Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Litteratur Schulinspektor, also durch seine Beförderung zu einem höhern Stantsamte, habe er Litteratur Erbauliche Bücher. Das erste ist für Katholiken geschrieben und zwar für Pauline Craven, die 1891 im Alter vou zweiuudachtzig Jahren in Paris Pauline und ihre sechs Geschwister waren regsamen Geistes und warmblütige Litteratur Schulinspektor, also durch seine Beförderung zu einem höhern Stantsamte, habe er Litteratur Erbauliche Bücher. Das erste ist für Katholiken geschrieben und zwar für Pauline Craven, die 1891 im Alter vou zweiuudachtzig Jahren in Paris Pauline und ihre sechs Geschwister waren regsamen Geistes und warmblütige <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0571" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230257"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_2368" prev="#ID_2367"> Schulinspektor, also durch seine Beförderung zu einem höhern Stantsamte, habe er<lb/> die mit dem vorigen Amte erworbnen Rechte verloren. Gewiß interessant! Ja,<lb/> werden die Herren Juristen sagen, wenn wir die Gesetze so verstehen wollten, wie<lb/> es der einfache Wortlaut nahe legt, wozu wäre denn da das juristische Studium<lb/> notwendig? Da könnte ja jeder Bauer Richter sein! Wer die Sache genauer<lb/> studieren will, findet die ausführliche Darstellung im 27. Bande der Pädagogischen<lb/> Blätter S. 643 bis 663.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <div n="2"> <head> Erbauliche Bücher. </head> <p xml:id="ID_2369"> Das erste ist für Katholiken geschrieben und zwar für<lb/> vornehme. Es bewegt sich um die höchsten Spitzen der irdischen Gesellschaft, es<lb/> giebt eine Kombination von Geist, Weltförmigkeit und Religiosität, so pikant, ver¬<lb/> führerisch, suggestiv, möchte man sagen, wie ich mich nicht erinnere, sie in irgend<lb/> einem ähnlichen Buche gefunden zu haben. Das andre, für evangelische Leser, be¬<lb/> schäftigt sich mit dem Gemütsleben eines engen und kleinen, beinahe ärmlichen<lb/> Familienkreises und ist von einer Einfachheit des Gegenstands und der künstlerischen<lb/> Bearbeitung, daß man sie bei einem doch unterhaltenden Buche von vornherein nicht<lb/> für möglich halten wird: die Natur selbst hat hier die ganze Wirkung übernommen.<lb/> Dort agieren Franzosen, Italiener, Engländer, vom Fürsten bis zum einfachen Baron,<lb/> durcheinander in verschiednen Ländern und in den europäische» Hauptstädten. Hier<lb/> sitzt eine alte Handwerkersfran, umgeben von ihren Kindern, zeitlebens auf ihrem ein¬<lb/> samen schottischen Dorfe und bildet den Mittelpunkt ihres Kreises, wie die Welt¬<lb/> dame es in dem vornehmern Buche für den ihren thut. Beide Bücher find ius<lb/> Deutsche übersetzt. Beginnen wir mit dem ersten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2370"> Pauline Craven, die 1891 im Alter vou zweiuudachtzig Jahren in Paris<lb/> starb, war die Tochter eines alten legitimistischen Grafenhnuses, ihr Vater war Ge¬<lb/> sandter Karls X. am Hofe von Neapel. Dort heiratete sie 1334 Augustas Craven,<lb/> den Sohn des bekannten, unmenschlich reichen Lords. Weil aber Augustus aus<lb/> Liebe zu seiner Gattin zu ihrem Glauben übertrat, so entging ihm nicht nur ein<lb/> Teil der väterlichen Erbschaft, sondern seine Laufbahn als englischer Diplomat<lb/> wurde dadurch zerstört, und der an Thätigkeit gewöhnte Mann fiel von einem<lb/> Projekt ans das andre. Er wechselt seinen Aufenthalt (Neapel, London, Rom,<lb/> Paris), verliert sein Vermögen und stirbt 1884. Das war der schwere Preis, mit<lb/> dem Pauline die Erfüllung ihres Herzenswunsches zu zahlen hatte. Sie selbst<lb/> überlebte dann ihren Gatten nur noch wenige Jahre und starb halbseitig gelähmt<lb/> und seit elf Monaten sprachlos. Paulinens Freundin war eine Herzogin Fieschi,<lb/> die sie seit 1840 kannte — die Frauen wechselten Briefe, wenn Pauline abwesend<lb/> war —, und diese Freundin hat, zum Teil mit den Worten der Briefe, ein kurzes,<lb/> sehr eindruckvolles Lebensbild Paulinens geschrieben, das von Marie von Kraut<lb/> übersetzt worden ist und nach zwei Jahren schon in zweiter Auflage erscheint<lb/> (Berlin, Mittler und Sohn). Es hat also seinen Leserkreis gefunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2371" next="#ID_2372"> Pauline und ihre sechs Geschwister waren regsamen Geistes und warmblütige<lb/> Menschen, sie selbst galt unbestritten als die am reichsten begabte, sie war auch<lb/> körperlich verhältnismäßig kräftig, während die andern an organischen Krankheiten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0571]
Litteratur
Schulinspektor, also durch seine Beförderung zu einem höhern Stantsamte, habe er
die mit dem vorigen Amte erworbnen Rechte verloren. Gewiß interessant! Ja,
werden die Herren Juristen sagen, wenn wir die Gesetze so verstehen wollten, wie
es der einfache Wortlaut nahe legt, wozu wäre denn da das juristische Studium
notwendig? Da könnte ja jeder Bauer Richter sein! Wer die Sache genauer
studieren will, findet die ausführliche Darstellung im 27. Bande der Pädagogischen
Blätter S. 643 bis 663.
