Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Litteratur

Arbeiten auf diesem Gebiete (die ältere verzeichnet annähernd vollständig Meitzens
großes neues Werk "Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen,
der Kelten, Römer, Finnen und Slawen") mit nachdrücklichem Hinweis in der
Einleitung auf das, was bis jetzt vielfach noch nicht genügend bei ihnen berück¬
sichtigt worden ist: die örtlichen Grundlagen des betreffenden Wirtschaftslebens und
die Besiedlungsgeschichte; germanistische Unterstützung wird sich namentlich in den
Hilfswissenschaften der Ortsnamenkunde und der volkstümlichen Benennungen von
Haus und Gerät nötig machen.


Deutsches Wörterbuch von Hermann Paul. Halle, M, Niemeyer, IM?

Auf Einzelheiten dieses "schönen," nun vollendeten Werkes -- man vergleiche
S. 400 darin den Artikel schön -- wollen wir nach der Anzeige der ersten
Lieferung (Grenzboten 1696, III, 134) nicht noch einmal eingehen, dafür das
Ganze unsern Lesern umso lebhafter empfehlen. In dem berechtigten Sinne, in
dem Goethe das Dilettircn in der Kunst für wichtig für die Bildung ansieht, muß
man auch ein wissenschaftliches Dilettantentum unter den Gebildeten gut heißen; es
für unsre Muttersprache in der rechten Weise heranzuziehen, dafür ist dieses
Parische Wörterbuch wie geschaffen, was die Auswahl des Stoffes wie die Art
der Behandlung betrifft. Es verzichtet ans Vollständigkeit und beschränkt sich auf
die Wörter, bei denen es für den gebildeten Laien etwas zu fragen und zu sagen
giebt. Namentlich auf drei Gebiete hat dabei der Verfasser sein Augenmerk ge¬
richtet: auf solche landschaftliche Wörter und Wortbedeutungen, die in die lokale
Schriftsprache und die Umgangssprache der Gebildeten hereinragen, auf die ver-
schiednen Sprachen der Verufszweige (natürlich auch hier entsprechend auswählend)
und auf die Abweichungen der heutigen Sprache von der unsrer Klassiker -- sie
sind beträchtlicher, als man gewöhnlich annimmt, und namentlich sie zu kennen ist
lehrreich und, erziehend für gewissenhaften Sprachgebrauch. Und dieser reiche,
interessante Stoff liegt vor, durchtränkt und gesättigt von einer peinlichen und
keuschen Wissenschaftlichkeit, die mit gleicher Ruhe mundartliche Tiefen und philo¬
sophische Hohen durchwandert und in jeder Zeile unter der Zucht der Idee steht,
die das ganze Werk hat entspringen lassen.

Der Verfasser spricht in der Vorrede aus, daß er in erster Linie an das
Bedürfnis der Lehrer gedacht habe, die Unterricht im Deutschen zu erteilen haben.
Auf dasselbe kommt der Wunsch hinaus, der uns bei andauerndem Lesen in dem
Buche -- wie viele Wörterbücher vermögen dazu anzureizen? -- wiederholt auf-
gestiegen ist: mit einer dem Gehalte dieses Wörterbuches möglichst entsprechenden
Bildung in der deutschen Sprache sollten unsre Abiturienten die Schule verlassen.







Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Mnrquart in Leipzig
Litteratur

Arbeiten auf diesem Gebiete (die ältere verzeichnet annähernd vollständig Meitzens
großes neues Werk „Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen,
der Kelten, Römer, Finnen und Slawen") mit nachdrücklichem Hinweis in der
Einleitung auf das, was bis jetzt vielfach noch nicht genügend bei ihnen berück¬
sichtigt worden ist: die örtlichen Grundlagen des betreffenden Wirtschaftslebens und
die Besiedlungsgeschichte; germanistische Unterstützung wird sich namentlich in den
Hilfswissenschaften der Ortsnamenkunde und der volkstümlichen Benennungen von
Haus und Gerät nötig machen.


Deutsches Wörterbuch von Hermann Paul. Halle, M, Niemeyer, IM?

