Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Der Kongreß im Göpfersbcicher Thal auch mancher wünschen wird, er möchte über bessere Dinge schreiben. Hier Dieses Traumhafte, nicht völlig Wirkliche geht auch durch Rudolf Schäfers 9er Kongreß im Göpfersbacher Thal H. Denarius von opfersbach ist ein stilles, weltfernes Wiesenthnlchen mitten im meilen¬ An diesem lieblichen Ort nun war es in der Johmmisnacht des Jahres 1900 Der Kongreß im Göpfersbcicher Thal auch mancher wünschen wird, er möchte über bessere Dinge schreiben. Hier Dieses Traumhafte, nicht völlig Wirkliche geht auch durch Rudolf Schäfers 9er Kongreß im Göpfersbacher Thal H. Denarius von opfersbach ist ein stilles, weltfernes Wiesenthnlchen mitten im meilen¬ An diesem lieblichen Ort nun war es in der Johmmisnacht des Jahres 1900 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291281"/> <fw type="header" place="top"> Der Kongreß im Göpfersbcicher Thal</fw><lb/> <p xml:id="ID_725" prev="#ID_724"> auch mancher wünschen wird, er möchte über bessere Dinge schreiben. Hier<lb/> in diesen sogenannten Novellen ist alles nur skizziert, es geschieht eigentlich<lb/> nichts, lauter Eindrücke und Stimmungen huschen hin und her. Doch, in einer<lb/> prügeln sich zwei vornehme Alumnatsknaben im Schnee, am Sonntag, und<lb/> dafür werden sie bestraft. Eine Baronin beherbergt ans ihrem Schloß Ein¬<lb/> quartierung, Neitervffiziere, darunter einen königlichen Prinzen, in den sie sich<lb/> verliebt, aber der Prinz kann nicht lieben, denn Prinzen verehren nur. Ein<lb/> vornehmes Ehepaar reitet spazieren an einem andern Paar vorbei, das in<lb/> freier Liebe glücklich ist und über die pflichtmäßig verbundnen, blasierten und<lb/> gelangweilten Herrschaften seinen derben und drastischen Spott ergießt. Ein<lb/> adeliches altes Fräulein findet ihren Liebhaber von ehemals in einer Gesell¬<lb/> schaft in den Banden einer andern. Eine unglückliche junge Königin liebt<lb/> ihren Leibarzt. Lauter Dekadenz, nichts erfreuliches, viel Schwermut und<lb/> Lebcnsmattigkeit. Aber kunstvolle Schilderung, etwas von dem Schimmer alter,<lb/> verblaßter Bilder, Rokoko, stille Wasser mit Schwänen, verwilderte Parkland¬<lb/> schaft mit umgeworfnen Statuen und dergleichen. Schade, daß soviel gute<lb/> Malerei an so traurige Gegenstände verschwendet worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_726"> Dieses Traumhafte, nicht völlig Wirkliche geht auch durch Rudolf Schäfers<lb/> „Tragische Novellen" (Dresden und Leipzig, Pierson), drei Geschichten von<lb/> einer Kunstreiterin, einem Musiker und einem Maler, die letzte in Versen. Sie<lb/> sind ernst und gut, nicht so npart in der Schilderung wie die von Mariens,<lb/> aber gesünder, leicht und angenehm zu lesen. Der Verfasser hat ein Talent,<lb/><note type="byline"> A. P.</note> das gewiß zu bedeutenden Aufgabe» reichen würde. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> 9er Kongreß im Göpfersbacher Thal<lb/><note type="byline"> H. Denarius</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_727"> opfersbach ist ein stilles, weltfernes Wiesenthnlchen mitten im meilen¬<lb/> weiten Forst; es zieht sich in sanfter Steigung vom Kamm des Ge-<lb/> birgs herab, und zwar an der Stelle, wo demnächst eine neue, die<lb/> vierte Eisenbahnlinie den Thüringer Wald überschreiten wird. Ein<lb/> starker Bach rauscht hindurch, mitten ans der Wiese steht eine uralte<lb/> Buche, unter der es nach der Meinung