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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umncißgel'liebes

liovuo ü,rOl>o0lng'ign<z, September-Oktober 1901). Damals sprach Tiridates:
"Ich kani zik dir als zu meinem Gott, dir zu huldige" wie dem Mithras." Und
als Plinius dieses Ereignis erzählte, das den größten Eindruck auf alle Zeitgenossen
und namentlich auf die Bewohner der Länder machte, durch die Tiridates gezogen
war, wo es noch lange fortlebte -- es waren die, wo das griechisch für Griechen
geschriebne Matthäusevangelium in den zwanzig oder dreißig Jahren uach diesem
Ereignis entstand! so gebrauchte Plinius (n, b. XXX, 16) die Worte: N^guf
ä^tes -z.ä Uvrcmom vouorat ot maAos soeuin aäÄuxorat. Hier haben wir also
wörtlich die Magier, die vom Osten kamen, um dem Könige zu huldigen, wofür
Dio Cassius und Matthäus den gleichen Ausdruck haben ?r^oc7Xi^e5v. Dieses erste
und hauptsächliche, die ?!.^"<7xvv,/</tL, bilden allerdings die ältesten christlichen Künstler
versäumt, wenn sie die Anbetung der heiligen drei Könige darstellten, weil sie sich
an die aufrechtstehenden Oranten der klassischen Kunst hielten.

Der Mithrasdienst war der heftigste und am schwierigsten zu bekämpfende Gegner
des werdenden Christentums; dieser Kampf des Mithras und des Christus mußte
bei den Christen den brennenden Wunsch erzeugen, daß sich der falsche Gott mit
seine" Dienern beugten vor dem wahren. So hat der Zug des Magiers Tiridates
aus dein Osten zu Nero den Anstoß gegeben, daß sich aus einer allgemeinen
Tradition vom verkündenden Stern mit Hilfe des früher oder später hinzutretender
Nebemnotivs aus den Propheten die Legende von dem Zug der Magier zur An¬
betung des neuen Herrn und Erretters der Welt entwickelt hat. Der Gießener
Gelehrte, der nicht allein im Altertum mit seinen Studien weilt, sondern auch der
modernen Wissenschaft der Volkskunde, die der Sage und Sagcnbildung nicht am
wenigsten geweiht ist -- er ist ein eifriges Mitglied der "Vereinigung für hessische
Volkskunde in Gießen" --, seine Arbeitskraft leiht, schließt mit den Worten, die
wir auch für uns in Anspruch nehmen: "Dem, der den Versuch solchen Verständ¬
nisses in heiliger Schrift unfromin nennt, antworte ich: Echte Sage ist so heilig
und rein wie das religiöse Gefühl, aus dem sie als Blüte hervorbricht. Gegen
Ende des Jahrhunderts, wo die Gebrüder Grimm gewirkt haben, sollte es nicht
M. nötig sein, Gebildeten das zu sagen."


Eine Gehaltsaufbesserung vor hundertzwanzig Jahren.

Die preu¬
ßischen Oberlehrer haben in dem letzten Jahrzehnt einen fast leidenschaftlichen Kampf
um eine Verbesserung ihrer Stellung geführt. Wenn sie noch nicht alles erreicht
haben, was sie wünschen und fordern, so mag ihnen ein kleines Bild aus der Ver¬
gangenheit ihres Standes ein wenig Trost und Befriedigung gewähren.

An dem alten und gewissermaßen berühmten Gymnasium zu Se. Elisabeth in
der Haupt- und Residenzstadt Breslau waren um die Mitte des achtzehnten Jahr¬
hunderts die Einkünfte der Lehrer, besonders der acht "Kollegen," die mit den
drei Professoren, einschließlich des Rektors als ersten Professors, das Kollegium
bildeten, allmählich in ein unerträgliches Mißverhältnis zu deu notwendigsten Aus¬
gaben geraten. Als der Magistrat um 1524 bei der Einführung der Reformation
das Patronat über Kirchen und Schulen gewann, lag es dem Geiste der Zeit
durchaus fern, die Einkünfte der Geistlichen und der Lehrer festzustellen und etwa
ganz auf die Stadtkasse zu übernehmen; ans dieser wurde nur ein Zuschuß gezahlt.
Er war zwar im Laufe der Jahrhunderte einigemal erhöht worden, betrug aber
doch im Jahre 1779, wenn man von dem Rektor absieht, durchschnittlich nur
30 Prozent des Einkommens der Lehrer. Denn zum Glück hatten sich nicht wenig
Wohlthäter und Gönner, darunter auch Frauen, gefunden, die durch Stiftungen
für alle oder einige bestimmte Lehrer oder für ein besondres Lehrfach der Übeln
und unsichern Lage abzuhelfen suchten. Die Zinsen ans solchen Stiftungen machten
etwa 50 bis 60 Prozent aus. Was für Kapitalien aber gehören dazu, um elf
Gymnasiallehrern auch nur die Hälfte eines leidlichen Einkommens zu schaffen!
Der Rest der 10 bis 20 Prozent endlich fiel auf die ungewissen Einkünfte, nämlich


