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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.

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Döllingers Jugend

dem Könige, meinem Herrn, zur Unterstützung der Unzufriednen in Italien
durch Geld und Waffen, welche sie zu haben wünschten, zu raten." Denn,
setzt er hinzu: "Ich fand den Krieg, wie er lag ^vor Metz, aber schon nach
Weißenburg, Wörth und Saarbrückens, zu ernst und zu gefährlich, um in
einem Kampfe, in dem nicht nur unsre nationale Zukunft, sondern auch unsre
staatliche Existenz auf dem Spiele stand, mich zur Ablehnung irgend eines
Beistandes bei bedenklicher Lage der Dinge für berechtigt zu halten." ^) Ein
eigentümliches Licht wirft auf diese Beziehungen ein Artikel ^von Karl Blind^
aus London vom 13. April 18742) ^ wie es scheint, seither kaum be¬
achteten Notiz: "Zwischen deutschen Vaterlandsfreunden und der italienischen
Aktionspartei waren in jenen Tagen Verbindungen angeknüpft worden, um
unter national-demokratischer Fahne einen neuen Ansturm gegen Rom herbei¬
zuführen. Über London ging diese Verbindung ^offenbar durch Karl Vlind^.
Mazzini, damals in Genua, hatte die Anträge angenommen. Waffen und
Geldmittel lagen bereit."

(Schluß folgt)




Döllmgers Jugend
(Schluß)

le die Männer der "Kongregation" keine Freunde der Jesuiten
waren, so auch keine Feinde der politischen Freiheit und des
Verfaffungsstaatcs. Sie waren nur Gegner eines Liberalis¬
mus, der alle Andersgesinnten für Feinde der Toleranz erklärt
und verlangt, daß diesen Feinden der Toleranz der Hals ab¬
geschnitten werde, wie Döllinger mit einem Scherzworte Swifts in dem Streite
um die gemischten Ehen einmal äußert. Bei diesem Streite empörte es ihn,
daß der Geistliche gezwungen werden solle, eine Ehe einzusegnen, deren Ein¬
segnung gegen sein Gewissen gehe, und er erinnerte an Irland, wo bis zum
Ende des vorigen Jahrhunderts das Gesetz gegolten habe, daß der katholische
Priester, der Brautleute gemischter Konfession traue, mit dem Tode zu be¬
strafen sei. Es walte freilich der kleine Unterschied ob, daß in Irland die
Geistlichen gezwungen worden seien, von der Einsegnung abzustehen, während
sie in Bayern gezwungen werden sollten, die Einsegnung vorzunehmen, aber




') Gedanken und Erinnerungen 103.
°) In der "Dresdner Presse" vom 16. April 1874.
Döllingers Jugend

dem Könige, meinem Herrn, zur Unterstützung der Unzufriednen in Italien
durch Geld und Waffen, welche sie zu haben wünschten, zu raten." Denn,
setzt er hinzu: „Ich fand den Krieg, wie er lag ^vor Metz, aber schon nach
Weißenburg, Wörth und Saarbrückens, zu ernst und zu gefährlich, um in
einem Kampfe, in dem nicht nur unsre nationale Zukunft, sondern auch unsre
staatliche Existenz auf dem Spiele stand, mich zur Ablehnung irgend eines
Beistandes bei bedenklicher Lage der Dinge für berechtigt zu halten." ^) Ein
eigentümliches Licht wirft auf diese Beziehungen ein Artikel ^von Karl Blind^
aus London vom 13. April 18742) ^ wie es scheint, seither kaum be¬
achteten Notiz: „Zwischen deutschen Vaterlandsfreunden und der italienischen
Aktionspartei waren in jenen Tagen Verbindungen angeknüpft worden, um
unter national-demokratischer Fahne einen neuen Ansturm gegen Rom herbei¬
zuführen. Über London ging diese Verbindung ^offenbar durch Karl Vlind^.
Mazzini, damals in Genua, hatte die Anträge angenommen. Waffen und
Geldmittel lagen bereit."