Auf Einzelheiten dieses „schönen," nun vollendeten Werkes — man vergleiche
S. 400 darin den Artikel schön — wollen wir nach der Anzeige der ersten
Lieferung (Grenzboten 1696, III, 134) nicht noch einmal eingehen, dafür das
Ganze unsern Lesern umso lebhafter empfehlen. In dem berechtigten Sinne, in
dem Goethe das Dilettircn in der Kunst für wichtig für die Bildung ansieht, muß
man auch ein wissenschaftliches Dilettantentum unter den Gebildeten gut heißen; es
für unsre Muttersprache in der rechten Weise heranzuziehen, dafür ist dieses
Parische Wörterbuch wie geschaffen, was die Auswahl des Stoffes wie die Art
der Behandlung betrifft. Es verzichtet ans Vollständigkeit und beschränkt sich auf
die Wörter, bei denen es für den gebildeten Laien etwas zu fragen und zu sagen
giebt. Namentlich auf drei Gebiete hat dabei der Verfasser sein Augenmerk ge¬
richtet: auf solche landschaftliche Wörter und Wortbedeutungen, die in die lokale
Schriftsprache und die Umgangssprache der Gebildeten hereinragen, auf die ver-
schiednen Sprachen der Verufszweige (natürlich auch hier entsprechend auswählend)
und auf die Abweichungen der heutigen Sprache von der unsrer Klassiker — sie
sind beträchtlicher, als man gewöhnlich annimmt, und namentlich sie zu kennen ist
lehrreich und, erziehend für gewissenhaften Sprachgebrauch. Und dieser reiche,
interessante Stoff liegt vor, durchtränkt und gesättigt von einer peinlichen und
keuschen Wissenschaftlichkeit, die mit gleicher Ruhe mundartliche Tiefen und philo¬
sophische Hohen durchwandert und in jeder Zeile unter der Zucht der Idee steht,
die das ganze Werk hat entspringen lassen.

Der Verfasser spricht in der Vorrede aus, daß er in erster Linie an das
Bedürfnis der Lehrer gedacht habe, die Unterricht im Deutschen zu erteilen haben.
Auf dasselbe kommt der Wunsch hinaus, der uns bei andauerndem Lesen in dem
Buche — wie viele Wörterbücher vermögen dazu anzureizen? — wiederholt auf-
gestiegen ist: mit einer dem Gehalte dieses Wörterbuches möglichst entsprechenden
Bildung in der deutschen Sprache sollten unsre Abiturienten die Schule verlassen.







Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Mnrquart in Leipzig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/225288"/>
            <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1211" prev="#ID_1210"> Arbeiten auf diesem Gebiete (die ältere verzeichnet annähernd vollständig Meitzens<lb/>
großes neues Werk &#x201E;Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen,<lb/>
der Kelten, Römer, Finnen und Slawen") mit nachdrücklichem Hinweis in der<lb/>
Einleitung auf das, was bis jetzt vielfach noch nicht genügend bei ihnen berück¬<lb/>
sichtigt worden ist: die örtlichen Grundlagen des betreffenden Wirtschaftslebens und<lb/>
die Besiedlungsgeschichte; germanistische Unterstützung wird sich namentlich in den<lb/>
Hilfswissenschaften der Ortsnamenkunde und der volkstümlichen Benennungen von<lb/>
Haus und Gerät nötig machen.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Deutsches Wörterbuch von Hermann Paul.  Halle, M, Niemeyer, IM?</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1212"> Auf Einzelheiten dieses &#x201E;schönen," nun vollendeten Werkes &#x2014; man vergleiche<lb/>
S. 400 darin den Artikel schön &#x2014; wollen wir nach der Anzeige der ersten<lb/>
Lieferung (Grenzboten 1696, III, 134) nicht noch einmal eingehen, dafür das<lb/>
Ganze unsern Lesern umso lebhafter empfehlen. In dem berechtigten Sinne, in<lb/>
dem Goethe das Dilettircn in der Kunst für wichtig für die Bildung ansieht, muß<lb/>
man auch ein wissenschaftliches Dilettantentum unter den Gebildeten gut heißen; es<lb/>
für unsre Muttersprache in der rechten Weise heranzuziehen, dafür ist dieses<lb/>
Parische Wörterbuch wie geschaffen, was die Auswahl des Stoffes wie die Art<lb/>
der Behandlung betrifft. Es verzichtet ans Vollständigkeit und beschränkt sich auf<lb/>
die Wörter, bei denen es für den gebildeten Laien etwas zu fragen und zu sagen<lb/>
giebt. Namentlich auf drei Gebiete hat dabei der Verfasser sein Augenmerk ge¬<lb/>
richtet: auf solche landschaftliche Wörter und Wortbedeutungen, die in die lokale<lb/>
Schriftsprache und die Umgangssprache der Gebildeten hereinragen, auf die ver-<lb/>
schiednen Sprachen der Verufszweige (natürlich auch hier entsprechend auswählend)<lb/>
und auf die Abweichungen der heutigen Sprache von der unsrer Klassiker &#x2014; sie<lb/>
sind beträchtlicher, als man gewöhnlich annimmt, und namentlich sie zu kennen ist<lb/>
lehrreich und, erziehend für gewissenhaften Sprachgebrauch. Und dieser reiche,<lb/>
interessante Stoff liegt vor, durchtränkt und gesättigt von einer peinlichen und<lb/>
keuschen Wissenschaftlichkeit, die mit gleicher Ruhe mundartliche Tiefen und philo¬<lb/>
sophische Hohen durchwandert und in jeder Zeile unter der Zucht der Idee steht,<lb/>
die das ganze Werk hat entspringen lassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1213"> Der Verfasser spricht in der Vorrede aus, daß er in erster Linie an das<lb/>
Bedürfnis der Lehrer gedacht habe, die Unterricht im Deutschen zu erteilen haben.<lb/>
Auf dasselbe kommt der Wunsch hinaus, der uns bei andauerndem Lesen in dem<lb/>
Buche &#x2014; wie viele Wörterbücher vermögen dazu anzureizen? &#x2014; wiederholt auf-<lb/>
gestiegen ist: mit einer dem Gehalte dieses Wörterbuches möglichst entsprechenden<lb/>
Bildung in der deutschen Sprache sollten unsre Abiturienten die Schule verlassen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div type="corrigenda" n="1"><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig<lb/>
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig. &#x2014; Druck von Carl Mnrquart in Leipzig</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0360] Litteratur Arbeiten auf diesem Gebiete (die ältere verzeichnet annähernd vollständig Meitzens großes neues Werk „Siedelung und Agrarwesen der Westgermanen und Ostgermanen, der Kelten, Römer, Finnen und Slawen") mit nachdrücklichem Hinweis in der Einleitung auf das, was bis jetzt vielfach noch nicht genügend bei ihnen berück¬ sichtigt worden ist: die örtlichen Grundlagen des betreffenden Wirtschaftslebens und die Besiedlungsgeschichte; germanistische Unterstützung wird sich namentlich in den Hilfswissenschaften der Ortsnamenkunde und der volkstümlichen Benennungen von Haus und Gerät nötig machen. Deutsches Wörterbuch von Hermann Paul. Halle, M, Niemeyer, IM? Auf Einzelheiten dieses „schönen," nun vollendeten Werkes — man vergleiche S. 400 darin den Artikel schön — wollen wir nach der Anzeige der ersten Lieferung (Grenzboten 1696, III, 134) nicht noch einmal eingehen, dafür das Ganze unsern Lesern umso lebhafter empfehlen. In dem berechtigten Sinne, in dem Goethe das Dilettircn in der Kunst für wichtig für die Bildung ansieht, muß man auch ein wissenschaftliches Dilettantentum unter den Gebildeten gut heißen; es für unsre Muttersprache in der rechten Weise heranzuziehen, dafür ist dieses Parische Wörterbuch wie geschaffen, was die Auswahl des Stoffes wie die Art der Behandlung betrifft. Es verzichtet ans Vollständigkeit und beschränkt sich auf die Wörter, bei denen es für den gebildeten Laien etwas zu fragen und zu sagen giebt. Namentlich auf drei Gebiete hat dabei der Verfasser sein Augenmerk ge¬ richtet: auf solche landschaftliche Wörter und Wortbedeutungen, die in die lokale Schriftsprache und die Umgangssprache der Gebildeten hereinragen, auf die ver- schiednen Sprachen der Verufszweige (natürlich auch hier entsprechend auswählend) und auf die Abweichungen der heutigen Sprache von der unsrer Klassiker — sie sind beträchtlicher, als man gewöhnlich annimmt, und namentlich sie zu kennen ist lehrreich und, erziehend für gewissenhaften Sprachgebrauch. Und dieser reiche, interessante Stoff liegt vor, durchtränkt und gesättigt von einer peinlichen und keuschen Wissenschaftlichkeit, die mit gleicher Ruhe mundartliche Tiefen und philo¬ sophische Hohen durchwandert und in jeder Zeile unter der Zucht der Idee steht, die das ganze Werk hat entspringen lassen. Der Verfasser spricht in der Vorrede aus, daß er in erster Linie an das Bedürfnis der Lehrer gedacht habe, die Unterricht im Deutschen zu erteilen haben. Auf dasselbe kommt der Wunsch hinaus, der uns bei andauerndem Lesen in dem Buche — wie viele Wörterbücher vermögen dazu anzureizen? — wiederholt auf- gestiegen ist: mit einer dem Gehalte dieses Wörterbuches möglichst entsprechenden Bildung in der deutschen Sprache sollten unsre Abiturienten die Schule verlassen. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Mnrquart in Leipzig

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/360
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/360>, abgerufen am 06.05.2024.