Maßgebliches und Umncißgel'liebes

liovuo ü,rOl>o0lng'ign<z, September-Oktober 1901). Damals sprach Tiridates:
„Ich kani zik dir als zu meinem Gott, dir zu huldige» wie dem Mithras." Und
als Plinius dieses Ereignis erzählte, das den größten Eindruck auf alle Zeitgenossen
und namentlich auf die Bewohner der Länder machte, durch die Tiridates gezogen
war, wo es noch lange fortlebte — es waren die, wo das griechisch für Griechen
geschriebne Matthäusevangelium in den zwanzig oder dreißig Jahren uach diesem
Ereignis entstand! so gebrauchte Plinius (n, b. XXX, 16) die Worte: N^guf
ä^tes -z.ä Uvrcmom vouorat ot maAos soeuin aäÄuxorat. Hier haben wir also
wörtlich die Magier, die vom Osten kamen, um dem Könige zu huldigen, wofür
Dio Cassius und Matthäus den gleichen Ausdruck haben ?r^oc7Xi^e5v. Dieses erste
und hauptsächliche, die ?!.^»<7xvv,/</tL, bilden allerdings die ältesten christlichen Künstler
versäumt, wenn sie die Anbetung der heiligen drei Könige darstellten, weil sie sich
an die aufrechtstehenden Oranten der klassischen Kunst hielten.

Der Mithrasdienst war der heftigste und am schwierigsten zu bekämpfende Gegner
des werdenden Christentums; dieser Kampf des Mithras und des Christus mußte
bei den Christen den brennenden Wunsch erzeugen, daß sich der falsche Gott mit
seine» Dienern beugten vor dem wahren. So hat der Zug des Magiers Tiridates
aus dein Osten zu Nero den Anstoß gegeben, daß sich aus einer allgemeinen
Tradition vom verkündenden Stern mit Hilfe des früher oder später hinzutretender
Nebemnotivs aus den Propheten die Legende von dem Zug der Magier zur An¬
betung des neuen Herrn und Erretters der Welt entwickelt hat. Der Gießener
Gelehrte, der nicht allein im Altertum mit seinen Studien weilt, sondern auch der
modernen Wissenschaft der Volkskunde, die der Sage und Sagcnbildung nicht am
wenigsten geweiht ist — er ist ein eifriges Mitglied der „Vereinigung für hessische
Volkskunde in Gießen" —, seine Arbeitskraft leiht, schließt mit den Worten, die
wir auch für uns in Anspruch nehmen: „Dem, der den Versuch solchen Verständ¬
nisses in heiliger Schrift unfromin nennt, antworte ich: Echte Sage ist so heilig
und rein wie das religiöse Gefühl, aus dem sie als Blüte hervorbricht. Gegen
Ende des Jahrhunderts, wo die Gebrüder Grimm gewirkt haben, sollte es nicht
M. nötig sein, Gebildeten das zu sagen."


Eine Gehaltsaufbesserung vor hundertzwanzig Jahren.

Die preu¬
ßischen Oberlehrer haben in dem letzten Jahrzehnt einen fast leidenschaftlichen Kampf
um eine Verbesserung ihrer Stellung geführt. Wenn sie noch nicht alles erreicht
haben, was sie wünschen und fordern, so mag ihnen ein kleines Bild aus der Ver¬
gangenheit ihres Standes ein wenig Trost und Befriedigung gewähren.

An dem alten und gewissermaßen berühmten Gymnasium zu Se. Elisabeth in
der Haupt- und Residenzstadt Breslau waren um die Mitte des achtzehnten Jahr¬
hunderts die Einkünfte der Lehrer, besonders der acht „Kollegen," die mit den
drei Professoren, einschließlich des Rektors als ersten Professors, das Kollegium
bildeten, allmählich in ein unerträgliches Mißverhältnis zu deu notwendigsten Aus¬
gaben geraten. Als der Magistrat um 1524 bei der Einführung der Reformation
das Patronat über Kirchen und Schulen gewann, lag es dem Geiste der Zeit
durchaus fern, die Einkünfte der Geistlichen und der Lehrer festzustellen und etwa
ganz auf die Stadtkasse zu übernehmen; ans dieser wurde nur ein Zuschuß gezahlt.
Er war zwar im Laufe der Jahrhunderte einigemal erhöht worden, betrug aber
doch im Jahre 1779, wenn man von dem Rektor absieht, durchschnittlich nur
30 Prozent des Einkommens der Lehrer. Denn zum Glück hatten sich nicht wenig
Wohlthäter und Gönner, darunter auch Frauen, gefunden, die durch Stiftungen
für alle oder einige bestimmte Lehrer oder für ein besondres Lehrfach der Übeln
und unsichern Lage abzuhelfen suchten. Die Zinsen ans solchen Stiftungen machten
etwa 50 bis 60 Prozent aus. Was für Kapitalien aber gehören dazu, um elf
Gymnasiallehrern auch nur die Hälfte eines leidlichen Einkommens zu schaffen!
Der Rest der 10 bis 20 Prozent endlich fiel auf die ungewissen Einkünfte, nämlich


