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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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nicht genötigt, eine teleologische Kraft zu leugnen, "sie werden sie nur dahin
verlegen müssen, wo sie allein wirksam sein kann: an den Anfang der Dinge."
Damit können wir uns zufrieden geben.

(Schluß folgt)




1^3. rupture
Die russisch-französische Allianz einst und jetzt

icht lange vor der Aufnahme Albert Vandals in die Akademie,
die Ende Dezember 1896 erfolgte, ist der dritte Band seines
Werkes über Mxolvon se .V!" xuiulin I (Paris, Librairie Plon,
1897) erschienen. Er führt den in seiner Knappheit höchst be¬
zeichnenden Titel I.Ä rnxwrö, der Bruch, und ist eine durch Ge¬
diegenheit des Inhalts und Schönheit der Form so ausgezeichnete Leistung,
daß die höchste Ehre, die einem französischen Gelehrten widerfahren kann, schon
allein durch ihn vollauf begründet gewesen wäre.

Der letzte Grund der Auflösung des 1807 abgeschlossenen Bündnisses
zwischen Frankreich und Nußland ist allerdings schon vor Vaudal völlig be¬
kannt gewesen. Es war schließlich doch kein andrer als die Unvereinbarkeit
irgend einer selbständigen Großmacht mit dem napoleonischen System, das
auf völlige Unterjochung der Welt abzielte. Aber die Art und Weise, wie sich
dieser Gegensatz allmählich herausarbeitete, und wie es schließlich zum Bruche
kam, ist von Bandal teils auf Grund der gedruckten Quellen, teils der einschlägigen
Schriftstücke im Archiv der auswärtigen Angelegenheiten zu Paris und in andern
Archiven vielfach in völlig neuer Weise ins Licht gestellt worden. Für die
Kunst seiner Darstellung zeugt der Umstand, daß einem Zeitraum von etwa
anderthalb Jahren nicht weniger als 547 Seiten gewidmet sind, und doch das
Interesse des Lesers keinen Angenblick erlahmt.

Zu Anfang des Jahres 1811 war es schon soweit gekommen, daß
Alexander I. den Entschluß faßte, gegen Napoleon zu marschiren, ohne daß
er das amtlich noch bestehende Bündnis aufgekündigt hätte. Sein angeblicher
Grund war die Verjagung seines nahen Verwandten, des Herzogs von Olden¬
burg; der wahre Grund war die in der Vergrößerung des Herzogtums Warschau
zu Tage tretende Gefahr des Wiedererstehens vou Polen, wodurch Nußland
mit Auflösung bedroht wurde. Aber auch die Vergrößerung von Warschau


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nicht genötigt, eine teleologische Kraft zu leugnen, „sie werden sie nur dahin
verlegen müssen, wo sie allein wirksam sein kann: an den Anfang der Dinge."
Damit können wir uns zufrieden geben.

(Schluß folgt)




1^3. rupture
Die russisch-französische Allianz einst und jetzt

icht lange vor der Aufnahme Albert Vandals in die Akademie,
die Ende Dezember 1896 erfolgte, ist der dritte Band seines
Werkes über Mxolvon se .V!« xuiulin I (Paris, Librairie Plon,
1897) erschienen. Er führt den in seiner Knappheit höchst be¬
zeichnenden Titel I.Ä rnxwrö, der Bruch, und ist eine durch Ge¬
diegenheit des Inhalts und Schönheit der Form so ausgezeichnete Leistung,
daß die höchste Ehre, die einem französischen Gelehrten widerfahren kann, schon
allein durch ihn vollauf begründet gewesen wäre.

