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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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und es ist bis jetzt mindestens sehr zweifelhaft, ob der sofort in Aussicht gc-
nvmmne nächste Regierungswechsel den im Reichsrat vertretncn Königreichen
und Ländern und den sie bewohnenden Völkern im Laufe der nächsten Zeit
wenn auch nicht einen endgiltigen nationalen Frieden, so doch wenigstens eine
Art von Waffenstillstand oder auch nur eine fühlbare Milderung des schon die
Grundlagen des staatlichen Bestands angreifenden erbitterten Nationalitüten
zwists bringen wird. Als der Mann, der an die Spitze dieses neuen Beamten¬
ministeriums, dieser Vorbereitung einer nur nach Annahme eines Sprachen¬
gesetzes möglichen parlamentarischen Regierung treten soll, wird in erster Reihe
der bisherige Minister des Innern, Dr. Ernst von Körber, eine allseits als
ebenso milde und sympathische wie als charaktervoll anerkannte Persönlichkeit,
bezeichnet.

Das Gefühl, daß es so nicht weiter gehn könne, daß auf die Dauer ebenso
wenig eine Regierung gegen die geeinigten Deutschen wie eine solche gegen
die verbündeten Slawen möglich sei, und daß nur auf gesetzlichem Wege eine
halbwegs befriedigende Regelung der Sprachenverhültnisse erzielt werden könne,
ist inzwischen immer allgemeiner in das Bewußtsein der Bewohner Österreichs
eingedrungen. So darf man vielleicht hoffen, daß der nächste Regierungs¬
wechsel eine nationale Verständigung anbahnen und der übernächste sie zu einem
gedeihlichen Abschlüsse bringen werde.




Die Neugestaltung der subventionierten Reichsvost-
damvferlinien nach Gstasien und Australien
von p. G. Müller

l
e Grenzboten haben in den Heften 2 und 3 vom Jahre 1897
einen Aufsatz ^) gebracht, worin die Entwicklung der subventio¬
nierten Reichslinien nach Ostasien, Australien und Ostafrika dar¬
gestellt ist. Der Aufsatz schließt mit einem Hinweis auf die
von der Regierung beabsichtigte Neugestaltung der ostasiatische"
Dampfcrlinien durch Verdopplung der Fahrten auf dieser Linie und durch Er¬
höhung der Fahrgeschwindigkeit der Dampfer. Wie in diesem Aufsätze bemerkt
wird, war die Regierung durch die überlegne ausländische Konkurrenz zur Er¬
greifung dieser Maßregeln gezwungen und ferner durch den starken Andrang
der zu verschiffenden Güter. Dieser letzte Umstand hatte schon 1890 zu Ver¬
handlungen zwischen der Reichsregierung und dem Norddeutschen Lloyd Ver-



') Unsre Postdampferlinien von Franz Horstmann,

und es ist bis jetzt mindestens sehr zweifelhaft, ob der sofort in Aussicht gc-
nvmmne nächste Regierungswechsel den im Reichsrat vertretncn Königreichen
und Ländern und den sie bewohnenden Völkern im Laufe der nächsten Zeit
wenn auch nicht einen endgiltigen nationalen Frieden, so doch wenigstens eine
Art von Waffenstillstand oder auch nur eine fühlbare Milderung des schon die
Grundlagen des staatlichen Bestands angreifenden erbitterten Nationalitüten
zwists bringen wird. Als der Mann, der an die Spitze dieses neuen Beamten¬
ministeriums, dieser Vorbereitung einer nur nach Annahme eines Sprachen¬
gesetzes möglichen parlamentarischen Regierung treten soll, wird in erster Reihe
der bisherige Minister des Innern, Dr. Ernst von Körber, eine allseits als
ebenso milde und sympathische wie als charaktervoll anerkannte Persönlichkeit,
bezeichnet.

Das Gefühl, daß es so nicht weiter gehn könne, daß auf die Dauer ebenso
wenig eine Regierung gegen die geeinigten Deutschen wie eine solche gegen
die verbündeten Slawen möglich sei, und daß nur auf gesetzlichem Wege eine
halbwegs befriedigende Regelung der Sprachenverhültnisse erzielt werden könne,
ist inzwischen immer allgemeiner in das Bewußtsein der Bewohner Österreichs
eingedrungen. So darf man vielleicht hoffen, daß der nächste Regierungs¬
wechsel eine nationale Verständigung anbahnen und der übernächste sie zu einem
gedeihlichen Abschlüsse bringen werde.




Die Neugestaltung der subventionierten Reichsvost-
damvferlinien nach Gstasien und Australien
von p. G. Müller

l
e Grenzboten haben in den Heften 2 und 3 vom Jahre 1897
einen Aufsatz ^) gebracht, worin die Entwicklung der subventio¬
nierten Reichslinien nach Ostasien, Australien und Ostafrika dar¬
gestellt ist. Der Aufsatz schließt mit einem Hinweis auf die
von der Regierung beabsichtigte Neugestaltung der ostasiatische»
Dampfcrlinien durch Verdopplung der Fahrten auf dieser Linie und durch Er¬
höhung der Fahrgeschwindigkeit der Dampfer. Wie in diesem Aufsätze bemerkt
wird, war die Regierung durch die überlegne ausländische Konkurrenz zur Er¬
greifung dieser Maßregeln gezwungen und ferner durch den starken Andrang
der zu verschiffenden Güter. Dieser letzte Umstand hatte schon 1890 zu Ver¬
handlungen zwischen der Reichsregierung und dem Norddeutschen Lloyd Ver-



') Unsre Postdampferlinien von Franz Horstmann,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/118>, abgerufen am 04.05.2024.