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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten

eit Jahren ist sowohl in der Presse wie in den Parlamenten die
Thatsache vielfach erörtert worden, das; die Vergütungen für die
Dienstreisen der Beamten zu reichlich bemessen sind, und daß
einzelne Benmtenklasseu ans diesen Vergütungen auffällig hohe
Einnahmen im Vergleich zu ihrem Gehalt beziehn. In der Haupt¬
sache sind dies die höchsten und die höhern Beamten bis zur fünften Rang-
klasse; die niedern Beamten bleiben fast ganz außer Betracht, da sie, wenn man
vereinzelte Ausnahmen abrechnet, gewöhnlich nur bei ihrer Versetzung eine
Dienstreise ausführen müssen. Es war deshalb erklärlich, daß der im Jahre
1891 von dem Abgeordneten Richter gestellte und von dein Reichstag am
16, März angenommne Antrag, die gesetzlichen Bestimmungen über die Reise¬
kosten zeitgemäß zu reformieren, bei den Regierungen kein Entgegenkommen
fand. Erst die bei der Beratung der Borlagen über die Aufbesserung der
Beamtengehalte in den Budgetkommissionen des Reichstags und des Landtags
nachdrücklich abgegebnen Erklärungen, daß ohne die Neuregelung der Neisekosten-
vergütungeu die Gehalte nicht erhöht werden würden, veranlaßten die preußische
Regierung, dem Abgeordnetenhaus am 19. März 1897 einen Entwurf zu einem
neuen Gesetz über die Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten zu über¬
reichen.

In der dem Entwurf beigegebnen Begründung wird ausgeführt, daß sich
die Erhöhung der Tagegelder als notwendig erweise, weil das Leben in den
Hotels bedeutend teurer geworden sei, und weil künftig an den Reisekosten keine
Ersparnisse mehr gemacht werden könnten. Es wird dann weiter gesagt: Es
erscheine bedenklich, die gewohnten Einnahmen der Beamten auch nur in diesem
Punkt zu schmälern, während anerkannt werden müsse, daß ihre Gehalte im
allgemeinen nnznlünglich seien. Wo es jetzt die Finanzverhältnisse im Reiche
und in Preußen ermöglichten, die höhern und die mittlern Beamten besser zu
besolden, erscheine es, falls man sich über die beantragten Erhöhungen einige,
angemessen und auch geboten, die nicht mehr zutreffenden Bestimmungen über
die Vergütungeu bei Eisenbahnreisen zu ändern.

Bei der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs im Abgeordnetenhaus", am
24. März, erklärte der Finanzminister von Miquel, daß das Gesetz keine finan¬
zielle Bedeutung habe, da sich die Ersparnisse um Reisekosten und die Erhöhung
der Diäten ausglichen; die Vorlage übe eine ausgleichende Gerechtigkeit. Die
übrigen Redner erkannten übereinstimmend die Notwendigkeit der Neuregelung




Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten

eit Jahren ist sowohl in der Presse wie in den Parlamenten die
Thatsache vielfach erörtert worden, das; die Vergütungen für die
Dienstreisen der Beamten zu reichlich bemessen sind, und daß
einzelne Benmtenklasseu ans diesen Vergütungen auffällig hohe
Einnahmen im Vergleich zu ihrem Gehalt beziehn. In der Haupt¬
sache sind dies die höchsten und die höhern Beamten bis zur fünften Rang-
klasse; die niedern Beamten bleiben fast ganz außer Betracht, da sie, wenn man
vereinzelte Ausnahmen abrechnet, gewöhnlich nur bei ihrer Versetzung eine
Dienstreise ausführen müssen. Es war deshalb erklärlich, daß der im Jahre
1891 von dem Abgeordneten Richter gestellte und von dein Reichstag am
16, März angenommne Antrag, die gesetzlichen Bestimmungen über die Reise¬
kosten zeitgemäß zu reformieren, bei den Regierungen kein Entgegenkommen
fand. Erst die bei der Beratung der Borlagen über die Aufbesserung der
Beamtengehalte in den Budgetkommissionen des Reichstags und des Landtags
nachdrücklich abgegebnen Erklärungen, daß ohne die Neuregelung der Neisekosten-
vergütungeu die Gehalte nicht erhöht werden würden, veranlaßten die preußische
Regierung, dem Abgeordnetenhaus am 19. März 1897 einen Entwurf zu einem
neuen Gesetz über die Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten zu über¬
reichen.

