Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die litterarische Bildung am Rhein
im vorigen Jahrhundert
Joseph Ioeste" vonin
(Fortsetzung)

ußer der geistlichen Musik nahm das Theater die Interessen der
Bonner Gesellschaft in Anspruch. Unter Max Friedrich erfuhr
die deutsche Bühne einen allgemeinen Aufschwung. Fürsten
und Höfe begannen allenthalben in Deutschland das deutsche
Drama zu unterstützen, und die Bemühungen Gotthold Ephraim
Lessings fanden auch am Rhein Beifall und führten dort einen gänzlichen
Umschwung des Geschmacks herbei. Was in Gotha der Herzog, in Mann¬
heim der pfälzische Kurfürst auf diesem Gebiete ins Werk setzte, dasselbe
unternahm Max Friedrich mit gleichem Geschick und gleichem Verständnisse.
Die in Bonn gebildete Schauspielergesellschaft (Direktoren: Reich" und Steiger)
sollte nach seinen eignen Worten dazu führen, "daß die deutsche Schauspiel¬
kunst zu einer Sittenschule für sein Volk erhoben werden möchte." Das Theater
wurde am 26. November 1778 eröffnet.") Auf dem ständigen Repertoire fanden
sich Lessings Dramen: Minna von Barnhelm, Emilia Galotti, außerdem über¬
setzte Stücke von Garrick, Beaumarchais, Goldoni und Moliere. Ferner kamen
Dramen von Shakespeare, Schillers "Räuber" und "Fiesko" neben Opern
von Gluck, Picciui, Gretry, Saechini, Hiller, Salieri, Cimarosa und Mozarts
"Entführung aus dem Serail" zur Aufführung.

In Köln bestand schon im Anfange des Jahres 1782 eine nicht unbe¬
deutende Theatergesellschaft, die später im Bonner Hoftheater aufging "zur



Die deutsche Nationalschaubühne zu Mannheim wurde im Jahre 179" errichtet, Vgl,
auch den Vortrag Leopold Kaufmanns, des frühern Oberbürgermeisters der Stadt Bonn, ab¬
gedruckt in der Kölnischen Volkszeitung vom 30. Januar, <i. und 13. Februar 1884: Die Pflege
der Musik an dem Hofe der letzten Kölnischen Kurfürsten, Kaufmann hält es für die Pflicht
der rheinischen Historiker, gegen die einseitige und befangne Auffassung über den damaligen
geistigen Zustand anzukämpfen. Er meint, "das; sie mit Erfolg das Gebiet der Kulturgeschichte
betreten könnten, um in ebenso wahrheitsgetreuer als glänzenden Bildern zu zeigen, das; am
Rhein das geistige Leben sich schon einer hohen Blüte zu erfreuen hatte, als der Osten unsers
deutschen Vaterlandes noch in der tiefen Nacht des Heidentums gebunden lag,"


Die litterarische Bildung am Rhein
im vorigen Jahrhundert
Joseph Ioeste» vonin
(Fortsetzung)

ußer der geistlichen Musik nahm das Theater die Interessen der
Bonner Gesellschaft in Anspruch. Unter Max Friedrich erfuhr
die deutsche Bühne einen allgemeinen Aufschwung. Fürsten
und Höfe begannen allenthalben in Deutschland das deutsche
Drama zu unterstützen, und die Bemühungen Gotthold Ephraim
Lessings fanden auch am Rhein Beifall und führten dort einen gänzlichen
Umschwung des Geschmacks herbei. Was in Gotha der Herzog, in Mann¬
heim der pfälzische Kurfürst auf diesem Gebiete ins Werk setzte, dasselbe
unternahm Max Friedrich mit gleichem Geschick und gleichem Verständnisse.
Die in Bonn gebildete Schauspielergesellschaft (Direktoren: Reich« und Steiger)
sollte nach seinen eignen Worten dazu führen, „daß die deutsche Schauspiel¬
kunst zu einer Sittenschule für sein Volk erhoben werden möchte." Das Theater
wurde am 26. November 1778 eröffnet.") Auf dem ständigen Repertoire fanden
sich Lessings Dramen: Minna von Barnhelm, Emilia Galotti, außerdem über¬
setzte Stücke von Garrick, Beaumarchais, Goldoni und Moliere. Ferner kamen
Dramen von Shakespeare, Schillers „Räuber" und „Fiesko" neben Opern
von Gluck, Picciui, Gretry, Saechini, Hiller, Salieri, Cimarosa und Mozarts
„Entführung aus dem Serail" zur Aufführung.

