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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Zur Auswcmdrung nach Brasilien

eine ganz andre Stellung im Welthandel erringen, vielleicht eine führende
Welthandelsmacht werden. Andrerseits kann es allmählich einen großen Teil
des Verkehrs nach China und dem fernsten Osten übernehmen, und wenn erst
die Elektrizität allgemein in den Dienst der Eisenbahnen gestellt ist, mit nie
geahnter Schnelligkeit auch Massen dahin befördern. Nur einen weitern, aller¬
dings recht großen, mühseligen Schritt würde die Heranführung einer Eisen¬
bahn an das Ostkap bedeuten. Dein kommen die Amerikaner entgegen, indem
sie eine Eisenbahn durch Alaska an das Beringsmeer planen und dieses mit
Brücken und Fähren überschreiten wollen. Schon rechnen sie, selbst über
Wladiwostok die Reise um die Welt in dreiunddreißig Tagen für reichlich zwei¬
tausend Mark zu machen. Ist der Gedanke dann zu kühn, daß es schließlich
durch eine völlige Überbrückung der Beringsstraße möglich würde, über Nu߬
land die Alte und die Neue Welt durch eine feste Straße zu verbinden?




Zur Auswandrung nach Brasilien

is
zum 1. Januar 1895 stand der Einwandrungsdienst in Bra¬
silien unter der direkten Aufsicht der Bundesregierung, die eine
besondre Behörde, die Inspootnrm Hör-U et"s ^vriÄS <z Ooloni^iio
zu Rio de Janeiro, eingesetzt hatte; diese war in jedem einzelne"
Bundesstaate (den Provinzen unter dem Kniserreiche) durch Re-
gierungsbeamte vertreten, denen auf Kosten der Bundesregierung von Rio de
Janeiro aus Eiuwaudrer zur Ansiedlung auf Staatsländereien zugewiesen
wurden. In Rio de Janeiro lagen ans der IIIm <ig>8 Flores (Blumeninsel)
Empfangsgebünde, wo alle Einwandrer, die nach Brasilien kamen, namentlich
registriert wurden und bis zu ihrer Absendung nach dem selbstgewählten Be¬
stimmungsorte Unterkunft und Verpflegung fanden; dasselbe geschah in den
verschiednen Bundesstaaten, wohin die Einwandrer gelangten, und von wo aus
sie auf die verschiednen, schon vermessenen Kolonien nach kurzem Aufenthalt
befördert wurden.

Mit dem 1. Januar 1895 ging der Einwandrungsdienst auf die einzelnen
Bundesstaaten über, denen die Zentralregierung jährlich bedeutende Barzuschüsie
für die Unterbringung und Ansiedlung von Einwandrern zahlte. Leider gab
mit der Übertragung des Einwandrungsdienstes auf die Einzelstaaten die
Bundesregierung auch die Verfügung über die vvrhnndnen Staatsländereien
aus der Hand, was für viele ältere Ansiedler, die ihre Kolonien nnter dem
Kaiserreiche erhalten, aber noch nicht bezahlt hatten, von den schwersten Folgen
war, da sie an Stelle der sehr nachsichtigen Zentralregierung nun in der der
einzelnen Staaten einen hartherzigen Gläubiger fanden. Die schon fällige"


Zur Auswcmdrung nach Brasilien

eine ganz andre Stellung im Welthandel erringen, vielleicht eine führende
Welthandelsmacht werden. Andrerseits kann es allmählich einen großen Teil
des Verkehrs nach China und dem fernsten Osten übernehmen, und wenn erst
die Elektrizität allgemein in den Dienst der Eisenbahnen gestellt ist, mit nie
geahnter Schnelligkeit auch Massen dahin befördern. Nur einen weitern, aller¬
dings recht großen, mühseligen Schritt würde die Heranführung einer Eisen¬
bahn an das Ostkap bedeuten. Dein kommen die Amerikaner entgegen, indem
sie eine Eisenbahn durch Alaska an das Beringsmeer planen und dieses mit
Brücken und Fähren überschreiten wollen. Schon rechnen sie, selbst über
Wladiwostok die Reise um die Welt in dreiunddreißig Tagen für reichlich zwei¬
tausend Mark zu machen. Ist der Gedanke dann zu kühn, daß es schließlich
durch eine völlige Überbrückung der Beringsstraße möglich würde, über Nu߬
land die Alte und die Neue Welt durch eine feste Straße zu verbinden?




