Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Von Weißenburg bis Metz
Veto Raemmel von

ur den, der sich aus den Zügen der Landschaft und den Berichten
über historische Ereignisse ein Bild zusammenzusetzen versteht,
kann es nichts Interessanteres und zugleich Erschütternderes
geben als ein Schlachtfeld. Denn nirgends treten die Kräfte
und die Art eines Volkes sichtbarer, handgreiflicher hervor als
M Kriege, vor allem bei der gewaltsamen Entladung der höchstgespanntcn
physischen und geistigen Kräfte, die wir eine Schlacht nennen, und die Ent¬
scheidungen, die hier, oft binnen wenig Stunden, gefallen sind, wirken auf
Menschenalter, ja auf Jahrhunderte hinaus. Landschaftlich ist allerdings eine
solche Wanderung meist wenig lohnend, denn eine große Schlacht verlangt vor
allein ein ebenes Gelände. Selten ist ein Schlachtfeld so malerisch wie etwa
die Gegend von Düppel mit ihrer weiten, mannigfachen Aussicht über Land
und See oder die von Trautenau mit dem Riesengebirge und dem stolzen
Kegel der Schneekoppe im Hintergrunde, und immer sind die Felder moderner
Schlachten so groß, daß ihr Besuch viel Zeit und Mühe kostet. Denn die
Ausdehnung der Schlachten ist mit der Entwicklung der Fernwaffen, der
dadurch veranlaßten Veränderung in der Taktik und der Größe der Heere
beständig gewachsen. Daher sind die Schlachtfelder des siebzehnten und des
achtzehnten Jahrhunderts im Durchschnitt noch verhältnismäßig klein, denn die
damaligen Heere überschritten selten die Größe eines modernen Armeekorps
und standen im Zeitalter der geschlossenen Lineartaktik viel gedrängter als
heute. Erst als sie mit der französischen Revolution auf die allgemeine Aus¬
hebung begründet wurden, und sich damit die Schützentaktik und die Wirkung
großer Artilleriemassen verbanden, wuchs mit der Größe und der veränderten
Aufstellung der Heere auch die räumliche Ausdehnung der Schlachtfelder.


Grenzboten IV 1898 3l>


Von Weißenburg bis Metz
Veto Raemmel von

ur den, der sich aus den Zügen der Landschaft und den Berichten
über historische Ereignisse ein Bild zusammenzusetzen versteht,
kann es nichts Interessanteres und zugleich Erschütternderes
geben als ein Schlachtfeld. Denn nirgends treten die Kräfte
und die Art eines Volkes sichtbarer, handgreiflicher hervor als
M Kriege, vor allem bei der gewaltsamen Entladung der höchstgespanntcn
physischen und geistigen Kräfte, die wir eine Schlacht nennen, und die Ent¬
scheidungen, die hier, oft binnen wenig Stunden, gefallen sind, wirken auf
Menschenalter, ja auf Jahrhunderte hinaus. Landschaftlich ist allerdings eine
solche Wanderung meist wenig lohnend, denn eine große Schlacht verlangt vor
allein ein ebenes Gelände. Selten ist ein Schlachtfeld so malerisch wie etwa
die Gegend von Düppel mit ihrer weiten, mannigfachen Aussicht über Land
und See oder die von Trautenau mit dem Riesengebirge und dem stolzen
Kegel der Schneekoppe im Hintergrunde, und immer sind die Felder moderner
Schlachten so groß, daß ihr Besuch viel Zeit und Mühe kostet. Denn die
Ausdehnung der Schlachten ist mit der Entwicklung der Fernwaffen, der
dadurch veranlaßten Veränderung in der Taktik und der Größe der Heere
beständig gewachsen. Daher sind die Schlachtfelder des siebzehnten und des
achtzehnten Jahrhunderts im Durchschnitt noch verhältnismäßig klein, denn die
damaligen Heere überschritten selten die Größe eines modernen Armeekorps
und standen im Zeitalter der geschlossenen Lineartaktik viel gedrängter als
heute. Erst als sie mit der französischen Revolution auf die allgemeine Aus¬
hebung begründet wurden, und sich damit die Schützentaktik und die Wirkung
großer Artilleriemassen verbanden, wuchs mit der Größe und der veränderten
Aufstellung der Heere auch die räumliche Ausdehnung der Schlachtfelder.