der umwohnenden Waldlente<lb/> geheuer ist. Holzmacher, die sich dort zum Schlafen niedergelegt hatten,<lb/> sich beim Erwachen in einer wildfremden Gegend gefunden haben und erst<lb/> nach tagelangem Umherirren nach Hause gekommen sein. Auch eine Nixe soll sich<lb/> manchmal dort oben sehen lassen, und der unsichtbar machende Fahrsame, der nur<lb/> in der Johannisnacht reift, gedeiht da herum besonders gut.nicht<lb/> sollen</p><lb/> <p xml:id="ID_728" next="#ID_729"> An diesem lieblichen Ort nun war es in der Johmmisnacht des Jahres 1900<lb/> kurz vor Mitternacht wieder einmal nicht geheuer. Eine Menge spukhafter Gestalten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
Der Kongreß im Göpfersbcicher Thal
auch mancher wünschen wird, er möchte über bessere Dinge schreiben. Hier
in diesen sogenannten Novellen ist alles nur skizziert, es geschieht eigentlich
nichts, lauter Eindrücke und Stimmungen huschen hin und her. Doch, in einer
prügeln sich zwei vornehme Alumnatsknaben im Schnee, am Sonntag, und
dafür werden sie bestraft. Eine Baronin beherbergt ans ihrem Schloß Ein¬
quartierung, Neitervffiziere, darunter einen königlichen Prinzen, in den sie sich
verliebt, aber der Prinz kann nicht lieben, denn Prinzen verehren nur. Ein
vornehmes Ehepaar reitet spazieren an einem andern Paar vorbei, das in
freier Liebe glücklich ist und über die pflichtmäßig verbundnen, blasierten und
gelangweilten Herrschaften seinen derben und drastischen Spott ergießt. Ein
adeliches altes Fräulein findet ihren Liebhaber von ehemals in einer Gesell¬
schaft in den Banden einer andern. Eine unglückliche junge Königin liebt
ihren Leibarzt. Lauter Dekadenz, nichts erfreuliches, viel Schwermut und
Lebcnsmattigkeit. Aber kunstvolle Schilderung, etwas von dem Schimmer alter,
verblaßter Bilder, Rokoko, stille Wasser mit Schwänen, verwilderte Parkland¬
schaft mit umgeworfnen Statuen und dergleichen. Schade, daß soviel gute
Malerei an so traurige Gegenstände verschwendet worden ist.
Dieses Traumhafte, nicht völlig Wirkliche geht auch durch Rudolf Schäfers
„Tragische Novellen" (Dresden und Leipzig, Pierson), drei Geschichten von
einer Kunstreiterin, einem Musiker und einem Maler, die letzte in Versen. Sie
sind ernst und gut, nicht so npart in der Schilderung wie die von Mariens,
aber gesünder, leicht und angenehm zu lesen. Der Verfasser hat ein Talent,
A. P. das gewiß zu bedeutenden Aufgabe» reichen würde.
9er Kongreß im Göpfersbacher Thal
H. Denarius von
opfersbach ist ein stilles, weltfernes Wiesenthnlchen mitten im meilen¬
weiten Forst; es zieht sich in sanfter Steigung vom Kamm des Ge-
birgs herab, und zwar an der Stelle, wo demnächst eine neue, die
vierte Eisenbahnlinie den Thüringer Wald überschreiten wird. Ein
starker Bach rauscht hindurch, mitten ans der Wiese steht eine uralte
Buche, unter der es nach der Meinung der umwohnenden Waldlente
geheuer ist. Holzmacher, die sich dort zum Schlafen niedergelegt hatten,
sich beim Erwachen in einer wildfremden Gegend gefunden haben und erst
nach tagelangem Umherirren nach Hause gekommen sein. Auch eine Nixe soll sich
manchmal dort oben sehen lassen, und der unsichtbar machende Fahrsame, der nur
in der Johannisnacht reift, gedeiht da herum besonders gut.nicht
sollen
An diesem lieblichen Ort nun war es in der Johmmisnacht des Jahres 1900
kurz vor Mitternacht wieder einmal nicht geheuer. Eine Menge spukhafter Gestalten
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