Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


England und Nordamerika

wei Jahre sind vergangen, seitdem mit lauten Posnnuenstößen
in der Presse diesseits und jenseits des Ozeans der erstaunten
Welt die angelsächsische Allianz verkündet wurde, in einem Zeit¬
punkt, der allerdings aus mehr als einem Grnnde für ein solches
^ Bündnis besonders günstig war. England hatte sich allmählich
v"von überzeugt, das; es mit der alte" und oft bewährten Politik, die Festland-
luiateu gegeneinander auszuspielen, nicht mehr so recht gehn wollte, weil
nmhgerade jedermann das Spiel durchschaute; und mit anerkennenswerter
hatte Chamberlain es ausgesprochen, daß die Zeit der glänzenden
^remsnmung vorüber sei, und mau einen Bundesgenossen brauche. Drüben
schickten sich die Vereinigten Staaten an, die Beute des spanisch-numeri-
^'"schen Krieges in aller Stille in Sicherheit zu bringen, als Graf Goluchowskis
^'de über die panamerikanische Gefahr plötzlich wie ein greller Mißton diese
stille durchschnitt und die Unsicherheit der Lage offenbarte: schon fürchtete
^an in Amerika das Wiedereingreifen einer europäischen Koalition, das nach
chinesischen Kriege Japan um die Früchte seines Sieges gebracht hatte,
amals fanden sich in bedrängter Lage die verwandten Seelen diesseits und
W'Weh des Ozeans. Ju unzähligen Toasten und Zeitungsartikeln wurde die
"'^ Kundschaft gefeiert und immer wieder von neuem die Wahrheit fest¬
stellt, daß Blut dicker als Wasser sei. Als sich nun aber auch die politische
' unaheruug zwischen Deutschland und Euglnud vollzog, die noch heute ar-
in?'^"/'^"este die Freude ihre" Höhepunkt, und es gab kein Pennyblatt
England, das nicht die begeistertsten Leitartikel ü er ^ in^u
"wen Bundesgenossen gebracht hätte, wie es in englischer Vchh rdenhert hiej

Seitdem ist ireilich eine schlimme Ernüchterung eingetreten Daß v"'""in wirkliche!, Bündnis mit A.uerika nie die Rede S^e en ist w H man
ä"gst! aber auch das, was nun vou der ganzen V^rlMeit ubng bda.
herzliche Einverständnis der englisch redenden Völker, hat seineProbe nur
Grenzbote


^nIII 1900


England und Nordamerika

wei Jahre sind vergangen, seitdem mit lauten Posnnuenstößen
in der Presse diesseits und jenseits des Ozeans der erstaunten
Welt die angelsächsische Allianz verkündet wurde, in einem Zeit¬
punkt, der allerdings aus mehr als einem Grnnde für ein solches
^ Bündnis besonders günstig war. England hatte sich allmählich
v"von überzeugt, das; es mit der alte» und oft bewährten Politik, die Festland-
luiateu gegeneinander auszuspielen, nicht mehr so recht gehn wollte, weil
nmhgerade jedermann das Spiel durchschaute; und mit anerkennenswerter
hatte Chamberlain es ausgesprochen, daß die Zeit der glänzenden
^remsnmung vorüber sei, und mau einen Bundesgenossen brauche. Drüben
schickten sich die Vereinigten Staaten an, die Beute des spanisch-numeri-
^'"schen Krieges in aller Stille in Sicherheit zu bringen, als Graf Goluchowskis
^'de über die panamerikanische Gefahr plötzlich wie ein greller Mißton diese
stille durchschnitt und die Unsicherheit der Lage offenbarte: schon fürchtete
^an in Amerika das Wiedereingreifen einer europäischen Koalition, das nach
chinesischen Kriege Japan um die Früchte seines Sieges gebracht hatte,
amals fanden sich in bedrängter Lage die verwandten Seelen diesseits und
W'Weh des Ozeans. Ju unzähligen Toasten und Zeitungsartikeln wurde die
"'^ Kundschaft gefeiert und immer wieder von neuem die Wahrheit fest¬
stellt, daß Blut dicker als Wasser sei. Als sich nun aber auch die politische
' unaheruug zwischen Deutschland und Euglnud vollzog, die noch heute ar-
in?'^"/'^"este die Freude ihre» Höhepunkt, und es gab kein Pennyblatt
England, das nicht die begeistertsten Leitartikel ü er ^ in^u
"wen Bundesgenossen gebracht hätte, wie es in englischer Vchh rdenhert hiej

Seitdem ist ireilich eine schlimme Ernüchterung eingetreten Daß v»'""in wirkliche!, Bündnis mit A.uerika nie die Rede S^e en ist w H man
ä"gst! aber auch das, was nun vou der ganzen V^rlMeit ubng bda.
herzliche Einverständnis der englisch redenden Völker, hat seineProbe nur
Grenzbote