(Schluß folgt)




Döllmgers Jugend
(Schluß)

le die Männer der „Kongregation" keine Freunde der Jesuiten
waren, so auch keine Feinde der politischen Freiheit und des
Verfaffungsstaatcs. Sie waren nur Gegner eines Liberalis¬
mus, der alle Andersgesinnten für Feinde der Toleranz erklärt
und verlangt, daß diesen Feinden der Toleranz der Hals ab¬
geschnitten werde, wie Döllinger mit einem Scherzworte Swifts in dem Streite
um die gemischten Ehen einmal äußert. Bei diesem Streite empörte es ihn,
daß der Geistliche gezwungen werden solle, eine Ehe einzusegnen, deren Ein¬
segnung gegen sein Gewissen gehe, und er erinnerte an Irland, wo bis zum
Ende des vorigen Jahrhunderts das Gesetz gegolten habe, daß der katholische
Priester, der Brautleute gemischter Konfession traue, mit dem Tode zu be¬
strafen sei. Es walte freilich der kleine Unterschied ob, daß in Irland die
Geistlichen gezwungen worden seien, von der Einsegnung abzustehen, während
sie in Bayern gezwungen werden sollten, die Einsegnung vorzunehmen, aber




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°) In der „Dresdner Presse" vom 16. April 1874.
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[0578] Döllingers Jugend dem Könige, meinem Herrn, zur Unterstützung der Unzufriednen in Italien durch Geld und Waffen, welche sie zu haben wünschten, zu raten." Denn, setzt er hinzu: „Ich fand den Krieg, wie er lag ^vor Metz, aber schon nach Weißenburg, Wörth und Saarbrückens, zu ernst und zu gefährlich, um in einem Kampfe, in dem nicht nur unsre nationale Zukunft, sondern auch unsre staatliche Existenz auf dem Spiele stand, mich zur Ablehnung irgend eines Beistandes bei bedenklicher Lage der Dinge für berechtigt zu halten." ^) Ein eigentümliches Licht wirft auf diese Beziehungen ein Artikel ^von Karl Blind^ aus London vom 13. April 18742) ^ wie es scheint, seither kaum be¬ achteten Notiz: „Zwischen deutschen Vaterlandsfreunden und der italienischen Aktionspartei waren in jenen Tagen Verbindungen angeknüpft worden, um unter national-demokratischer Fahne einen neuen Ansturm gegen Rom herbei¬ zuführen. Über London ging diese Verbindung ^offenbar durch Karl Vlind^. Mazzini, damals in Genua, hatte die Anträge angenommen. Waffen und Geldmittel lagen bereit." (Schluß folgt) Döllmgers Jugend (Schluß) le die Männer der „Kongregation" keine Freunde der Jesuiten waren, so auch keine Feinde der politischen Freiheit und des Verfaffungsstaatcs. Sie waren nur Gegner eines Liberalis¬ mus, der alle Andersgesinnten für Feinde der Toleranz erklärt und verlangt, daß diesen Feinden der Toleranz der Hals ab¬ geschnitten werde, wie Döllinger mit einem Scherzworte Swifts in dem Streite um die gemischten Ehen einmal äußert. Bei diesem Streite empörte es ihn, daß der Geistliche gezwungen werden solle, eine Ehe einzusegnen, deren Ein¬ segnung gegen sein Gewissen gehe, und er erinnerte an Irland, wo bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts das Gesetz gegolten habe, daß der katholische Priester, der Brautleute gemischter Konfession traue, mit dem Tode zu be¬ strafen sei. Es walte freilich der kleine Unterschied ob, daß in Irland die Geistlichen gezwungen worden seien, von der Einsegnung abzustehen, während sie in Bayern gezwungen werden sollten, die Einsegnung vorzunehmen, aber ') Gedanken und Erinnerungen 103. °) In der „Dresdner Presse" vom 16. April 1874.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_230431/578>, abgerufen am 30.04.2024.