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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Das größere Italien und die LoeietÄ v^no ^liZKieri

enden, der Ausdruck Orvatör Lriwin, das Schlagwort des
britischen Imperialismus, aufgekommen ist, hat er auch in andern
Ländern, deren nationale Interessen weit über ihre Staatsgrenzen
hmmisreicheu, Nachahmung gefunden, obwohl, den Verhältnissen
entsprechend, in einem wesentlich andern Sinne. Kaiser Wil¬
helm II, hat gelegentlich von einem "größer" Deutschland" gesprochen und
es als eine Aufgabe der deutschen Politik bezeichnet, nicht die politischen,
aber die geistigen und wirtschaftliche,, Baude zwischen den Deutschen im
Reiche und denen draußen, namentlich auch in den überseeischen Ländern,
zu kräftigen. Neuerdings ist auch von "einem größer,, Italien," raa xiü
Frg.ntZg i^ij^ dje Rede, in demselben Sinne und mit demselben Rechte. Denn
die Grenzen des Königreichs Italiens sind ebensowenig die Grenzen der
italienische" Nationalität wie die Grenzen des Deutschen Reichs die der
deutschen. Zunächst schließen sich italienisch redende Außenkante an, die zu
ü'gerd einer frühern Zeit unter italienischer Herrschaft gestanden haben, jetzt
"ber zu fremde,, Staatswesen gehören, Tessin, Südtirol, Trieft mit dein
^üstenlande, Jstrien, Dalmatien, Malta, die Länder, die man, wenigstens teil¬
weise, in Italien selbst gern als die Iwlig, irrgäsuta, das ""erlöste Italien,
bezeichnet, also im stille" als künftige Teile des Nationalstaats ins Auge faßt,
wenn man mich jetzt nicht laut davon spricht. Ihnen zunächst stehn die zahl¬
reiche" verstreuten italienischen Niederlassungen im muhammedanischen (türkischen)
Orient rings um das östliche Becken des Mittelmeers, auch sie in ihrem Ur¬
sprünge meist Reste der alte" venezianische" und gcnilesischen Seeherrschaft.
""ick jünger" Ursprungs und ganz andrer Art siud die vorübergehende,, An-
siedlungen namentlich italienischer Arbeiter, die ans kürzere oder längere Zeit
durch "Abwcmdrnng" in die europäischen Nachbarländer bis nach England hin
^utstehn, und die dauernden Kolonisationen jenseits des Weltmeers vor allem
un "lateinische,," Amerika, wo sie in einzelnen Teilen ziemlich zusammen¬
hängende Fläche" besetzt habe", allerdings auch unter fremder Herrschaft stehn.
Eine Ausnahme ist nur die junge volonig, Lritrcü^ am Roten Meer, aber sie


