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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die Irangiexpedition
Hans Wagner von

erüchte von Goldfunden in Deutsch-Ostafrika sind nichts neues
mehr. Neulich noch konnte der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika,
Generalmajor Liebert, in Leipzig einen Brief vorlesen, worin
jemand wieder eine solche Entdeckung mitteilte. Bisher haben
sich diese Meldungen leider immer nicht bestätigt. Wenigstens
aber sind wir für alle Fälle gesichert, denn die Juristen unsrer Kolonial¬
verwaltung haben es sich nicht nehmen lassen, schleunigst ein Schürfgesetz dem
gewaltigen Kodex von Kolonialgesetzen einzuverleiben.

Als Mann der Praxis erwies sich dagegen Premierleutnant Werther,
dem ebenfalls ein Gerücht von Goldfunden zu Ohren gekommen war. Bei
seiner Rückkehr von der Dampferexpeditivn nach dem Viktoria Nyanza (1893)
hielt sich Premierleutnant Waldemar Werther nämlich auf einige Zeit in der
den mittlern Hochländern des nördlichen Deutsch-Ostafrika zugehörige!, Land¬
schaft Jrangi auf. Dort in dem Dorfe Kondoa zeigte ihm ein befreundeter
Araber zufällig einige Körnchen Gold und erzählte ihm, er habe diese in einem
Bache gefunden und möchte wohl wissen, ob es sich lohne, darnach weiter zu
forschen. Der Mann war angeblich Elefantenjäger und pflegte sich in den
Gegenden von Umbaywa aufzuhalten. Werther fragte ihn genau aus, wo er
den Fund gemacht habe, und gewann die Überzeugung, daß der Bach, der
Fundort der Goldkörnchen, ein Zufluß des Kwoaiflusses sein müsse. Sofort
nach seiner Rückkehr nach Deutschland machte sich Premierleutnant Werther
daran, seine Entdeckung praktisch zu verwerten. Er gewann einige Hamburger
für seinen Plan und begründete zur Ausbeutung der etwa im Jrangigebiete
vorhandnen Mineralschätze eine Gesellschaft. Diese Jrangigesellschaft erhielt
vom kaiserlichen Auswärtigen Amt eine Konzession, die ihr in einem größern
Bezirk im mittlern Hochlandsgebiet auf längere Jahre das' alleinige Schürf¬
recht sowie Ländereien in einem gewissen Umfange gewährte. Als Gegen¬
verpflichtung sollte die Gesellschaft unverzüglich eine Expedition zur Erforschung
der betreffenden Landschaften ausrüsten. Das that sie denn auch. Mit der
Führung der Expedition wurde Werther selbst betraut und ihm als Fachleute


Grenzboten I 1890 A>


Die Irangiexpedition
Hans Wagner von

erüchte von Goldfunden in Deutsch-Ostafrika sind nichts neues
mehr. Neulich noch konnte der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika,
Generalmajor Liebert, in Leipzig einen Brief vorlesen, worin
jemand wieder eine solche Entdeckung mitteilte. Bisher haben
sich diese Meldungen leider immer nicht bestätigt. Wenigstens
aber sind wir für alle Fälle gesichert, denn die Juristen unsrer Kolonial¬
verwaltung haben es sich nicht nehmen lassen, schleunigst ein Schürfgesetz dem
gewaltigen Kodex von Kolonialgesetzen einzuverleiben.

