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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Amerikanischer Wettbewerb auf dein Kohlen-
und (Nsenmarkt

is es im vorigen Jahre unter dem Druck der Kohlennot den
amerikanischen Kohlenhändlern zum erstenmal gelang, in Europa
festen Fuß zu fassen, wurde sofort im Zusammenhang damit die
Frage aufgeworfen, inwieweit auch nnter normalen Verhältnissen
ein Wettbewerb Nordamerikas auf dem europäischen, insbesondre
auf dem deutschen Kohlenmartt möglich sei. Allerdings hatten die Amerikaner
gleich im ersten Anlauf bedeutende Erfolge erzielt, vor allem in den Mittel-
meerhäfen, wo sie die Cardifflohle, deren Preis besonders während des Tciff-
välestreiks zu unerhörter Höhe gestiegen war, zeitweilig vollständig verdrängt
hatten; und da die dort Vertriebne englische Kohle natürlich starker nuf den
deutschen Markt drücken mußte, so erschien eine Rückwirkung auf die deutscheu
Verhältnisse unzweifelhaft. Andrerseits blieben freilich die Versuche, die gemacht
wurden, der amerikanischen Kohle direkten Eingang nach Deutschland zu ver¬
schaffen, ohne jeden Erfolg. Die Hamburger Kohlenfirma Blumeufeld, die mit
dem Import der Kohle von drüben begonnen hatte, sah sich infolge der hohen
Seefracht bald genötigt, von diesem Vorhaben abzustehn, und nicht besser ging
es einer amerikanischen Firma, die etwa 2000 Tonnen Kohlen nach Antwerpen
gesandt hatte, um sie in deu Ruhrhäfen zu verkaufen: die Ware mußte schlie߬
lich uuter dein Preise losgeschlagen werden. Der Schluß lag nahe: Gelang
es der amerikanischen Kohle uuter den damaligen, durch die Kohleunvt ge¬
schaffnen günstigen Umständen nicht, sich auf dem deutschen Markt zu halten,
so konnte unter normalen Verhältnissen um so weniger davon die Rede sein,
und so schienen die Thatsachen die Ansicht des deutschen Generalkonsulats in
Newhork zu bestätigen, das von vornherein die Möglichkeit eines amerikanischen
Wettbewerbs auf den: europäischen Kohlenmarkt in Abrede gestellt hatte.

Aber so leichten Kaufs werden sich die Jankees schwerlich zufrieden
geben. Schon im Anfang März des vorigen Jahres forderte die Bundes¬
regierung in Washington ihre sämtlichen europäischen Konsuln auf, sich über
die Möglichkeit der amerikanische,, Kohleueinfuhr nach Europa zu äußern.
Ihre Berichte, die nunmehr vollständig vorliegen, geben ein sehr interessantes
Material, durch das die Frage ein wesentlich andres Aussehen gewinnt.
Charakteristisch ist, daß alle, an der Spitze der Berliner Generalkonsul Frank
H. Mason, die Sache für keineswegs aussichtslos halten, wenn nur einige




Amerikanischer Wettbewerb auf dein Kohlen-
und (Nsenmarkt

is es im vorigen Jahre unter dem Druck der Kohlennot den
amerikanischen Kohlenhändlern zum erstenmal gelang, in Europa
festen Fuß zu fassen, wurde sofort im Zusammenhang damit die
Frage aufgeworfen, inwieweit auch nnter normalen Verhältnissen
ein Wettbewerb Nordamerikas auf dem europäischen, insbesondre
auf dem deutschen Kohlenmartt möglich sei. Allerdings hatten die Amerikaner
gleich im ersten Anlauf bedeutende Erfolge erzielt, vor allem in den Mittel-
meerhäfen, wo sie die Cardifflohle, deren Preis besonders während des Tciff-
välestreiks zu unerhörter Höhe gestiegen war, zeitweilig vollständig verdrängt
hatten; und da die dort Vertriebne englische Kohle natürlich starker nuf den
deutschen Markt drücken mußte, so erschien eine Rückwirkung auf die deutscheu
Verhältnisse unzweifelhaft. Andrerseits blieben freilich die Versuche, die gemacht
wurden, der amerikanischen Kohle direkten Eingang nach Deutschland zu ver¬
schaffen, ohne jeden Erfolg. Die Hamburger Kohlenfirma Blumeufeld, die mit
dem Import der Kohle von drüben begonnen hatte, sah sich infolge der hohen
Seefracht bald genötigt, von diesem Vorhaben abzustehn, und nicht besser ging
es einer amerikanischen Firma, die etwa 2000 Tonnen Kohlen nach Antwerpen
gesandt hatte, um sie in deu Ruhrhäfen zu verkaufen: die Ware mußte schlie߬
lich uuter dein Preise losgeschlagen werden. Der Schluß lag nahe: Gelang
es der amerikanischen Kohle uuter den damaligen, durch die Kohleunvt ge¬
schaffnen günstigen Umständen nicht, sich auf dem deutschen Markt zu halten,
so konnte unter normalen Verhältnissen um so weniger davon die Rede sein,
und so schienen die Thatsachen die Ansicht des deutschen Generalkonsulats in
Newhork zu bestätigen, das von vornherein die Möglichkeit eines amerikanischen
Wettbewerbs auf den: europäischen Kohlenmarkt in Abrede gestellt hatte.