Grenz boten I 1902 36


Das größere Italien und die LoeietÄ v^no ^liZKieri

enden, der Ausdruck Orvatör Lriwin, das Schlagwort des
britischen Imperialismus, aufgekommen ist, hat er auch in andern
Ländern, deren nationale Interessen weit über ihre Staatsgrenzen
hmmisreicheu, Nachahmung gefunden, obwohl, den Verhältnissen
entsprechend, in einem wesentlich andern Sinne. Kaiser Wil¬
helm II, hat gelegentlich von einem „größer» Deutschland" gesprochen und
es als eine Aufgabe der deutschen Politik bezeichnet, nicht die politischen,
aber die geistigen und wirtschaftliche,, Baude zwischen den Deutschen im
Reiche und denen draußen, namentlich auch in den überseeischen Ländern,
zu kräftigen. Neuerdings ist auch von „einem größer,, Italien," raa xiü
Frg.ntZg i^ij^ dje Rede, in demselben Sinne und mit demselben Rechte. Denn
die Grenzen des Königreichs Italiens sind ebensowenig die Grenzen der
italienische» Nationalität wie die Grenzen des Deutschen Reichs die der
deutschen. Zunächst schließen sich italienisch redende Außenkante an, die zu
ü'gerd einer frühern Zeit unter italienischer Herrschaft gestanden haben, jetzt
"ber zu fremde,, Staatswesen gehören, Tessin, Südtirol, Trieft mit dein
^üstenlande, Jstrien, Dalmatien, Malta, die Länder, die man, wenigstens teil¬
weise, in Italien selbst gern als die Iwlig, irrgäsuta, das »„erlöste Italien,
bezeichnet, also im stille» als künftige Teile des Nationalstaats ins Auge faßt,
wenn man mich jetzt nicht laut davon spricht. Ihnen zunächst stehn die zahl¬
reiche» verstreuten italienischen Niederlassungen im muhammedanischen (türkischen)
Orient rings um das östliche Becken des Mittelmeers, auch sie in ihrem Ur¬
sprünge meist Reste der alte» venezianische» und gcnilesischen Seeherrschaft.
""ick jünger» Ursprungs und ganz andrer Art siud die vorübergehende,, An-
siedlungen namentlich italienischer Arbeiter, die ans kürzere oder längere Zeit
durch „Abwcmdrnng" in die europäischen Nachbarländer bis nach England hin
^utstehn, und die dauernden Kolonisationen jenseits des Weltmeers vor allem
un „lateinische,," Amerika, wo sie in einzelnen Teilen ziemlich zusammen¬
hängende Fläche» besetzt habe», allerdings auch unter fremder Herrschaft stehn.
Eine Ausnahme ist nur die junge volonig, Lritrcü^ am Roten Meer, aber sie


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[0289] [Abbildung] Das größere Italien und die LoeietÄ v^no ^liZKieri enden, der Ausdruck Orvatör Lriwin, das Schlagwort des britischen Imperialismus, aufgekommen ist, hat er auch in andern Ländern, deren nationale Interessen weit über ihre Staatsgrenzen hmmisreicheu, Nachahmung gefunden, obwohl, den Verhältnissen entsprechend, in einem wesentlich andern Sinne. Kaiser Wil¬ helm II, hat gelegentlich von einem „größer» Deutschland" gesprochen und es als eine Aufgabe der deutschen Politik bezeichnet, nicht die politischen, aber die geistigen und wirtschaftliche,, Baude zwischen den Deutschen im Reiche und denen draußen, namentlich auch in den überseeischen Ländern, zu kräftigen. Neuerdings ist auch von „einem größer,, Italien," raa xiü Frg.ntZg i^ij^ dje Rede, in demselben Sinne und mit demselben Rechte. Denn die Grenzen des Königreichs Italiens sind ebensowenig die Grenzen der italienische» Nationalität wie die Grenzen des Deutschen Reichs die der deutschen. Zunächst schließen sich italienisch redende Außenkante an, die zu ü'gerd einer frühern Zeit unter italienischer Herrschaft gestanden haben, jetzt "ber zu fremde,, Staatswesen gehören, Tessin, Südtirol, Trieft mit dein ^üstenlande, Jstrien, Dalmatien, Malta, die Länder, die man, wenigstens teil¬ weise, in Italien selbst gern als die Iwlig, irrgäsuta, das »„erlöste Italien, bezeichnet, also im stille» als künftige Teile des Nationalstaats ins Auge faßt, wenn man mich jetzt nicht laut davon spricht. Ihnen zunächst stehn die zahl¬ reiche» verstreuten italienischen Niederlassungen im muhammedanischen (türkischen) Orient rings um das östliche Becken des Mittelmeers, auch sie in ihrem Ur¬ sprünge meist Reste der alte» venezianische» und gcnilesischen Seeherrschaft. ""ick jünger» Ursprungs und ganz andrer Art siud die vorübergehende,, An- siedlungen namentlich italienischer Arbeiter, die ans kürzere oder längere Zeit durch „Abwcmdrnng" in die europäischen Nachbarländer bis nach England hin ^utstehn, und die dauernden Kolonisationen jenseits des Weltmeers vor allem un „lateinische,," Amerika, wo sie in einzelnen Teilen ziemlich zusammen¬ hängende Fläche» besetzt habe», allerdings auch unter fremder Herrschaft stehn. Eine Ausnahme ist nur die junge volonig, Lritrcü^ am Roten Meer, aber sie Grenz boten I 1902 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/289>, abgerufen am 29.04.2024.