Als Mann der Praxis erwies sich dagegen Premierleutnant Werther,
dem ebenfalls ein Gerücht von Goldfunden zu Ohren gekommen war. Bei
seiner Rückkehr von der Dampferexpeditivn nach dem Viktoria Nyanza (1893)
hielt sich Premierleutnant Waldemar Werther nämlich auf einige Zeit in der
den mittlern Hochländern des nördlichen Deutsch-Ostafrika zugehörige!, Land¬
schaft Jrangi auf. Dort in dem Dorfe Kondoa zeigte ihm ein befreundeter
Araber zufällig einige Körnchen Gold und erzählte ihm, er habe diese in einem
Bache gefunden und möchte wohl wissen, ob es sich lohne, darnach weiter zu
forschen. Der Mann war angeblich Elefantenjäger und pflegte sich in den
Gegenden von Umbaywa aufzuhalten. Werther fragte ihn genau aus, wo er
den Fund gemacht habe, und gewann die Überzeugung, daß der Bach, der
Fundort der Goldkörnchen, ein Zufluß des Kwoaiflusses sein müsse. Sofort
nach seiner Rückkehr nach Deutschland machte sich Premierleutnant Werther
daran, seine Entdeckung praktisch zu verwerten. Er gewann einige Hamburger
für seinen Plan und begründete zur Ausbeutung der etwa im Jrangigebiete
vorhandnen Mineralschätze eine Gesellschaft. Diese Jrangigesellschaft erhielt
vom kaiserlichen Auswärtigen Amt eine Konzession, die ihr in einem größern
Bezirk im mittlern Hochlandsgebiet auf längere Jahre das' alleinige Schürf¬
recht sowie Ländereien in einem gewissen Umfange gewährte. Als Gegen¬
verpflichtung sollte die Gesellschaft unverzüglich eine Expedition zur Erforschung
der betreffenden Landschaften ausrüsten. Das that sie denn auch. Mit der
Führung der Expedition wurde Werther selbst betraut und ihm als Fachleute


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[0209] [Abbildung] Die Irangiexpedition Hans Wagner von erüchte von Goldfunden in Deutsch-Ostafrika sind nichts neues mehr. Neulich noch konnte der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Generalmajor Liebert, in Leipzig einen Brief vorlesen, worin jemand wieder eine solche Entdeckung mitteilte. Bisher haben sich diese Meldungen leider immer nicht bestätigt. Wenigstens aber sind wir für alle Fälle gesichert, denn die Juristen unsrer Kolonial¬ verwaltung haben es sich nicht nehmen lassen, schleunigst ein Schürfgesetz dem gewaltigen Kodex von Kolonialgesetzen einzuverleiben. Als Mann der Praxis erwies sich dagegen Premierleutnant Werther, dem ebenfalls ein Gerücht von Goldfunden zu Ohren gekommen war. Bei seiner Rückkehr von der Dampferexpeditivn nach dem Viktoria Nyanza (1893) hielt sich Premierleutnant Waldemar Werther nämlich auf einige Zeit in der den mittlern Hochländern des nördlichen Deutsch-Ostafrika zugehörige!, Land¬ schaft Jrangi auf. Dort in dem Dorfe Kondoa zeigte ihm ein befreundeter Araber zufällig einige Körnchen Gold und erzählte ihm, er habe diese in einem Bache gefunden und möchte wohl wissen, ob es sich lohne, darnach weiter zu forschen. Der Mann war angeblich Elefantenjäger und pflegte sich in den Gegenden von Umbaywa aufzuhalten. Werther fragte ihn genau aus, wo er den Fund gemacht habe, und gewann die Überzeugung, daß der Bach, der Fundort der Goldkörnchen, ein Zufluß des Kwoaiflusses sein müsse. Sofort nach seiner Rückkehr nach Deutschland machte sich Premierleutnant Werther daran, seine Entdeckung praktisch zu verwerten. Er gewann einige Hamburger für seinen Plan und begründete zur Ausbeutung der etwa im Jrangigebiete vorhandnen Mineralschätze eine Gesellschaft. Diese Jrangigesellschaft erhielt vom kaiserlichen Auswärtigen Amt eine Konzession, die ihr in einem größern Bezirk im mittlern Hochlandsgebiet auf längere Jahre das' alleinige Schürf¬ recht sowie Ländereien in einem gewissen Umfange gewährte. Als Gegen¬ verpflichtung sollte die Gesellschaft unverzüglich eine Expedition zur Erforschung der betreffenden Landschaften ausrüsten. Das that sie denn auch. Mit der Führung der Expedition wurde Werther selbst betraut und ihm als Fachleute Grenzboten I 1890 A>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/209>, abgerufen am 07.05.2024.