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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Unstern

Philippeville, Algier, Orau und auf Korsika die Befestigungen von Ajaccio
und Bonifaceio zu verstärken. Hierdurch schuf man sich ein strategisches Dreieck,
dessen Spitzen in Toulon, Bizerta und Oran ruhn, und das, unterstützt durch
die befestigten Häfen Korsikas und der algerisch-tunesischen Küste, für die Be¬
herrschung des westlichen Bättelmeers stärker ist als die strategische Linie
Gibraltar-Malta, Korsika insbesondre ist für Frankreich ein guter Stützpunkt
für Unternehmungen gegen die toskanische und römische Küste, Daher auch
die umfangreichen Forderungen für Korsika im französischen Marinebudget für
1901, Was die nordafrikanische Küste anbelangt, so sind für Oran und Bone
zwei Trockendocks für Kriegsschiffe geplant, Bone erhält außerdem eine Torpedo-
bootstation erster Klasse und eine Ladestelle für Unterseeboote, Ans derartigen
Thatsachen der französischen Marinepolitik erkennt man besser als aus den
billigen Versicherungen der Pariser Blätter, ob Italiens Interesse auf dem
Mittelmeer von französischer Seite bedroht ist oder nicht. Und vor allein ein
drohendes Fragezeichen nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa, das
vom Mittelmeer zehrt, ist und bleibt das alte geheimnisvolle, plötzlich wieder
anferstandne Hippo Zarvthus!"

So konnte es nicht fehle", daß Admiral Gervais, der erst kürzlich wieder
Bizerta besichtigte, nur uoch einen Wunsch für diesen Ort kannte, nämlich den
spezifisch französischen Wunsch nach besondern Einrichtungen für Unterbringung
von Unterseebooten von größern Tonnengehalt, in noch nnsgedehnterm Maß,
als dies für Bone schon vorgesehen ist. Sonst war der Admiral von den
Befestigungswerken dieses tunesischen Hanpthafeus sehr befriedigt und entzückt.
Und mit ihm zweifellos ganz Frankreich, das hier in der That ein Kleinod
aus der Meeresflut gefischt hat, um das es von ganz Europa beneidet, von
Italien gefürchtet und -- von England rechtschaffen gehaßt wird.




Unstern

Aus den Erzählungen eines alten Advokaten
Eduard Dupri*) von

uf dem Bergleiter war Militärmusik, Das war el" geräumiger Garten
vor der Stadt. Ein kleiner deutscher Kaufmann, der zur Zeit des
Krieges aus Frankreich vertrieben worden war, hatte dort die Wirt¬
schaft erworben und gab den armen Musikanten zuweilen etwas zu ver-
dieneni die lagen damals im allgemeinen ziemlich brach. Mau ging
aus Patriotismus hin; auch abgesehen davon war es draußen ganz
das Bier war gut, die Gesellschaft allerdings sehr klein, immer die-hübsch,
selben Leute, deutsche Beamte aller Art.



^) Verfasser von Fortunatus Lcmtschy und Dina, zwei Erzählungen, die im Verlag von
Fr, Wilh. Grunow erschienen sind.
Unstern

Philippeville, Algier, Orau und auf Korsika die Befestigungen von Ajaccio
und Bonifaceio zu verstärken. Hierdurch schuf man sich ein strategisches Dreieck,
dessen Spitzen in Toulon, Bizerta und Oran ruhn, und das, unterstützt durch
die befestigten Häfen Korsikas und der algerisch-tunesischen Küste, für die Be¬
herrschung des westlichen Bättelmeers stärker ist als die strategische Linie
Gibraltar-Malta, Korsika insbesondre ist für Frankreich ein guter Stützpunkt
für Unternehmungen gegen die toskanische und römische Küste, Daher auch
die umfangreichen Forderungen für Korsika im französischen Marinebudget für
1901, Was die nordafrikanische Küste anbelangt, so sind für Oran und Bone
zwei Trockendocks für Kriegsschiffe geplant, Bone erhält außerdem eine Torpedo-
bootstation erster Klasse und eine Ladestelle für Unterseeboote, Ans derartigen
Thatsachen der französischen Marinepolitik erkennt man besser als aus den
billigen Versicherungen der Pariser Blätter, ob Italiens Interesse auf dem
Mittelmeer von französischer Seite bedroht ist oder nicht. Und vor allein ein
drohendes Fragezeichen nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa, das
vom Mittelmeer zehrt, ist und bleibt das alte geheimnisvolle, plötzlich wieder
anferstandne Hippo Zarvthus!"