Zur Auswandrung nach Brasilien

is
zum 1. Januar 1895 stand der Einwandrungsdienst in Bra¬
silien unter der direkten Aufsicht der Bundesregierung, die eine
besondre Behörde, die Inspootnrm Hör-U et»s ^vriÄS <z Ooloni^iio
zu Rio de Janeiro, eingesetzt hatte; diese war in jedem einzelne»
Bundesstaate (den Provinzen unter dem Kniserreiche) durch Re-
gierungsbeamte vertreten, denen auf Kosten der Bundesregierung von Rio de
Janeiro aus Eiuwaudrer zur Ansiedlung auf Staatsländereien zugewiesen
wurden. In Rio de Janeiro lagen ans der IIIm <ig>8 Flores (Blumeninsel)
Empfangsgebünde, wo alle Einwandrer, die nach Brasilien kamen, namentlich
registriert wurden und bis zu ihrer Absendung nach dem selbstgewählten Be¬
stimmungsorte Unterkunft und Verpflegung fanden; dasselbe geschah in den
verschiednen Bundesstaaten, wohin die Einwandrer gelangten, und von wo aus
sie auf die verschiednen, schon vermessenen Kolonien nach kurzem Aufenthalt
befördert wurden.

Mit dem 1. Januar 1895 ging der Einwandrungsdienst auf die einzelnen
Bundesstaaten über, denen die Zentralregierung jährlich bedeutende Barzuschüsie
für die Unterbringung und Ansiedlung von Einwandrern zahlte. Leider gab
mit der Übertragung des Einwandrungsdienstes auf die Einzelstaaten die
Bundesregierung auch die Verfügung über die vvrhnndnen Staatsländereien
aus der Hand, was für viele ältere Ansiedler, die ihre Kolonien nnter dem
Kaiserreiche erhalten, aber noch nicht bezahlt hatten, von den schwersten Folgen
war, da sie an Stelle der sehr nachsichtigen Zentralregierung nun in der der
einzelnen Staaten einen hartherzigen Gläubiger fanden. Die schon fällige»


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[0492] Zur Auswcmdrung nach Brasilien eine ganz andre Stellung im Welthandel erringen, vielleicht eine führende Welthandelsmacht werden. Andrerseits kann es allmählich einen großen Teil des Verkehrs nach China und dem fernsten Osten übernehmen, und wenn erst die Elektrizität allgemein in den Dienst der Eisenbahnen gestellt ist, mit nie geahnter Schnelligkeit auch Massen dahin befördern. Nur einen weitern, aller¬ dings recht großen, mühseligen Schritt würde die Heranführung einer Eisen¬ bahn an das Ostkap bedeuten. Dein kommen die Amerikaner entgegen, indem sie eine Eisenbahn durch Alaska an das Beringsmeer planen und dieses mit Brücken und Fähren überschreiten wollen. Schon rechnen sie, selbst über Wladiwostok die Reise um die Welt in dreiunddreißig Tagen für reichlich zwei¬ tausend Mark zu machen. Ist der Gedanke dann zu kühn, daß es schließlich durch eine völlige Überbrückung der Beringsstraße möglich würde, über Nu߬ land die Alte und die Neue Welt durch eine feste Straße zu verbinden? Zur Auswandrung nach Brasilien is zum 1. Januar 1895 stand der Einwandrungsdienst in Bra¬ silien unter der direkten Aufsicht der Bundesregierung, die eine besondre Behörde, die Inspootnrm Hör-U et»s ^vriÄS <z Ooloni^iio zu Rio de Janeiro, eingesetzt hatte; diese war in jedem einzelne» Bundesstaate (den Provinzen unter dem Kniserreiche) durch Re- gierungsbeamte vertreten, denen auf Kosten der Bundesregierung von Rio de Janeiro aus Eiuwaudrer zur Ansiedlung auf Staatsländereien zugewiesen wurden. In Rio de Janeiro lagen ans der IIIm <ig>8 Flores (Blumeninsel) Empfangsgebünde, wo alle Einwandrer, die nach Brasilien kamen, namentlich registriert wurden und bis zu ihrer Absendung nach dem selbstgewählten Be¬ stimmungsorte Unterkunft und Verpflegung fanden; dasselbe geschah in den verschiednen Bundesstaaten, wohin die Einwandrer gelangten, und von wo aus sie auf die verschiednen, schon vermessenen Kolonien nach kurzem Aufenthalt befördert wurden. Mit dem 1. Januar 1895 ging der Einwandrungsdienst auf die einzelnen Bundesstaaten über, denen die Zentralregierung jährlich bedeutende Barzuschüsie für die Unterbringung und Ansiedlung von Einwandrern zahlte. Leider gab mit der Übertragung des Einwandrungsdienstes auf die Einzelstaaten die Bundesregierung auch die Verfügung über die vvrhnndnen Staatsländereien aus der Hand, was für viele ältere Ansiedler, die ihre Kolonien nnter dem Kaiserreiche erhalten, aber noch nicht bezahlt hatten, von den schwersten Folgen war, da sie an Stelle der sehr nachsichtigen Zentralregierung nun in der der einzelnen Staaten einen hartherzigen Gläubiger fanden. Die schon fällige»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/492>, abgerufen am 04.05.2024.