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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr.

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Lin "nen"entdeckter Michelangelo

hätten, den Herrn spielten und die Völker im Süden auf das schändlichste
unterdrückten. Die Sprachenfrage sei zu einer Machtfrage geworden, und auch
der fortwährende Hinweis auf die Notwendigkeit der einheitlichen Armeesprache
solle nur der Erringung der Hegemonie dienen. Das tschechische Volk gehe
ohne Furcht in deu Kampf, wenn auf dem Wege der Ungerechtigkeit fort¬
gefahren werde.

Nachdem noch der polenfrenndliche Nuthene Wachnianin erklärt hatte,
an dem Programm der Rechten festzuhalten, das die nationale Gleichberechtigung
für alle Völkerstämme auf Grund der geltenden Staatsgrundgesetze anstrebe,
und auf Antrag des Klerikalen Kathrein der Schluß der Debatte beschlossen
worden war, schloß der tschechische Geueralredner der Majorität, der Abge¬
ordnete v. Placzek, daß diesesmal die Fenster der Hofburg thatsächlich vou der
schärfer" Tonart geklirrt zu haben schienen wie zu der Zeit des Krimkriegs,
wo Österreich nach dem Worte des Ministers Schwarzenberg das Erstaunen
der Welt durch seine Undankbarkeit hervorgerufen habe. Nun sei es auch un¬
dankbar gegen eins seiner treusten Völker. Gegenüber dem ungerechten Be¬
ginnen der Negierung verschwänden alle ihre sonstigen Eigenschaften. Darum
riefen die Tschechen bei aller Ruhe und Besonnenheit: "Weg mit dieser
Regierung!"

Damit war die Debatte über die Regierungserklärung abgeschlossen. Der
Einfluß des Monarchen ermöglichte am nächsten Tage die Delegationswahl,
aber neben der Bewilligung der sonstigen Staatsnotwendigkeiten will die Rechte
dem Grafen Clary kein Budgetprovisorinm gewähren und ihn so zum Rücktritt
oder zur Anwendung des Z 14 zwingen.




Gin "neu"entdeckter Michelangelo
Ronrad Lange von

eueutdeckt ist die Statue, um die es sich hier handelt, und von
der diesem Heft zwei Abbildungen beigegeben sind, eigentlich
nicht, da ich sie schon vor siebzehn Jahren gefunden und als
Werk Michelangelos bekannt gemacht habe. Dennoch darf ich
sie als nencntdeckt bezeichnen, da man erst jetzt nach langem syste¬
matischem Totschweigen meiner Entdeckung für nötig gehalten hat, sie an Ort
und Stelle vor dem Original nachzuprüfen und sie dabei, wie vorauszusehen
war, vollkommen bestätigt gefunden hat. Der Privatgelehrte Comet von


Lin „nen"entdeckter Michelangelo

hätten, den Herrn spielten und die Völker im Süden auf das schändlichste
unterdrückten. Die Sprachenfrage sei zu einer Machtfrage geworden, und auch
der fortwährende Hinweis auf die Notwendigkeit der einheitlichen Armeesprache
solle nur der Erringung der Hegemonie dienen. Das tschechische Volk gehe
ohne Furcht in deu Kampf, wenn auf dem Wege der Ungerechtigkeit fort¬
gefahren werde.

Nachdem noch der polenfrenndliche Nuthene Wachnianin erklärt hatte,
an dem Programm der Rechten festzuhalten, das die nationale Gleichberechtigung
für alle Völkerstämme auf Grund der geltenden Staatsgrundgesetze anstrebe,
und auf Antrag des Klerikalen Kathrein der Schluß der Debatte beschlossen
worden war, schloß der tschechische Geueralredner der Majorität, der Abge¬
ordnete v. Placzek, daß diesesmal die Fenster der Hofburg thatsächlich vou der
schärfer» Tonart geklirrt zu haben schienen wie zu der Zeit des Krimkriegs,
wo Österreich nach dem Worte des Ministers Schwarzenberg das Erstaunen
der Welt durch seine Undankbarkeit hervorgerufen habe. Nun sei es auch un¬
dankbar gegen eins seiner treusten Völker. Gegenüber dem ungerechten Be¬
ginnen der Negierung verschwänden alle ihre sonstigen Eigenschaften. Darum
riefen die Tschechen bei aller Ruhe und Besonnenheit: „Weg mit dieser
Regierung!"