So konnte es nicht fehle», daß Admiral Gervais, der erst kürzlich wieder
Bizerta besichtigte, nur uoch einen Wunsch für diesen Ort kannte, nämlich den
spezifisch französischen Wunsch nach besondern Einrichtungen für Unterbringung
von Unterseebooten von größern Tonnengehalt, in noch nnsgedehnterm Maß,
als dies für Bone schon vorgesehen ist. Sonst war der Admiral von den
Befestigungswerken dieses tunesischen Hanpthafeus sehr befriedigt und entzückt.
Und mit ihm zweifellos ganz Frankreich, das hier in der That ein Kleinod
aus der Meeresflut gefischt hat, um das es von ganz Europa beneidet, von
Italien gefürchtet und — von England rechtschaffen gehaßt wird.




Unstern

Aus den Erzählungen eines alten Advokaten
Eduard Dupri*) von

uf dem Bergleiter war Militärmusik, Das war el» geräumiger Garten
vor der Stadt. Ein kleiner deutscher Kaufmann, der zur Zeit des
Krieges aus Frankreich vertrieben worden war, hatte dort die Wirt¬
schaft erworben und gab den armen Musikanten zuweilen etwas zu ver-
dieneni die lagen damals im allgemeinen ziemlich brach. Mau ging
aus Patriotismus hin; auch abgesehen davon war es draußen ganz
das Bier war gut, die Gesellschaft allerdings sehr klein, immer die-hübsch,
selben Leute, deutsche Beamte aller Art.



^) Verfasser von Fortunatus Lcmtschy und Dina, zwei Erzählungen, die im Verlag von
Fr, Wilh. Grunow erschienen sind.
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[0523] Unstern Philippeville, Algier, Orau und auf Korsika die Befestigungen von Ajaccio und Bonifaceio zu verstärken. Hierdurch schuf man sich ein strategisches Dreieck, dessen Spitzen in Toulon, Bizerta und Oran ruhn, und das, unterstützt durch die befestigten Häfen Korsikas und der algerisch-tunesischen Küste, für die Be¬ herrschung des westlichen Bättelmeers stärker ist als die strategische Linie Gibraltar-Malta, Korsika insbesondre ist für Frankreich ein guter Stützpunkt für Unternehmungen gegen die toskanische und römische Küste, Daher auch die umfangreichen Forderungen für Korsika im französischen Marinebudget für 1901, Was die nordafrikanische Küste anbelangt, so sind für Oran und Bone zwei Trockendocks für Kriegsschiffe geplant, Bone erhält außerdem eine Torpedo- bootstation erster Klasse und eine Ladestelle für Unterseeboote, Ans derartigen Thatsachen der französischen Marinepolitik erkennt man besser als aus den billigen Versicherungen der Pariser Blätter, ob Italiens Interesse auf dem Mittelmeer von französischer Seite bedroht ist oder nicht. Und vor allein ein drohendes Fragezeichen nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa, das vom Mittelmeer zehrt, ist und bleibt das alte geheimnisvolle, plötzlich wieder anferstandne Hippo Zarvthus!" So konnte es nicht fehle», daß Admiral Gervais, der erst kürzlich wieder Bizerta besichtigte, nur uoch einen Wunsch für diesen Ort kannte, nämlich den spezifisch französischen Wunsch nach besondern Einrichtungen für Unterbringung von Unterseebooten von größern Tonnengehalt, in noch nnsgedehnterm Maß, als dies für Bone schon vorgesehen ist. Sonst war der Admiral von den Befestigungswerken dieses tunesischen Hanpthafeus sehr befriedigt und entzückt. Und mit ihm zweifellos ganz Frankreich, das hier in der That ein Kleinod aus der Meeresflut gefischt hat, um das es von ganz Europa beneidet, von Italien gefürchtet und — von England rechtschaffen gehaßt wird. Unstern Aus den Erzählungen eines alten Advokaten Eduard Dupri*) von uf dem Bergleiter war Militärmusik, Das war el» geräumiger Garten vor der Stadt. Ein kleiner deutscher Kaufmann, der zur Zeit des Krieges aus Frankreich vertrieben worden war, hatte dort die Wirt¬ schaft erworben und gab den armen Musikanten zuweilen etwas zu ver- dieneni die lagen damals im allgemeinen ziemlich brach. Mau ging aus Patriotismus hin; auch abgesehen davon war es draußen ganz das Bier war gut, die Gesellschaft allerdings sehr klein, immer die-hübsch, selben Leute, deutsche Beamte aller Art. ^) Verfasser von Fortunatus Lcmtschy und Dina, zwei Erzählungen, die im Verlag von Fr, Wilh. Grunow erschienen sind.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/523>, abgerufen am 28.04.2024.