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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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nunmehr in der Kirchcnbanstreitsache von den ordentlichen Gerichten gleichfalls
entschieden, nnr daß bei diesem Ergebnis sechs Rechtsanwälte mitwirken müssen,
reichlich achtzehn Monate prozessiert wird und reichlich 1000 Mark Kosten
entsteh".

Das Mißverhältnis springt noch mehr in die Angen, wenn in einem
solchen Prozeß vor den ordentlichen Gerichten etwa der Fiskus, die Provinz
oder andre Verbände des öffentlichen Rechts beteiligt sind, also Parteien, die
durch rechtskundige Behörden vertreten sind. Während diese ihre Prozesse vor
den Verwaltungsgerichten glatt und ohne Kostenaufwand selbst führen, müssen
zu ihrer Vertretung vor den ordentlichen Gerichten genau sechs Rechtsanwälte
mitwirken. Bei dieser Unbeholfenheit und Kostspieligkeit des Verfahrens vor
den ordentlichen Gerichten ist es begreiflich, daß ihre Zuständigkeit in neuern
Gesetzen möglichst eingeengt wird, und daß man bei der Beratung der Novelle
zum Gerichtsverfassungsgesetz im Jahre 1898 in der Reichstagskommissivn in
vollem Ernst die Einführung "landwirtschaftlicher Schiedsgerichte" beantragte,
und zwar -- wie es im Kommissivnsbericht heißt -- aus Gründen der
e Bevölkerung das gleiche Interesse an, Parität, weil nämlich die
einem billigen lind schleunigen Verfahren habe, wie sich dessen die städtische
Bevölkerung in den Gewerbcgerichten sowie den Jnuungsschiedsgerichten erfreue,
und wie sie auch für den Kaufmannsstand als kaufmännische Schiedsgerichte
erstrebt und sicher demnächst erreicht würden."

(Schluß folgt)




Kunst

>as ist die Kunst? fragten die Karlsruher Künstler vor einem
ihrer Knnstlerfeste bei den verschiedensten Berühmtheiten an,
stellten dann die erhaltnen Antworten zusammen und veröffent¬
lichten das Ganze unter einem reichlich feierlichen Titel: "Das
Zehen der Kunst im Spiegel deutscher Kunstanschauung" (Karls¬
ruhe, Druck und Verlag von G. Braun). Das Beste, was das kleine Buch
bringt, sind Scherze, z. B. "Kunst ist an einem Kunstwerke das, was die
Leute nicht verstehn," oder "Kunst kommt vom Können, nicht vom Wollen,
sonst hieße es Wulst." Die ernsthaften Antworten sind viel länger und
meistens hochpathctisch gehalten, obwohl ein Befragter mit Fug bemerkt:
"Das Erste ist: keine Phrasen machen." Der Ernst wirkt durchweg komisch,
auch wenn es uicht beabsichtigt war. Anläufe zum Witz sind stark aus-
geglitten. Recht hübsch als Bierzeitung. Seltsam nnr, daß die Umfrage bei


«mise

nunmehr in der Kirchcnbanstreitsache von den ordentlichen Gerichten gleichfalls
entschieden, nnr daß bei diesem Ergebnis sechs Rechtsanwälte mitwirken müssen,
reichlich achtzehn Monate prozessiert wird und reichlich 1000 Mark Kosten
entsteh«.

Das Mißverhältnis springt noch mehr in die Angen, wenn in einem
solchen Prozeß vor den ordentlichen Gerichten etwa der Fiskus, die Provinz
oder andre Verbände des öffentlichen Rechts beteiligt sind, also Parteien, die
durch rechtskundige Behörden vertreten sind. Während diese ihre Prozesse vor
den Verwaltungsgerichten glatt und ohne Kostenaufwand selbst führen, müssen
zu ihrer Vertretung vor den ordentlichen Gerichten genau sechs Rechtsanwälte
mitwirken. Bei dieser Unbeholfenheit und Kostspieligkeit des Verfahrens vor
den ordentlichen Gerichten ist es begreiflich, daß ihre Zuständigkeit in neuern
Gesetzen möglichst eingeengt wird, und daß man bei der Beratung der Novelle
zum Gerichtsverfassungsgesetz im Jahre 1898 in der Reichstagskommissivn in
vollem Ernst die Einführung „landwirtschaftlicher Schiedsgerichte" beantragte,
und zwar — wie es im Kommissivnsbericht heißt — aus Gründen der
e Bevölkerung das gleiche Interesse an, Parität, weil nämlich die
einem billigen lind schleunigen Verfahren habe, wie sich dessen die städtische
Bevölkerung in den Gewerbcgerichten sowie den Jnuungsschiedsgerichten erfreue,
und wie sie auch für den Kaufmannsstand als kaufmännische Schiedsgerichte
erstrebt und sicher demnächst erreicht würden."