In Köln bestand schon im Anfange des Jahres 1782 eine nicht unbe¬
deutende Theatergesellschaft, die später im Bonner Hoftheater aufging „zur



Die deutsche Nationalschaubühne zu Mannheim wurde im Jahre 179» errichtet, Vgl,
auch den Vortrag Leopold Kaufmanns, des frühern Oberbürgermeisters der Stadt Bonn, ab¬
gedruckt in der Kölnischen Volkszeitung vom 30. Januar, <i. und 13. Februar 1884: Die Pflege
der Musik an dem Hofe der letzten Kölnischen Kurfürsten, Kaufmann hält es für die Pflicht
der rheinischen Historiker, gegen die einseitige und befangne Auffassung über den damaligen
geistigen Zustand anzukämpfen. Er meint, „das; sie mit Erfolg das Gebiet der Kulturgeschichte
betreten könnten, um in ebenso wahrheitsgetreuer als glänzenden Bildern zu zeigen, das; am
Rhein das geistige Leben sich schon einer hohen Blüte zu erfreuen hatte, als der Osten unsers
deutschen Vaterlandes noch in der tiefen Nacht des Heidentums gebunden lag,"
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229961"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341869_229685/figures/grenzboten_341869_229685_229961_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die litterarische Bildung am Rhein<lb/>
im vorigen Jahrhundert<lb/><note type="byline"> Joseph Ioeste» </note> vonin<lb/>
(Fortsetzung) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_1101"> ußer der geistlichen Musik nahm das Theater die Interessen der<lb/>
Bonner Gesellschaft in Anspruch. Unter Max Friedrich erfuhr<lb/>
die deutsche Bühne einen allgemeinen Aufschwung. Fürsten<lb/>
und Höfe begannen allenthalben in Deutschland das deutsche<lb/>
Drama zu unterstützen, und die Bemühungen Gotthold Ephraim<lb/>
Lessings fanden auch am Rhein Beifall und führten dort einen gänzlichen<lb/>
Umschwung des Geschmacks herbei. Was in Gotha der Herzog, in Mann¬<lb/>
heim der pfälzische Kurfürst auf diesem Gebiete ins Werk setzte, dasselbe<lb/>
unternahm Max Friedrich mit gleichem Geschick und gleichem Verständnisse.<lb/>
Die in Bonn gebildete Schauspielergesellschaft (Direktoren: Reich« und Steiger)<lb/>
sollte nach seinen eignen Worten dazu führen, &#x201E;daß die deutsche Schauspiel¬<lb/>
kunst zu einer Sittenschule für sein Volk erhoben werden möchte." Das Theater<lb/>
wurde am 26. November 1778 eröffnet.") Auf dem ständigen Repertoire fanden<lb/>
sich Lessings Dramen: Minna von Barnhelm, Emilia Galotti, außerdem über¬<lb/>
setzte Stücke von Garrick, Beaumarchais, Goldoni und Moliere. Ferner kamen<lb/>
Dramen von Shakespeare, Schillers &#x201E;Räuber" und &#x201E;Fiesko" neben Opern<lb/>
von Gluck, Picciui, Gretry, Saechini, Hiller, Salieri, Cimarosa und Mozarts<lb/>
&#x201E;Entführung aus dem Serail" zur Aufführung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1102" next="#ID_1103"> In Köln bestand schon im Anfange des Jahres 1782 eine nicht unbe¬<lb/>
deutende Theatergesellschaft, die später im Bonner Hoftheater aufging &#x201E;zur</p><lb/>
          <note xml:id="FID_54" place="foot"> Die deutsche Nationalschaubühne zu Mannheim wurde im Jahre 179» errichtet, Vgl,<lb/>
auch den Vortrag Leopold Kaufmanns, des frühern Oberbürgermeisters der Stadt Bonn, ab¬<lb/>