Grenzboten IV 1898 3l>
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229233"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341867_228947/figures/grenzboten_341867_228947_229233_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Von Weißenburg bis Metz<lb/><note type="byline"> Veto Raemmel</note> von</head><lb/>
          <p xml:id="ID_783" next="#ID_784"> ur den, der sich aus den Zügen der Landschaft und den Berichten<lb/>
über historische Ereignisse ein Bild zusammenzusetzen versteht,<lb/>
kann es nichts Interessanteres und zugleich Erschütternderes<lb/>
geben als ein Schlachtfeld.  Denn nirgends treten die Kräfte<lb/>
und die Art eines Volkes sichtbarer, handgreiflicher hervor als<lb/>
M Kriege, vor allem bei der gewaltsamen Entladung der höchstgespanntcn<lb/>
physischen und geistigen Kräfte, die wir eine Schlacht nennen, und die Ent¬<lb/>
scheidungen, die hier, oft binnen wenig Stunden, gefallen sind, wirken auf<lb/>
Menschenalter, ja auf Jahrhunderte hinaus. Landschaftlich ist allerdings eine<lb/>
solche Wanderung meist wenig lohnend, denn eine große Schlacht verlangt vor<lb/>
allein ein ebenes Gelände.  Selten ist ein Schlachtfeld so malerisch wie etwa<lb/>
die Gegend von Düppel mit ihrer weiten, mannigfachen Aussicht über Land<lb/>
und See oder die von Trautenau mit dem Riesengebirge und dem stolzen<lb/>
Kegel der Schneekoppe im Hintergrunde, und immer sind die Felder moderner<lb/>
Schlachten so groß, daß ihr Besuch viel Zeit und Mühe kostet.  Denn die<lb/>
Ausdehnung der Schlachten ist mit der Entwicklung der Fernwaffen, der<lb/>
dadurch veranlaßten Veränderung in der Taktik und der Größe der Heere<lb/>
beständig gewachsen.  Daher sind die Schlachtfelder des siebzehnten und des<lb/>
achtzehnten Jahrhunderts im Durchschnitt noch verhältnismäßig klein, denn die<lb/>
damaligen Heere überschritten selten die Größe eines modernen Armeekorps<lb/>
und standen im Zeitalter der geschlossenen Lineartaktik viel gedrängter als<lb/>
heute. Erst als sie mit der französischen Revolution auf die allgemeine Aus¬<lb/>
hebung begründet wurden, und sich damit die Schützentaktik und die Wirkung<lb/>
großer Artilleriemassen verbanden, wuchs mit der Größe und der veränderten<lb/>
Aufstellung der Heere auch die räumliche Ausdehnung der Schlachtfelder.</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1898 3l&gt;</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0284] [Abbildung] Von Weißenburg bis Metz Veto Raemmel von ur den, der sich aus den Zügen der Landschaft und den Berichten über historische Ereignisse ein Bild zusammenzusetzen versteht, kann es nichts Interessanteres und zugleich Erschütternderes geben als ein Schlachtfeld. Denn nirgends treten die Kräfte und die Art eines Volkes sichtbarer, handgreiflicher hervor als M Kriege, vor allem bei der gewaltsamen Entladung der höchstgespanntcn physischen und geistigen Kräfte, die wir eine Schlacht nennen, und die Ent¬ scheidungen, die hier, oft binnen wenig Stunden, gefallen sind, wirken auf Menschenalter, ja auf Jahrhunderte hinaus. Landschaftlich ist allerdings eine solche Wanderung meist wenig lohnend, denn eine große Schlacht verlangt vor allein ein ebenes Gelände. Selten ist ein Schlachtfeld so malerisch wie etwa die Gegend von Düppel mit ihrer weiten, mannigfachen Aussicht über Land und See oder die von Trautenau mit dem Riesengebirge und dem stolzen Kegel der Schneekoppe im Hintergrunde, und immer sind die Felder moderner Schlachten so groß, daß ihr Besuch viel Zeit und Mühe kostet. Denn die Ausdehnung der Schlachten ist mit der Entwicklung der Fernwaffen, der dadurch veranlaßten Veränderung in der Taktik und der Größe der Heere beständig gewachsen. Daher sind die Schlachtfelder des siebzehnten und des achtzehnten Jahrhunderts im Durchschnitt noch verhältnismäßig klein, denn die damaligen Heere überschritten selten die Größe eines modernen Armeekorps und standen im Zeitalter der geschlossenen Lineartaktik viel gedrängter als heute. Erst als sie mit der französischen Revolution auf die allgemeine Aus¬ hebung begründet wurden, und sich damit die Schützentaktik und die Wirkung großer Artilleriemassen verbanden, wuchs mit der Größe und der veränderten Aufstellung der Heere auch die räumliche Ausdehnung der Schlachtfelder. Grenzboten IV 1898 3l>

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/284
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/284>, abgerufen am 01.05.2024.