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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Die Neukolonisation Südamerikas

werden, daß an Gewalt auf fremdem Boden nicht gedacht wird, aber ebenso
gewiß können die Holländer sein, daß von deutscher Seite alles gethan werden
wird, um in aller Form Rechtens einem Übelstande abzuhelfen, der in so hohem
Maße eine wirtschaftliche Schädigung Deutschlands ist.

(Schluß folgt)




Die Neukolonisation Südamerikas
Lrnst Rapff von (Schluß)

!nsrc Antwort lautet: die Länder östlich vom Parana -- ohne mit
dieser geographischen Grenze mehr als eine Richtlinie geben zu
wollen -- "ut Kolumbien. Betrachten wir zunächst das erste Ge¬
biet. Bekanntlich liegen die größten verhältnismäßig geschlossenen
deutschen Siedlungsgebiete in Südamerika in Rio Grande do
Sri und Santa Catharina, denen man einige Territorien des Staates Parana
noch zurechnen darf. Was in diesen drei Staaten an Kulturarbeit geleistet
worden ist, das ist hauptsächlich deutscher Hände Werk. Soll aber zugleich dem
Mutterlande nud den dorthin gezognen Söhnen und Töchtern wie deren neuem
Adoptivvaterland überhaupt ein den natürlichen Reichtümern des Landes ent¬
sprechender Gewinn aus dem ganzen Kvlonisntionswcrk erwachsen, so muß die
Hebung dieser Länder "ut die Sanierung aller dortigen Verhältnisse in ganz
anderm Maßstab als bisher betrieben werden.

Zu diesem Zweck fordert ein mit den brasilischen Verhältnissen vertrauter
Diplomat, der frühere kaiserliche Gesandte in Rio Janeiro, Dr. Kranel, in
seiner Schrift "Deutsche Interessen in Brasilien" (Hamburg, 1900) die Förde¬
rung der Unternehmungen der Hanseatischen Kolonisationsgcsellschaft in Santa
Catharina und der Rio Grande-Nordwestbnhu- und Siedlungsgesellschaft in
Rio Grande do Sri. Zur Anbahnung eines bessern Verhältnisses mit Brasilien
überhaupt bezeichnet er den Abschluß eines Handels- und Schiffahrtsvertrags
als wünschenswert, hält aber das Zustandekommen eines solchen in der nächsten
Zeit für unwahrscheinlich. Ebenso ungünstig sind nach seiner Meinung die
Aussichten für den Abschluß einer Konsularkonvention. Indem wir ans das
so verdienstliche Hansanuternehmen als eine Sache von mehr lokaler Bedeutung
hier nicht näher eingehn, halten wir dafür, daß das Hauptgewicht ans Rio
Grande gelegt werden muß, da hier größere Verhältnisse vorliegen als in
Santa Catharina, ferner die geographischen Beziehungen zu den Nachbarländern
günstiger sind und demgemäß in Zukunft hier am meisten erreicht werden kann.


Die Neukolonisation Südamerikas

werden, daß an Gewalt auf fremdem Boden nicht gedacht wird, aber ebenso
gewiß können die Holländer sein, daß von deutscher Seite alles gethan werden
wird, um in aller Form Rechtens einem Übelstande abzuhelfen, der in so hohem
Maße eine wirtschaftliche Schädigung Deutschlands ist.

(Schluß folgt)




Die Neukolonisation Südamerikas
Lrnst Rapff von (Schluß)

!nsrc Antwort lautet: die Länder östlich vom Parana — ohne mit
dieser geographischen Grenze mehr als eine Richtlinie geben zu
wollen — »ut Kolumbien. Betrachten wir zunächst das erste Ge¬
biet. Bekanntlich liegen die größten verhältnismäßig geschlossenen
deutschen Siedlungsgebiete in Südamerika in Rio Grande do
Sri und Santa Catharina, denen man einige Territorien des Staates Parana
noch zurechnen darf. Was in diesen drei Staaten an Kulturarbeit geleistet
worden ist, das ist hauptsächlich deutscher Hände Werk. Soll aber zugleich dem
Mutterlande nud den dorthin gezognen Söhnen und Töchtern wie deren neuem
Adoptivvaterland überhaupt ein den natürlichen Reichtümern des Landes ent¬
sprechender Gewinn aus dem ganzen Kvlonisntionswcrk erwachsen, so muß die
Hebung dieser Länder »ut die Sanierung aller dortigen Verhältnisse in ganz
anderm Maßstab als bisher betrieben werden.