Damit war die Debatte über die Regierungserklärung abgeschlossen. Der
Einfluß des Monarchen ermöglichte am nächsten Tage die Delegationswahl,
aber neben der Bewilligung der sonstigen Staatsnotwendigkeiten will die Rechte
dem Grafen Clary kein Budgetprovisorinm gewähren und ihn so zum Rücktritt
oder zur Anwendung des Z 14 zwingen.




Gin „neu"entdeckter Michelangelo
Ronrad Lange von

eueutdeckt ist die Statue, um die es sich hier handelt, und von
der diesem Heft zwei Abbildungen beigegeben sind, eigentlich
nicht, da ich sie schon vor siebzehn Jahren gefunden und als
Werk Michelangelos bekannt gemacht habe. Dennoch darf ich
sie als nencntdeckt bezeichnen, da man erst jetzt nach langem syste¬
matischem Totschweigen meiner Entdeckung für nötig gehalten hat, sie an Ort
und Stelle vor dem Original nachzuprüfen und sie dabei, wie vorauszusehen
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[0416] Lin „nen"entdeckter Michelangelo hätten, den Herrn spielten und die Völker im Süden auf das schändlichste unterdrückten. Die Sprachenfrage sei zu einer Machtfrage geworden, und auch der fortwährende Hinweis auf die Notwendigkeit der einheitlichen Armeesprache solle nur der Erringung der Hegemonie dienen. Das tschechische Volk gehe ohne Furcht in deu Kampf, wenn auf dem Wege der Ungerechtigkeit fort¬ gefahren werde. Nachdem noch der polenfrenndliche Nuthene Wachnianin erklärt hatte, an dem Programm der Rechten festzuhalten, das die nationale Gleichberechtigung für alle Völkerstämme auf Grund der geltenden Staatsgrundgesetze anstrebe, und auf Antrag des Klerikalen Kathrein der Schluß der Debatte beschlossen worden war, schloß der tschechische Geueralredner der Majorität, der Abge¬ ordnete v. Placzek, daß diesesmal die Fenster der Hofburg thatsächlich vou der schärfer» Tonart geklirrt zu haben schienen wie zu der Zeit des Krimkriegs, wo Österreich nach dem Worte des Ministers Schwarzenberg das Erstaunen der Welt durch seine Undankbarkeit hervorgerufen habe. Nun sei es auch un¬ dankbar gegen eins seiner treusten Völker. Gegenüber dem ungerechten Be¬ ginnen der Negierung verschwänden alle ihre sonstigen Eigenschaften. Darum riefen die Tschechen bei aller Ruhe und Besonnenheit: „Weg mit dieser Regierung!" Damit war die Debatte über die Regierungserklärung abgeschlossen. Der Einfluß des Monarchen ermöglichte am nächsten Tage die Delegationswahl, aber neben der Bewilligung der sonstigen Staatsnotwendigkeiten will die Rechte dem Grafen Clary kein Budgetprovisorinm gewähren und ihn so zum Rücktritt oder zur Anwendung des Z 14 zwingen. Gin „neu"entdeckter Michelangelo Ronrad Lange von eueutdeckt ist die Statue, um die es sich hier handelt, und von der diesem Heft zwei Abbildungen beigegeben sind, eigentlich nicht, da ich sie schon vor siebzehn Jahren gefunden und als Werk Michelangelos bekannt gemacht habe. Dennoch darf ich sie als nencntdeckt bezeichnen, da man erst jetzt nach langem syste¬ matischem Totschweigen meiner Entdeckung für nötig gehalten hat, sie an Ort und Stelle vor dem Original nachzuprüfen und sie dabei, wie vorauszusehen war, vollkommen bestätigt gefunden hat. Der Privatgelehrte Comet von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231811/416>, abgerufen am 07.05.2024.