze machen —wer ist der Unbe¬ kannte, dem ihre Erfindung verdankt wird? die Gelehrten sollten ihn rühmen, wie Klopstock den Erfinder des Schlittschuhs ^, ich meine die Bezeichnung der Auflagezahleu durch Potenzziffern, so muß ich mich sehr in acht nehmen, daß aus der „dritten und vierten" Auslage uicht die vierunddreißigste iverde oder aus der „sechsten und siebenten" gnr die sicbenundsechzigste (^«? se^t ^"'^ 1!^ soir Z"--). Aber auch hier schob der Verleger die Schuld auf die Verfasser. Herr B. sei es gewesen, der ihm den Wunsch unterbreitet habe, die „neue Auslage" —auch hier braucht der Verleger das Wort im Sinne von Bearbeitung in einer Höhe drucken zu lassen, die nach dem Verlagsvcrtrag die Bezeichnung als „Doppelauflage" erheischt hätte. Als ob ein Verfasser nicht vollständig zufrieden wäre, wenn ihm der Verleger sür das in doppelter Stärke gedruckte Werk das doppelte Honorar zahlt, auch ohne auf dem Titel zu bemerken, daß es eine Doppelauflage ist! Und wenn er es nur wenigstens so, als „Doppelauslage" bezeichnet hätte, wie es manche Verleger von Schulbüchern thun-. „Dritte (Doppel-)Auflage"! So häßlich das ist, das Kind wäre wenigstens beim rechten Namen benannt. ' ,, Die ganze Sache scheint kleinlich: aber principiis obsta! Ich hoffe, die Stimme der Grenzboten ist kräftig genug, zu bewirken, daß dieser Unfug — denn anders kann ich es nicht bezeichnen — in der wissenschaftlichen Litteratur nicht weiter ein- rciße, daß künftig kein Schriftsteller, der ans seine Würde etwas hält, seinen Namen noch einmal dazu hergiebt, auf einer „xten und ^ten" Auflage zu prangen, daß kein Verleger mehr seinen Autore» eine solche Zumutung macht. Die Romanschreiber und Romanverleger mögen es halten, wie sie wollen. Ebenso wird wohl der Wunsch berechtigt sein, daß jeder Verleger, der etwas aus die Würde seines Geschäfts hält, bei Subskriptionsnnternehmnngen auch die Bedingungen wirklich einhält, die er bei Eröffnung der Subskription ankündigt. Ich habe an den Werken, um die es sich hier handelt, eine solche Freude, daß mich diese Dinge um so mehr schmerzte», und nur weil das schwäbische Lokalblatt, dem ich meinen Schmerz anvertraute, sofort nach der Erwiderung des Verlegers, ohne sie mir auch nnr zur Kenntnis gebracht zu haben, die Verhandlungen fiir abgeschlossen erklärte, erlaubte ich mir die Hilfe der Grenzboten anzurufen. L. Resele Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig < Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/216>, abgerufen am 01.05.2024.