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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Bilder aus dem vlämischen Bauernkrieg s^?9^)

angegriffen haben. Die republikanischen Truppen haben ihnen mit ihrer gewöhn¬
lichen Tapferkeit so zugesetzt, daß sie nach der ersten Niederlage gezwungen wurden
sind, mit der größten Unordnung in die Stadt hineinzuflüchten. Bei dem zweiten
Angriff haben sie die Stadt verlassen, doch haben sie eine vollständige Niederlage
auf der Straße nach Tongern erlitten und mehr als siebenhundert Tote auf dem
Platze liegen lassen. Die Erde war auf einer Fläche von mehr als einer Stunde
mit ihren Leichen bedeckt. Der Nest der Räuber hat die Waffen weggeworfen und
ist geflohen. Man hat ihnen die Kriegskasse, Bagage, verschiedne Trommeln und
ein Fähnlein mit einem roten Kreuz abgenommen. Unter den Toten hat man ver¬
schiedne Priester erkannt. Das namhafte Haupt der Anführer, Constnnt aus
Nouxmirvir, und verschiedne Offiziere sind gefangen genommen. Mehrere Fähnlein,
Meßgewänder und andre priesterliche Gewänder nebst zwei Munitionswagen sind
erbeutet.


Es lebe die Republik! Heil und Brüderlichkeit!
Colaud.

Ein andrer amtlicher Bericht, der um dieselbe Zeit veröffentlicht wurde,
lautet:

"Fünfhundert Räuber sind geblieben bei Gheel, Moll, Mcerhout und Holmes.
Man hat ihnen zwei Wagen abgenommen, mit sechs Fässern Pulver, die ihnen
aus Holland zugegangen waren. Die übrigen sind alle in die Flucht getrieben
worden."

In Gent, Brüssel und Tournai traten nun die Kriegsgerichte in Thätigkeit,
um über das Schicksal der letzten Gefangnen zu entscheiden. Ans Hasselt waren
mehr als hundert Gefangne nach Brüssel gebracht, und von ihnen wurden einund¬
zwanzig unter großem militärischem Aufgebot auf dem Königsplatz hingerichtet.
Einige andre Gefangne, darunter Constant ans Ronxmiroir, wurden erst nach
monatelanger Kerkerhaft in Tournai erschossen. Was nach den Kämpfen bei Hasselt
von Aufständischen in Belgien übrig blieb, zerstreute sich nach allen Seiten und
flüchtete in die Wälder. Eine halbe Stunde von Hasselt wurde ein großes Grab
aufgeworfen, und darin wurden die letzten Toten des Bauernkriegs beerdigt. Nun
war es still in der Gegend. Kein Waffenruf ertönte mehr. Die Blüte der Land¬
bevölkerung war gefallen, und bald bedeckte der Dezemberschnee mit seinem Weißen
Schleier das große Heldengrab.


5. Der Alöppelkrieg in Luxemburg

Die Klöppelarmee war der ruhmwürdige, aber
sterbende Rest großartiger, tausendjähriger Ver¬
gangenheit, wo Adel, Geistliche und Bauern für
den Glauben, den Kaiser und das Vaterland wie
Kalbersch. ein Mann dazustehen bereit waren.

Die Franzosen hatten nicht bloß in Belgien gegen Aufständische zu kämpfen,
auch im Norden des Luxemburger Landes, im sogenannten Osling, hatten sich die
Bauern empört, und erst nach heftigen Kämpfen gelang es den Republikanern, much
hier den Aufstand niederzuwerfen. Hier war übrigens das Gelände den Bauern
sehr günstig. In dem wilden, zerklüfteten Ardeunengebirge vermochte die Kavallerie
nicht so leicht vorzudringen, lvie in den flachen Gegenden Belgiens, und überdies
war diese Gegend, die damals nur wenige Wege aufzuweisen hatte, den Franzosen
ganz unbekannt.


Bilder aus dem vlämischen Bauernkrieg s^?9^)

angegriffen haben. Die republikanischen Truppen haben ihnen mit ihrer gewöhn¬
lichen Tapferkeit so zugesetzt, daß sie nach der ersten Niederlage gezwungen wurden
sind, mit der größten Unordnung in die Stadt hineinzuflüchten. Bei dem zweiten
Angriff haben sie die Stadt verlassen, doch haben sie eine vollständige Niederlage
auf der Straße nach Tongern erlitten und mehr als siebenhundert Tote auf dem
Platze liegen lassen. Die Erde war auf einer Fläche von mehr als einer Stunde
mit ihren Leichen bedeckt. Der Nest der Räuber hat die Waffen weggeworfen und
ist geflohen. Man hat ihnen die Kriegskasse, Bagage, verschiedne Trommeln und
ein Fähnlein mit einem roten Kreuz abgenommen. Unter den Toten hat man ver¬
schiedne Priester erkannt. Das namhafte Haupt der Anführer, Constnnt aus
Nouxmirvir, und verschiedne Offiziere sind gefangen genommen. Mehrere Fähnlein,
Meßgewänder und andre priesterliche Gewänder nebst zwei Munitionswagen sind
erbeutet.


Es lebe die Republik! Heil und Brüderlichkeit!
Colaud.

Ein andrer amtlicher Bericht, der um dieselbe Zeit veröffentlicht wurde,
lautet:

„Fünfhundert Räuber sind geblieben bei Gheel, Moll, Mcerhout und Holmes.
Man hat ihnen zwei Wagen abgenommen, mit sechs Fässern Pulver, die ihnen
aus Holland zugegangen waren. Die übrigen sind alle in die Flucht getrieben
worden."

