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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Reformen der amtlichen Statistik

der Höhe der Zeit stehende politische Schöpfung abzugeben vermöchte. Be¬
dauerlich ist nur, wenn beispielsweise ein so fähiger Staatsmann wie der Ex¬
Präsident von Rio Grande lind thatsächliche Regent dieses Staats, or. Julho
de Castilhos, unter seinen engern Landsleuten so wenig Unterstützung findet
in dem Bestreben, durch uneigennützige Hingebung an das Staatswohl das
Gemeinwesen in die Höhe zu bringen. Wie weit auch dieser Staat, einer
der entwickeltsten der brasilischen Union, von geordneten Zuständen nach
deutscher Vorstellung entfernt ist, das zeigt ein Blick in die Zoll- und Steuer-
Verhältnisse. Waren, die seit einem halben Jahr im Zollamt liegen, kann mau
nicht erhalten, obgleich Zoll- und andre Gebühren längst bezahlt sind; Zoll-
erhöhungen werden willkürlich in einer für den Handel höchst empfindlichen
Weise vorgenommen. Die Art der Erhebung der Sellos oder Konsumsteuern
ist so unglaublich unvernünftig, daß man bei einer wahrheitsgetreuer Schilde-
rung leicht in den Verdacht der Übertreibung kommt,

(Fortsetzung folgt)




Reformen der amtlichen Statistik

in Dezember 1897 (Heft 50) brachten die Grenzboten unter der
Überschrift "Fünfundzwanzig Jahre deutscher Reichsstatistik" einen
kurzen Rückblick auf die Entwicklung der amtlichen Statistik des
Dentschen Reichs und im besondern des Kaiserlichen Statistischen
Amts seit seiner Eröffnung im Jahre 1872, dem ein noch kürzerer
Ausblick in die Zukunft angefügt war, Veranlassung, jetzt auf den Gegen¬
stand zurück zu kommen, giebt uns ein kürzlich im Handwörterbuch der Staats¬
wissenschaften erschienener Artikel von einem Mitglied des genannten Amts
selbst, dem Kaiserlichen Regierungsrath or, Friedrich Zahn, worin sehr
beachtenswerte Wünsche für die Zukunft der Rcichsstatistik geäußert werden,

Zahn plädiert für eine Erweiterung der Reichsstatistik, und zwar zunächst
in "internationaler" Richtung, Je mehr die Weltwirtschaft die einzelnen Volks¬
wirtschaften miteinander versiechte, sagt er, um so dringender werde der Wunsch,
daß man sich in sachmüßiger und weitgehender Weise über die Zusammenhänge
orientieren könne. Eine solche Kenntnis der internationalen wirtschaftlichen
Verhältnisse sei für die heimische Volkswirtschaft zweifellos von Vorteil, An¬
sätze zu der Pflege einer internationalen Statistik fänden sich in den Ver¬
öffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amts schon mehrfach, z. B. in der
Arbeiterstatistik, der Bevölkerungs-, der Berufs- und Gewerbe- und der Handels¬
statistik, Hoffentlich gelinge es, diese Ansätze zu Veröffentlichungen zu ver-


Reformen der amtlichen Statistik

der Höhe der Zeit stehende politische Schöpfung abzugeben vermöchte. Be¬
dauerlich ist nur, wenn beispielsweise ein so fähiger Staatsmann wie der Ex¬
Präsident von Rio Grande lind thatsächliche Regent dieses Staats, or. Julho
de Castilhos, unter seinen engern Landsleuten so wenig Unterstützung findet
in dem Bestreben, durch uneigennützige Hingebung an das Staatswohl das
Gemeinwesen in die Höhe zu bringen. Wie weit auch dieser Staat, einer
der entwickeltsten der brasilischen Union, von geordneten Zuständen nach
deutscher Vorstellung entfernt ist, das zeigt ein Blick in die Zoll- und Steuer-
Verhältnisse. Waren, die seit einem halben Jahr im Zollamt liegen, kann mau
nicht erhalten, obgleich Zoll- und andre Gebühren längst bezahlt sind; Zoll-
erhöhungen werden willkürlich in einer für den Handel höchst empfindlichen
Weise vorgenommen. Die Art der Erhebung der Sellos oder Konsumsteuern
ist so unglaublich unvernünftig, daß man bei einer wahrheitsgetreuer Schilde-
rung leicht in den Verdacht der Übertreibung kommt,

(Fortsetzung folgt)