^nIII 1900
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0153" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/233387"/>
            <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_233233/figures/grenzboten_341871_233233_233387_000.jpg"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> England und Nordamerika</head><lb/>
          <p xml:id="ID_457"> wei Jahre sind vergangen, seitdem mit lauten Posnnuenstößen<lb/>
in der Presse diesseits und jenseits des Ozeans der erstaunten<lb/>
Welt die angelsächsische Allianz verkündet wurde, in einem Zeit¬<lb/>
punkt, der allerdings aus mehr als einem Grnnde für ein solches<lb/>
^ Bündnis besonders günstig war.  England hatte sich allmählich<lb/>
v"von überzeugt, das; es mit der alte» und oft bewährten Politik, die Festland-<lb/>
luiateu gegeneinander auszuspielen, nicht mehr so recht gehn wollte, weil<lb/>
nmhgerade jedermann das Spiel durchschaute; und mit anerkennenswerter<lb/>
hatte Chamberlain es ausgesprochen, daß die Zeit der glänzenden<lb/>
^remsnmung vorüber sei, und mau einen Bundesgenossen brauche. Drüben<lb/>
schickten sich die Vereinigten Staaten an, die Beute des spanisch-numeri-<lb/>
^'"schen Krieges in aller Stille in Sicherheit zu bringen, als Graf Goluchowskis<lb/>
^'de über die panamerikanische Gefahr plötzlich wie ein greller Mißton diese<lb/>
stille durchschnitt und die Unsicherheit der Lage offenbarte: schon fürchtete<lb/>
^an in Amerika das Wiedereingreifen einer europäischen Koalition, das nach<lb/>
chinesischen Kriege Japan um die Früchte seines Sieges gebracht hatte,<lb/>
amals fanden sich in bedrängter Lage die verwandten Seelen diesseits und<lb/>
W'Weh des Ozeans.  Ju unzähligen Toasten und Zeitungsartikeln wurde die<lb/>
"'^ Kundschaft gefeiert und immer wieder von neuem die Wahrheit fest¬<lb/>
stellt, daß Blut dicker als Wasser sei. Als sich nun aber auch die politische<lb/>
' unaheruug zwischen Deutschland und Euglnud vollzog, die noch heute ar-<lb/>
in?'^"/'^"este die Freude ihre» Höhepunkt, und es gab kein Pennyblatt<lb/>
England, das nicht die begeistertsten Leitartikel ü er ^ in^u<lb/>
"wen Bundesgenossen gebracht hätte, wie es in englischer Vchh rdenhert hiej</p><lb/>
          <p xml:id="ID_458" next="#ID_459"> Seitdem ist ireilich eine schlimme Ernüchterung eingetreten  Daß v»'""in wirkliche!, Bündnis mit A.uerika nie die Rede S^e en ist  w H man<lb/>
ä"gst! aber auch das, was nun vou der ganzen V^rlMeit ubng bda.<lb/>
herzliche Einverständnis der englisch redenden Völker, hat seineProbe nur<lb/>
Grenzbote</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> ^nIII 1900</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0153] [Abbildung] England und Nordamerika wei Jahre sind vergangen, seitdem mit lauten Posnnuenstößen in der Presse diesseits und jenseits des Ozeans der erstaunten Welt die angelsächsische Allianz verkündet wurde, in einem Zeit¬ punkt, der allerdings aus mehr als einem Grnnde für ein solches ^ Bündnis besonders günstig war. England hatte sich allmählich v"von überzeugt, das; es mit der alte» und oft bewährten Politik, die Festland- luiateu gegeneinander auszuspielen, nicht mehr so recht gehn wollte, weil nmhgerade jedermann das Spiel durchschaute; und mit anerkennenswerter hatte Chamberlain es ausgesprochen, daß die Zeit der glänzenden ^remsnmung vorüber sei, und mau einen Bundesgenossen brauche. Drüben schickten sich die Vereinigten Staaten an, die Beute des spanisch-numeri- ^'"schen Krieges in aller Stille in Sicherheit zu bringen, als Graf Goluchowskis ^'de über die panamerikanische Gefahr plötzlich wie ein greller Mißton diese stille durchschnitt und die Unsicherheit der Lage offenbarte: schon fürchtete ^an in Amerika das Wiedereingreifen einer europäischen Koalition, das nach chinesischen Kriege Japan um die Früchte seines Sieges gebracht hatte, amals fanden sich in bedrängter Lage die verwandten Seelen diesseits und W'Weh des Ozeans. Ju unzähligen Toasten und Zeitungsartikeln wurde die "'^ Kundschaft gefeiert und immer wieder von neuem die Wahrheit fest¬ stellt, daß Blut dicker als Wasser sei. Als sich nun aber auch die politische ' unaheruug zwischen Deutschland und Euglnud vollzog, die noch heute ar- in?'^"/'^"este die Freude ihre» Höhepunkt, und es gab kein Pennyblatt England, das nicht die begeistertsten Leitartikel ü er ^ in^u "wen Bundesgenossen gebracht hätte, wie es in englischer Vchh rdenhert hiej Seitdem ist ireilich eine schlimme Ernüchterung eingetreten Daß v»'""in wirkliche!, Bündnis mit A.uerika nie die Rede S^e en ist w H man ä"gst! aber auch das, was nun vou der ganzen V^rlMeit ubng bda. herzliche Einverständnis der englisch redenden Völker, hat seineProbe nur Grenzbote ^nIII 1900

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_233233
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_233233/153
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_233233/153>, abgerufen am 02.05.2024.