Zu diesem Zweck fordert ein mit den brasilischen Verhältnissen vertrauter
Diplomat, der frühere kaiserliche Gesandte in Rio Janeiro, Dr. Kranel, in
seiner Schrift „Deutsche Interessen in Brasilien" (Hamburg, 1900) die Förde¬
rung der Unternehmungen der Hanseatischen Kolonisationsgcsellschaft in Santa
Catharina und der Rio Grande-Nordwestbnhu- und Siedlungsgesellschaft in
Rio Grande do Sri. Zur Anbahnung eines bessern Verhältnisses mit Brasilien
überhaupt bezeichnet er den Abschluß eines Handels- und Schiffahrtsvertrags
als wünschenswert, hält aber das Zustandekommen eines solchen in der nächsten
Zeit für unwahrscheinlich. Ebenso ungünstig sind nach seiner Meinung die
Aussichten für den Abschluß einer Konsularkonvention. Indem wir ans das
so verdienstliche Hansanuternehmen als eine Sache von mehr lokaler Bedeutung
hier nicht näher eingehn, halten wir dafür, daß das Hauptgewicht ans Rio
Grande gelegt werden muß, da hier größere Verhältnisse vorliegen als in
Santa Catharina, ferner die geographischen Beziehungen zu den Nachbarländern
günstiger sind und demgemäß in Zukunft hier am meisten erreicht werden kann.


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[0220] Die Neukolonisation Südamerikas werden, daß an Gewalt auf fremdem Boden nicht gedacht wird, aber ebenso gewiß können die Holländer sein, daß von deutscher Seite alles gethan werden wird, um in aller Form Rechtens einem Übelstande abzuhelfen, der in so hohem Maße eine wirtschaftliche Schädigung Deutschlands ist. (Schluß folgt) Die Neukolonisation Südamerikas Lrnst Rapff von (Schluß) !nsrc Antwort lautet: die Länder östlich vom Parana — ohne mit dieser geographischen Grenze mehr als eine Richtlinie geben zu wollen — »ut Kolumbien. Betrachten wir zunächst das erste Ge¬ biet. Bekanntlich liegen die größten verhältnismäßig geschlossenen deutschen Siedlungsgebiete in Südamerika in Rio Grande do Sri und Santa Catharina, denen man einige Territorien des Staates Parana noch zurechnen darf. Was in diesen drei Staaten an Kulturarbeit geleistet worden ist, das ist hauptsächlich deutscher Hände Werk. Soll aber zugleich dem Mutterlande nud den dorthin gezognen Söhnen und Töchtern wie deren neuem Adoptivvaterland überhaupt ein den natürlichen Reichtümern des Landes ent¬ sprechender Gewinn aus dem ganzen Kvlonisntionswcrk erwachsen, so muß die Hebung dieser Länder »ut die Sanierung aller dortigen Verhältnisse in ganz anderm Maßstab als bisher betrieben werden. Zu diesem Zweck fordert ein mit den brasilischen Verhältnissen vertrauter Diplomat, der frühere kaiserliche Gesandte in Rio Janeiro, Dr. Kranel, in seiner Schrift „Deutsche Interessen in Brasilien" (Hamburg, 1900) die Förde¬ rung der Unternehmungen der Hanseatischen Kolonisationsgcsellschaft in Santa Catharina und der Rio Grande-Nordwestbnhu- und Siedlungsgesellschaft in Rio Grande do Sri. Zur Anbahnung eines bessern Verhältnisses mit Brasilien überhaupt bezeichnet er den Abschluß eines Handels- und Schiffahrtsvertrags als wünschenswert, hält aber das Zustandekommen eines solchen in der nächsten Zeit für unwahrscheinlich. Ebenso ungünstig sind nach seiner Meinung die Aussichten für den Abschluß einer Konsularkonvention. Indem wir ans das so verdienstliche Hansanuternehmen als eine Sache von mehr lokaler Bedeutung hier nicht näher eingehn, halten wir dafür, daß das Hauptgewicht ans Rio Grande gelegt werden muß, da hier größere Verhältnisse vorliegen als in Santa Catharina, ferner die geographischen Beziehungen zu den Nachbarländern günstiger sind und demgemäß in Zukunft hier am meisten erreicht werden kann.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/220>, abgerufen am 28.04.2024.