gedruckt in der Kölnischen Volkszeitung vom 30. Januar, &lt;i. und 13. Februar 1884: Die Pflege<lb/>
der Musik an dem Hofe der letzten Kölnischen Kurfürsten, Kaufmann hält es für die Pflicht<lb/>
der rheinischen Historiker, gegen die einseitige und befangne Auffassung über den damaligen<lb/>
geistigen Zustand anzukämpfen. Er meint, &#x201E;das; sie mit Erfolg das Gebiet der Kulturgeschichte<lb/>
betreten könnten, um in ebenso wahrheitsgetreuer als glänzenden Bildern zu zeigen, das; am<lb/>
Rhein das geistige Leben sich schon einer hohen Blüte zu erfreuen hatte, als der Osten unsers<lb/>
deutschen Vaterlandes noch in der tiefen Nacht des Heidentums gebunden lag,"</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0275] [Abbildung] Die litterarische Bildung am Rhein im vorigen Jahrhundert Joseph Ioeste» vonin (Fortsetzung) ußer der geistlichen Musik nahm das Theater die Interessen der Bonner Gesellschaft in Anspruch. Unter Max Friedrich erfuhr die deutsche Bühne einen allgemeinen Aufschwung. Fürsten und Höfe begannen allenthalben in Deutschland das deutsche Drama zu unterstützen, und die Bemühungen Gotthold Ephraim Lessings fanden auch am Rhein Beifall und führten dort einen gänzlichen Umschwung des Geschmacks herbei. Was in Gotha der Herzog, in Mann¬ heim der pfälzische Kurfürst auf diesem Gebiete ins Werk setzte, dasselbe unternahm Max Friedrich mit gleichem Geschick und gleichem Verständnisse. Die in Bonn gebildete Schauspielergesellschaft (Direktoren: Reich« und Steiger) sollte nach seinen eignen Worten dazu führen, „daß die deutsche Schauspiel¬ kunst zu einer Sittenschule für sein Volk erhoben werden möchte." Das Theater wurde am 26. November 1778 eröffnet.") Auf dem ständigen Repertoire fanden sich Lessings Dramen: Minna von Barnhelm, Emilia Galotti, außerdem über¬ setzte Stücke von Garrick, Beaumarchais, Goldoni und Moliere. Ferner kamen Dramen von Shakespeare, Schillers „Räuber" und „Fiesko" neben Opern von Gluck, Picciui, Gretry, Saechini, Hiller, Salieri, Cimarosa und Mozarts „Entführung aus dem Serail" zur Aufführung. In Köln bestand schon im Anfange des Jahres 1782 eine nicht unbe¬ deutende Theatergesellschaft, die später im Bonner Hoftheater aufging „zur Die deutsche Nationalschaubühne zu Mannheim wurde im Jahre 179» errichtet, Vgl, auch den Vortrag Leopold Kaufmanns, des frühern Oberbürgermeisters der Stadt Bonn, ab¬ gedruckt in der Kölnischen Volkszeitung vom 30. Januar, <i. und 13. Februar 1884: Die Pflege der Musik an dem Hofe der letzten Kölnischen Kurfürsten, Kaufmann hält es für die Pflicht der rheinischen Historiker, gegen die einseitige und befangne Auffassung über den damaligen geistigen Zustand anzukämpfen. Er meint, „das; sie mit Erfolg das Gebiet der Kulturgeschichte betreten könnten, um in ebenso wahrheitsgetreuer als glänzenden Bildern zu zeigen, das; am Rhein das geistige Leben sich schon einer hohen Blüte zu erfreuen hatte, als der Osten unsers deutschen Vaterlandes noch in der tiefen Nacht des Heidentums gebunden lag,"

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/275
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/275>, abgerufen am 07.05.2024.