Aber so leichten Kaufs werden sich die Jankees schwerlich zufrieden
geben. Schon im Anfang März des vorigen Jahres forderte die Bundes¬
regierung in Washington ihre sämtlichen europäischen Konsuln auf, sich über
die Möglichkeit der amerikanische,, Kohleueinfuhr nach Europa zu äußern.
Ihre Berichte, die nunmehr vollständig vorliegen, geben ein sehr interessantes
Material, durch das die Frage ein wesentlich andres Aussehen gewinnt.
Charakteristisch ist, daß alle, an der Spitze der Berliner Generalkonsul Frank
H. Mason, die Sache für keineswegs aussichtslos halten, wenn nur einige


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[0546] [Abbildung] Amerikanischer Wettbewerb auf dein Kohlen- und (Nsenmarkt is es im vorigen Jahre unter dem Druck der Kohlennot den amerikanischen Kohlenhändlern zum erstenmal gelang, in Europa festen Fuß zu fassen, wurde sofort im Zusammenhang damit die Frage aufgeworfen, inwieweit auch nnter normalen Verhältnissen ein Wettbewerb Nordamerikas auf dem europäischen, insbesondre auf dem deutschen Kohlenmartt möglich sei. Allerdings hatten die Amerikaner gleich im ersten Anlauf bedeutende Erfolge erzielt, vor allem in den Mittel- meerhäfen, wo sie die Cardifflohle, deren Preis besonders während des Tciff- välestreiks zu unerhörter Höhe gestiegen war, zeitweilig vollständig verdrängt hatten; und da die dort Vertriebne englische Kohle natürlich starker nuf den deutschen Markt drücken mußte, so erschien eine Rückwirkung auf die deutscheu Verhältnisse unzweifelhaft. Andrerseits blieben freilich die Versuche, die gemacht wurden, der amerikanischen Kohle direkten Eingang nach Deutschland zu ver¬ schaffen, ohne jeden Erfolg. Die Hamburger Kohlenfirma Blumeufeld, die mit dem Import der Kohle von drüben begonnen hatte, sah sich infolge der hohen Seefracht bald genötigt, von diesem Vorhaben abzustehn, und nicht besser ging es einer amerikanischen Firma, die etwa 2000 Tonnen Kohlen nach Antwerpen gesandt hatte, um sie in deu Ruhrhäfen zu verkaufen: die Ware mußte schlie߬ lich uuter dein Preise losgeschlagen werden. Der Schluß lag nahe: Gelang es der amerikanischen Kohle uuter den damaligen, durch die Kohleunvt ge¬ schaffnen günstigen Umständen nicht, sich auf dem deutschen Markt zu halten, so konnte unter normalen Verhältnissen um so weniger davon die Rede sein, und so schienen die Thatsachen die Ansicht des deutschen Generalkonsulats in Newhork zu bestätigen, das von vornherein die Möglichkeit eines amerikanischen Wettbewerbs auf den: europäischen Kohlenmarkt in Abrede gestellt hatte. Aber so leichten Kaufs werden sich die Jankees schwerlich zufrieden geben. Schon im Anfang März des vorigen Jahres forderte die Bundes¬ regierung in Washington ihre sämtlichen europäischen Konsuln auf, sich über die Möglichkeit der amerikanische,, Kohleueinfuhr nach Europa zu äußern. Ihre Berichte, die nunmehr vollständig vorliegen, geben ein sehr interessantes Material, durch das die Frage ein wesentlich andres Aussehen gewinnt. Charakteristisch ist, daß alle, an der Spitze der Berliner Generalkonsul Frank H. Mason, die Sache für keineswegs aussichtslos halten, wenn nur einige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/546>, abgerufen am 05.05.2024.