(Schluß folgt)




Kunst

>as ist die Kunst? fragten die Karlsruher Künstler vor einem
ihrer Knnstlerfeste bei den verschiedensten Berühmtheiten an,
stellten dann die erhaltnen Antworten zusammen und veröffent¬
lichten das Ganze unter einem reichlich feierlichen Titel: „Das
Zehen der Kunst im Spiegel deutscher Kunstanschauung" (Karls¬
ruhe, Druck und Verlag von G. Braun). Das Beste, was das kleine Buch
bringt, sind Scherze, z. B. „Kunst ist an einem Kunstwerke das, was die
Leute nicht verstehn," oder „Kunst kommt vom Können, nicht vom Wollen,
sonst hieße es Wulst." Die ernsthaften Antworten sind viel länger und
meistens hochpathctisch gehalten, obwohl ein Befragter mit Fug bemerkt:
„Das Erste ist: keine Phrasen machen." Der Ernst wirkt durchweg komisch,
auch wenn es uicht beabsichtigt war. Anläufe zum Witz sind stark aus-
geglitten. Recht hübsch als Bierzeitung. Seltsam nnr, daß die Umfrage bei


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[0135] «mise nunmehr in der Kirchcnbanstreitsache von den ordentlichen Gerichten gleichfalls entschieden, nnr daß bei diesem Ergebnis sechs Rechtsanwälte mitwirken müssen, reichlich achtzehn Monate prozessiert wird und reichlich 1000 Mark Kosten entsteh«. Das Mißverhältnis springt noch mehr in die Angen, wenn in einem solchen Prozeß vor den ordentlichen Gerichten etwa der Fiskus, die Provinz oder andre Verbände des öffentlichen Rechts beteiligt sind, also Parteien, die durch rechtskundige Behörden vertreten sind. Während diese ihre Prozesse vor den Verwaltungsgerichten glatt und ohne Kostenaufwand selbst führen, müssen zu ihrer Vertretung vor den ordentlichen Gerichten genau sechs Rechtsanwälte mitwirken. Bei dieser Unbeholfenheit und Kostspieligkeit des Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten ist es begreiflich, daß ihre Zuständigkeit in neuern Gesetzen möglichst eingeengt wird, und daß man bei der Beratung der Novelle zum Gerichtsverfassungsgesetz im Jahre 1898 in der Reichstagskommissivn in vollem Ernst die Einführung „landwirtschaftlicher Schiedsgerichte" beantragte, und zwar — wie es im Kommissivnsbericht heißt — aus Gründen der e Bevölkerung das gleiche Interesse an, Parität, weil nämlich die einem billigen lind schleunigen Verfahren habe, wie sich dessen die städtische Bevölkerung in den Gewerbcgerichten sowie den Jnuungsschiedsgerichten erfreue, und wie sie auch für den Kaufmannsstand als kaufmännische Schiedsgerichte erstrebt und sicher demnächst erreicht würden." (Schluß folgt) Kunst >as ist die Kunst? fragten die Karlsruher Künstler vor einem ihrer Knnstlerfeste bei den verschiedensten Berühmtheiten an, stellten dann die erhaltnen Antworten zusammen und veröffent¬ lichten das Ganze unter einem reichlich feierlichen Titel: „Das Zehen der Kunst im Spiegel deutscher Kunstanschauung" (Karls¬ ruhe, Druck und Verlag von G. Braun). Das Beste, was das kleine Buch bringt, sind Scherze, z. B. „Kunst ist an einem Kunstwerke das, was die Leute nicht verstehn," oder „Kunst kommt vom Können, nicht vom Wollen, sonst hieße es Wulst." Die ernsthaften Antworten sind viel länger und meistens hochpathctisch gehalten, obwohl ein Befragter mit Fug bemerkt: „Das Erste ist: keine Phrasen machen." Der Ernst wirkt durchweg komisch, auch wenn es uicht beabsichtigt war. Anläufe zum Witz sind stark aus- geglitten. Recht hübsch als Bierzeitung. Seltsam nnr, daß die Umfrage bei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/135>, abgerufen am 27.04.2024.