In Gent, Brüssel und Tournai traten nun die Kriegsgerichte in Thätigkeit,
um über das Schicksal der letzten Gefangnen zu entscheiden. Ans Hasselt waren
mehr als hundert Gefangne nach Brüssel gebracht, und von ihnen wurden einund¬
zwanzig unter großem militärischem Aufgebot auf dem Königsplatz hingerichtet.
Einige andre Gefangne, darunter Constant ans Ronxmiroir, wurden erst nach
monatelanger Kerkerhaft in Tournai erschossen. Was nach den Kämpfen bei Hasselt
von Aufständischen in Belgien übrig blieb, zerstreute sich nach allen Seiten und
flüchtete in die Wälder. Eine halbe Stunde von Hasselt wurde ein großes Grab
aufgeworfen, und darin wurden die letzten Toten des Bauernkriegs beerdigt. Nun
war es still in der Gegend. Kein Waffenruf ertönte mehr. Die Blüte der Land¬
bevölkerung war gefallen, und bald bedeckte der Dezemberschnee mit seinem Weißen
Schleier das große Heldengrab.


5. Der Alöppelkrieg in Luxemburg

Die Klöppelarmee war der ruhmwürdige, aber
sterbende Rest großartiger, tausendjähriger Ver¬
gangenheit, wo Adel, Geistliche und Bauern für
den Glauben, den Kaiser und das Vaterland wie
Kalbersch. ein Mann dazustehen bereit waren.

Die Franzosen hatten nicht bloß in Belgien gegen Aufständische zu kämpfen,
auch im Norden des Luxemburger Landes, im sogenannten Osling, hatten sich die
Bauern empört, und erst nach heftigen Kämpfen gelang es den Republikanern, much
hier den Aufstand niederzuwerfen. Hier war übrigens das Gelände den Bauern
sehr günstig. In dem wilden, zerklüfteten Ardeunengebirge vermochte die Kavallerie
nicht so leicht vorzudringen, lvie in den flachen Gegenden Belgiens, und überdies
war diese Gegend, die damals nur wenige Wege aufzuweisen hatte, den Franzosen
ganz unbekannt.


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[0429] Bilder aus dem vlämischen Bauernkrieg s^?9^) angegriffen haben. Die republikanischen Truppen haben ihnen mit ihrer gewöhn¬ lichen Tapferkeit so zugesetzt, daß sie nach der ersten Niederlage gezwungen wurden sind, mit der größten Unordnung in die Stadt hineinzuflüchten. Bei dem zweiten Angriff haben sie die Stadt verlassen, doch haben sie eine vollständige Niederlage auf der Straße nach Tongern erlitten und mehr als siebenhundert Tote auf dem Platze liegen lassen. Die Erde war auf einer Fläche von mehr als einer Stunde mit ihren Leichen bedeckt. Der Nest der Räuber hat die Waffen weggeworfen und ist geflohen. Man hat ihnen die Kriegskasse, Bagage, verschiedne Trommeln und ein Fähnlein mit einem roten Kreuz abgenommen. Unter den Toten hat man ver¬ schiedne Priester erkannt. Das namhafte Haupt der Anführer, Constnnt aus Nouxmirvir, und verschiedne Offiziere sind gefangen genommen. Mehrere Fähnlein, Meßgewänder und andre priesterliche Gewänder nebst zwei Munitionswagen sind erbeutet. Es lebe die Republik! Heil und Brüderlichkeit! Colaud. Ein andrer amtlicher Bericht, der um dieselbe Zeit veröffentlicht wurde, lautet: „Fünfhundert Räuber sind geblieben bei Gheel, Moll, Mcerhout und Holmes. Man hat ihnen zwei Wagen abgenommen, mit sechs Fässern Pulver, die ihnen aus Holland zugegangen waren. Die übrigen sind alle in die Flucht getrieben worden." In Gent, Brüssel und Tournai traten nun die Kriegsgerichte in Thätigkeit, um über das Schicksal der letzten Gefangnen zu entscheiden. Ans Hasselt waren mehr als hundert Gefangne nach Brüssel gebracht, und von ihnen wurden einund¬ zwanzig unter großem militärischem Aufgebot auf dem Königsplatz hingerichtet. Einige andre Gefangne, darunter Constant ans Ronxmiroir, wurden erst nach monatelanger Kerkerhaft in Tournai erschossen. Was nach den Kämpfen bei Hasselt von Aufständischen in Belgien übrig blieb, zerstreute sich nach allen Seiten und flüchtete in die Wälder. Eine halbe Stunde von Hasselt wurde ein großes Grab aufgeworfen, und darin wurden die letzten Toten des Bauernkriegs beerdigt. Nun war es still in der Gegend. Kein Waffenruf ertönte mehr. Die Blüte der Land¬ bevölkerung war gefallen, und bald bedeckte der Dezemberschnee mit seinem Weißen Schleier das große Heldengrab. 5. Der Alöppelkrieg in Luxemburg Die Klöppelarmee war der ruhmwürdige, aber sterbende Rest großartiger, tausendjähriger Ver¬ gangenheit, wo Adel, Geistliche und Bauern für den Glauben, den Kaiser und das Vaterland wie Kalbersch. ein Mann dazustehen bereit waren. Die Franzosen hatten nicht bloß in Belgien gegen Aufständische zu kämpfen, auch im Norden des Luxemburger Landes, im sogenannten Osling, hatten sich die Bauern empört, und erst nach heftigen Kämpfen gelang es den Republikanern, much hier den Aufstand niederzuwerfen. Hier war übrigens das Gelände den Bauern sehr günstig. In dem wilden, zerklüfteten Ardeunengebirge vermochte die Kavallerie nicht so leicht vorzudringen, lvie in den flachen Gegenden Belgiens, und überdies war diese Gegend, die damals nur wenige Wege aufzuweisen hatte, den Franzosen ganz unbekannt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/429>, abgerufen am 01.05.2024.