Reformen der amtlichen Statistik

in Dezember 1897 (Heft 50) brachten die Grenzboten unter der
Überschrift „Fünfundzwanzig Jahre deutscher Reichsstatistik" einen
kurzen Rückblick auf die Entwicklung der amtlichen Statistik des
Dentschen Reichs und im besondern des Kaiserlichen Statistischen
Amts seit seiner Eröffnung im Jahre 1872, dem ein noch kürzerer
Ausblick in die Zukunft angefügt war, Veranlassung, jetzt auf den Gegen¬
stand zurück zu kommen, giebt uns ein kürzlich im Handwörterbuch der Staats¬
wissenschaften erschienener Artikel von einem Mitglied des genannten Amts
selbst, dem Kaiserlichen Regierungsrath or, Friedrich Zahn, worin sehr
beachtenswerte Wünsche für die Zukunft der Rcichsstatistik geäußert werden,

Zahn plädiert für eine Erweiterung der Reichsstatistik, und zwar zunächst
in „internationaler" Richtung, Je mehr die Weltwirtschaft die einzelnen Volks¬
wirtschaften miteinander versiechte, sagt er, um so dringender werde der Wunsch,
daß man sich in sachmüßiger und weitgehender Weise über die Zusammenhänge
orientieren könne. Eine solche Kenntnis der internationalen wirtschaftlichen
Verhältnisse sei für die heimische Volkswirtschaft zweifellos von Vorteil, An¬
sätze zu der Pflege einer internationalen Statistik fänden sich in den Ver¬
öffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amts schon mehrfach, z. B. in der
Arbeiterstatistik, der Bevölkerungs-, der Berufs- und Gewerbe- und der Handels¬
statistik, Hoffentlich gelinge es, diese Ansätze zu Veröffentlichungen zu ver-


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[0112] Reformen der amtlichen Statistik der Höhe der Zeit stehende politische Schöpfung abzugeben vermöchte. Be¬ dauerlich ist nur, wenn beispielsweise ein so fähiger Staatsmann wie der Ex¬ Präsident von Rio Grande lind thatsächliche Regent dieses Staats, or. Julho de Castilhos, unter seinen engern Landsleuten so wenig Unterstützung findet in dem Bestreben, durch uneigennützige Hingebung an das Staatswohl das Gemeinwesen in die Höhe zu bringen. Wie weit auch dieser Staat, einer der entwickeltsten der brasilischen Union, von geordneten Zuständen nach deutscher Vorstellung entfernt ist, das zeigt ein Blick in die Zoll- und Steuer- Verhältnisse. Waren, die seit einem halben Jahr im Zollamt liegen, kann mau nicht erhalten, obgleich Zoll- und andre Gebühren längst bezahlt sind; Zoll- erhöhungen werden willkürlich in einer für den Handel höchst empfindlichen Weise vorgenommen. Die Art der Erhebung der Sellos oder Konsumsteuern ist so unglaublich unvernünftig, daß man bei einer wahrheitsgetreuer Schilde- rung leicht in den Verdacht der Übertreibung kommt, (Fortsetzung folgt) Reformen der amtlichen Statistik in Dezember 1897 (Heft 50) brachten die Grenzboten unter der Überschrift „Fünfundzwanzig Jahre deutscher Reichsstatistik" einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der amtlichen Statistik des Dentschen Reichs und im besondern des Kaiserlichen Statistischen Amts seit seiner Eröffnung im Jahre 1872, dem ein noch kürzerer Ausblick in die Zukunft angefügt war, Veranlassung, jetzt auf den Gegen¬ stand zurück zu kommen, giebt uns ein kürzlich im Handwörterbuch der Staats¬ wissenschaften erschienener Artikel von einem Mitglied des genannten Amts selbst, dem Kaiserlichen Regierungsrath or, Friedrich Zahn, worin sehr beachtenswerte Wünsche für die Zukunft der Rcichsstatistik geäußert werden, Zahn plädiert für eine Erweiterung der Reichsstatistik, und zwar zunächst in „internationaler" Richtung, Je mehr die Weltwirtschaft die einzelnen Volks¬ wirtschaften miteinander versiechte, sagt er, um so dringender werde der Wunsch, daß man sich in sachmüßiger und weitgehender Weise über die Zusammenhänge orientieren könne. Eine solche Kenntnis der internationalen wirtschaftlichen Verhältnisse sei für die heimische Volkswirtschaft zweifellos von Vorteil, An¬ sätze zu der Pflege einer internationalen Statistik fänden sich in den Ver¬ öffentlichungen des Kaiserlichen Statistischen Amts schon mehrfach, z. B. in der Arbeiterstatistik, der Bevölkerungs-, der Berufs- und Gewerbe- und der Handels¬ statistik, Hoffentlich gelinge es, diese Ansätze zu Veröffentlichungen zu ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/112>, abgerufen am 28.04.2024.