Der letzte Grund der Auflösung des 1807 abgeschlossenen Bündnisses
zwischen Frankreich und Nußland ist allerdings schon vor Vaudal völlig be¬
kannt gewesen. Es war schließlich doch kein andrer als die Unvereinbarkeit
irgend einer selbständigen Großmacht mit dem napoleonischen System, das
auf völlige Unterjochung der Welt abzielte. Aber die Art und Weise, wie sich
dieser Gegensatz allmählich herausarbeitete, und wie es schließlich zum Bruche
kam, ist von Bandal teils auf Grund der gedruckten Quellen, teils der einschlägigen
Schriftstücke im Archiv der auswärtigen Angelegenheiten zu Paris und in andern
Archiven vielfach in völlig neuer Weise ins Licht gestellt worden. Für die
Kunst seiner Darstellung zeugt der Umstand, daß einem Zeitraum von etwa
anderthalb Jahren nicht weniger als 547 Seiten gewidmet sind, und doch das
Interesse des Lesers keinen Angenblick erlahmt.

Zu Anfang des Jahres 1811 war es schon soweit gekommen, daß
Alexander I. den Entschluß faßte, gegen Napoleon zu marschiren, ohne daß
er das amtlich noch bestehende Bündnis aufgekündigt hätte. Sein angeblicher
Grund war die Verjagung seines nahen Verwandten, des Herzogs von Olden¬
burg; der wahre Grund war die in der Vergrößerung des Herzogtums Warschau
zu Tage tretende Gefahr des Wiedererstehens vou Polen, wodurch Nußland
mit Auflösung bedroht wurde. Aber auch die Vergrößerung von Warschau


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[0571] rupture nicht genötigt, eine teleologische Kraft zu leugnen, „sie werden sie nur dahin verlegen müssen, wo sie allein wirksam sein kann: an den Anfang der Dinge." Damit können wir uns zufrieden geben. (Schluß folgt) 1^3. rupture Die russisch-französische Allianz einst und jetzt icht lange vor der Aufnahme Albert Vandals in die Akademie, die Ende Dezember 1896 erfolgte, ist der dritte Band seines Werkes über Mxolvon se .V!« xuiulin I (Paris, Librairie Plon, 1897) erschienen. Er führt den in seiner Knappheit höchst be¬ zeichnenden Titel I.Ä rnxwrö, der Bruch, und ist eine durch Ge¬ diegenheit des Inhalts und Schönheit der Form so ausgezeichnete Leistung, daß die höchste Ehre, die einem französischen Gelehrten widerfahren kann, schon allein durch ihn vollauf begründet gewesen wäre. Der letzte Grund der Auflösung des 1807 abgeschlossenen Bündnisses zwischen Frankreich und Nußland ist allerdings schon vor Vaudal völlig be¬ kannt gewesen. Es war schließlich doch kein andrer als die Unvereinbarkeit irgend einer selbständigen Großmacht mit dem napoleonischen System, das auf völlige Unterjochung der Welt abzielte. Aber die Art und Weise, wie sich dieser Gegensatz allmählich herausarbeitete, und wie es schließlich zum Bruche kam, ist von Bandal teils auf Grund der gedruckten Quellen, teils der einschlägigen Schriftstücke im Archiv der auswärtigen Angelegenheiten zu Paris und in andern Archiven vielfach in völlig neuer Weise ins Licht gestellt worden. Für die Kunst seiner Darstellung zeugt der Umstand, daß einem Zeitraum von etwa anderthalb Jahren nicht weniger als 547 Seiten gewidmet sind, und doch das Interesse des Lesers keinen Angenblick erlahmt. Zu Anfang des Jahres 1811 war es schon soweit gekommen, daß Alexander I. den Entschluß faßte, gegen Napoleon zu marschiren, ohne daß er das amtlich noch bestehende Bündnis aufgekündigt hätte. Sein angeblicher Grund war die Verjagung seines nahen Verwandten, des Herzogs von Olden¬ burg; der wahre Grund war die in der Vergrößerung des Herzogtums Warschau zu Tage tretende Gefahr des Wiedererstehens vou Polen, wodurch Nußland mit Auflösung bedroht wurde. Aber auch die Vergrößerung von Warschau

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/571>, abgerufen am 06.05.2024.