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[0284] Maßgebliches und Umncißgel'liebes liovuo ü,rOl>o0lng'ign<z, September-Oktober 1901). Damals sprach Tiridates: „Ich kani zik dir als zu meinem Gott, dir zu huldige» wie dem Mithras." Und als Plinius dieses Ereignis erzählte, das den größten Eindruck auf alle Zeitgenossen und namentlich auf die Bewohner der Länder machte, durch die Tiridates gezogen war, wo es noch lange fortlebte — es waren die, wo das griechisch für Griechen geschriebne Matthäusevangelium in den zwanzig oder dreißig Jahren uach diesem Ereignis entstand! so gebrauchte Plinius (n, b. XXX, 16) die Worte: N^guf ä^tes -z.ä Uvrcmom vouorat ot maAos soeuin aäÄuxorat. Hier haben wir also wörtlich die Magier, die vom Osten kamen, um dem Könige zu huldigen, wofür Dio Cassius und Matthäus den gleichen Ausdruck haben ?r^oc7Xi^e5v. Dieses erste und hauptsächliche, die ?!.^»<7xvv,/</tL, bilden allerdings die ältesten christlichen Künstler versäumt, wenn sie die Anbetung der heiligen drei Könige darstellten, weil sie sich an die aufrechtstehenden Oranten der klassischen Kunst hielten. Der Mithrasdienst war der heftigste und am schwierigsten zu bekämpfende Gegner des werdenden Christentums; dieser Kampf des Mithras und des Christus mußte bei den Christen den brennenden Wunsch erzeugen, daß sich der falsche Gott mit seine» Dienern beugten vor dem wahren. So hat der Zug des Magiers Tiridates aus dein Osten zu Nero den Anstoß gegeben, daß sich aus einer allgemeinen Tradition vom verkündenden Stern mit Hilfe des früher oder später hinzutretender Nebemnotivs aus den Propheten die Legende von dem Zug der Magier zur An¬ betung des neuen Herrn und Erretters der Welt entwickelt hat. Der Gießener Gelehrte, der nicht allein im Altertum mit seinen Studien weilt, sondern auch der modernen Wissenschaft der Volkskunde, die der Sage und Sagcnbildung nicht am wenigsten geweiht ist — er ist ein eifriges Mitglied der „Vereinigung für hessische Volkskunde in Gießen" —, seine Arbeitskraft leiht, schließt mit den Worten, die wir auch für uns in Anspruch nehmen: „Dem, der den Versuch solchen Verständ¬ nisses in heiliger Schrift unfromin nennt, antworte ich: Echte Sage ist so heilig und rein wie das religiöse Gefühl, aus dem sie als Blüte hervorbricht. Gegen Ende des Jahrhunderts, wo die Gebrüder Grimm gewirkt haben, sollte es nicht M. nötig sein, Gebildeten das zu sagen." Eine Gehaltsaufbesserung vor hundertzwanzig Jahren. Die preu¬ ßischen Oberlehrer haben in dem letzten Jahrzehnt einen fast leidenschaftlichen Kampf um eine Verbesserung ihrer Stellung geführt. Wenn sie noch nicht alles erreicht haben, was sie wünschen und fordern, so mag ihnen ein kleines Bild aus der Ver¬ gangenheit ihres Standes ein wenig Trost und Befriedigung gewähren. An dem alten und gewissermaßen berühmten Gymnasium zu Se. Elisabeth in der Haupt- und Residenzstadt Breslau waren um die Mitte des achtzehnten Jahr¬ hunderts die Einkünfte der Lehrer, besonders der acht „Kollegen," die mit den drei Professoren, einschließlich des Rektors als ersten Professors, das Kollegium bildeten, allmählich in ein unerträgliches Mißverhältnis zu deu notwendigsten Aus¬ gaben geraten. Als der Magistrat um 1524 bei der Einführung der Reformation das Patronat über Kirchen und Schulen gewann, lag es dem Geiste der Zeit durchaus fern, die Einkünfte der Geistlichen und der Lehrer festzustellen und etwa ganz auf die Stadtkasse zu übernehmen; ans dieser wurde nur ein Zuschuß gezahlt. Er war zwar im Laufe der Jahrhunderte einigemal erhöht worden, betrug aber doch im Jahre 1779, wenn man von dem Rektor absieht, durchschnittlich nur 30 Prozent des Einkommens der Lehrer. Denn zum Glück hatten sich nicht wenig Wohlthäter und Gönner, darunter auch Frauen, gefunden, die durch Stiftungen für alle oder einige bestimmte Lehrer oder für ein besondres Lehrfach der Übeln und unsichern Lage abzuhelfen suchten. Die Zinsen ans solchen Stiftungen machten etwa 50 bis 60 Prozent aus. Was für Kapitalien aber gehören dazu, um elf Gymnasiallehrern auch nur die Hälfte eines leidlichen Einkommens zu schaffen! Der Rest der 10 bis 20 Prozent endlich fiel auf die ungewissen Einkünfte, nämlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/284>, abgerufen am 28.04.2024.