In der dem Entwurf beigegebnen Begründung wird ausgeführt, daß sich
die Erhöhung der Tagegelder als notwendig erweise, weil das Leben in den
Hotels bedeutend teurer geworden sei, und weil künftig an den Reisekosten keine
Ersparnisse mehr gemacht werden könnten. Es wird dann weiter gesagt: Es
erscheine bedenklich, die gewohnten Einnahmen der Beamten auch nur in diesem
Punkt zu schmälern, während anerkannt werden müsse, daß ihre Gehalte im
allgemeinen nnznlünglich seien. Wo es jetzt die Finanzverhältnisse im Reiche
und in Preußen ermöglichten, die höhern und die mittlern Beamten besser zu
besolden, erscheine es, falls man sich über die beantragten Erhöhungen einige,
angemessen und auch geboten, die nicht mehr zutreffenden Bestimmungen über
die Vergütungeu bei Eisenbahnreisen zu ändern.

Bei der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs im Abgeordnetenhaus«, am
24. März, erklärte der Finanzminister von Miquel, daß das Gesetz keine finan¬
zielle Bedeutung habe, da sich die Ersparnisse um Reisekosten und die Erhöhung
der Diäten ausglichen; die Vorlage übe eine ausgleichende Gerechtigkeit. Die
übrigen Redner erkannten übereinstimmend die Notwendigkeit der Neuregelung


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[0603] [Abbildung] Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten eit Jahren ist sowohl in der Presse wie in den Parlamenten die Thatsache vielfach erörtert worden, das; die Vergütungen für die Dienstreisen der Beamten zu reichlich bemessen sind, und daß einzelne Benmtenklasseu ans diesen Vergütungen auffällig hohe Einnahmen im Vergleich zu ihrem Gehalt beziehn. In der Haupt¬ sache sind dies die höchsten und die höhern Beamten bis zur fünften Rang- klasse; die niedern Beamten bleiben fast ganz außer Betracht, da sie, wenn man vereinzelte Ausnahmen abrechnet, gewöhnlich nur bei ihrer Versetzung eine Dienstreise ausführen müssen. Es war deshalb erklärlich, daß der im Jahre 1891 von dem Abgeordneten Richter gestellte und von dein Reichstag am 16, März angenommne Antrag, die gesetzlichen Bestimmungen über die Reise¬ kosten zeitgemäß zu reformieren, bei den Regierungen kein Entgegenkommen fand. Erst die bei der Beratung der Borlagen über die Aufbesserung der Beamtengehalte in den Budgetkommissionen des Reichstags und des Landtags nachdrücklich abgegebnen Erklärungen, daß ohne die Neuregelung der Neisekosten- vergütungeu die Gehalte nicht erhöht werden würden, veranlaßten die preußische Regierung, dem Abgeordnetenhaus am 19. März 1897 einen Entwurf zu einem neuen Gesetz über die Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten zu über¬ reichen. In der dem Entwurf beigegebnen Begründung wird ausgeführt, daß sich die Erhöhung der Tagegelder als notwendig erweise, weil das Leben in den Hotels bedeutend teurer geworden sei, und weil künftig an den Reisekosten keine Ersparnisse mehr gemacht werden könnten. Es wird dann weiter gesagt: Es erscheine bedenklich, die gewohnten Einnahmen der Beamten auch nur in diesem Punkt zu schmälern, während anerkannt werden müsse, daß ihre Gehalte im allgemeinen nnznlünglich seien. Wo es jetzt die Finanzverhältnisse im Reiche und in Preußen ermöglichten, die höhern und die mittlern Beamten besser zu besolden, erscheine es, falls man sich über die beantragten Erhöhungen einige, angemessen und auch geboten, die nicht mehr zutreffenden Bestimmungen über die Vergütungeu bei Eisenbahnreisen zu ändern. Bei der ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs im Abgeordnetenhaus«, am 24. März, erklärte der Finanzminister von Miquel, daß das Gesetz keine finan¬ zielle Bedeutung habe, da sich die Ersparnisse um Reisekosten und die Erhöhung der Diäten ausglichen; die Vorlage übe eine ausgleichende Gerechtigkeit. Die übrigen Redner erkannten übereinstimmend die Notwendigkeit der Neuregelung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/603>, abgerufen am 05.05.2024.