Litteratur
Erbauliche Bücher. Das erste ist für Katholiken geschrieben und zwar für
vornehme. Es bewegt sich um die höchsten Spitzen der irdischen Gesellschaft, es
giebt eine Kombination von Geist, Weltförmigkeit und Religiosität, so pikant, ver¬
führerisch, suggestiv, möchte man sagen, wie ich mich nicht erinnere, sie in irgend
einem ähnlichen Buche gefunden zu haben. Das andre, für evangelische Leser, be¬
schäftigt sich mit dem Gemütsleben eines engen und kleinen, beinahe ärmlichen
Familienkreises und ist von einer Einfachheit des Gegenstands und der künstlerischen
Bearbeitung, daß man sie bei einem doch unterhaltenden Buche von vornherein nicht
für möglich halten wird: die Natur selbst hat hier die ganze Wirkung übernommen.
Dort agieren Franzosen, Italiener, Engländer, vom Fürsten bis zum einfachen Baron,
durcheinander in verschiednen Ländern und in den europäische» Hauptstädten. Hier
sitzt eine alte Handwerkersfran, umgeben von ihren Kindern, zeitlebens auf ihrem ein¬
samen schottischen Dorfe und bildet den Mittelpunkt ihres Kreises, wie die Welt¬
dame es in dem vornehmern Buche für den ihren thut. Beide Bücher find ius
Deutsche übersetzt. Beginnen wir mit dem ersten.
Pauline Craven, die 1891 im Alter vou zweiuudachtzig Jahren in Paris
starb, war die Tochter eines alten legitimistischen Grafenhnuses, ihr Vater war Ge¬
sandter Karls X. am Hofe von Neapel. Dort heiratete sie 1334 Augustas Craven,
den Sohn des bekannten, unmenschlich reichen Lords. Weil aber Augustus aus
Liebe zu seiner Gattin zu ihrem Glauben übertrat, so entging ihm nicht nur ein
Teil der väterlichen Erbschaft, sondern seine Laufbahn als englischer Diplomat
wurde dadurch zerstört, und der an Thätigkeit gewöhnte Mann fiel von einem
Projekt ans das andre. Er wechselt seinen Aufenthalt (Neapel, London, Rom,
Paris), verliert sein Vermögen und stirbt 1884. Das war der schwere Preis, mit
dem Pauline die Erfüllung ihres Herzenswunsches zu zahlen hatte. Sie selbst
überlebte dann ihren Gatten nur noch wenige Jahre und starb halbseitig gelähmt
und seit elf Monaten sprachlos. Paulinens Freundin war eine Herzogin Fieschi,
die sie seit 1840 kannte — die Frauen wechselten Briefe, wenn Pauline abwesend
war —, und diese Freundin hat, zum Teil mit den Worten der Briefe, ein kurzes,
sehr eindruckvolles Lebensbild Paulinens geschrieben, das von Marie von Kraut
übersetzt worden ist und nach zwei Jahren schon in zweiter Auflage erscheint
(Berlin, Mittler und Sohn). Es hat also seinen Leserkreis gefunden.
Pauline und ihre sechs Geschwister waren regsamen Geistes und warmblütige
Menschen, sie selbst galt unbestritten als die am reichsten begabte, sie war auch
körperlich verhältnismäßig kräftig, während die andern an organischen Krankheiten
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