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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

land etwas geschadet? Wir sollten denken, sie könnte mit dem, was sie erreicht
hat, recht zufrieden sein; sie hat den "Kulturkampf" bestanden ohne die Jesuiten,
sie ist vorwärts gekommen ohne die Jesuiten, wie sie anderthalb Jahrtausende ohne
die Jesuiten ausgekommen ist. Niemand nötigt katholische Eltern, ihre Kinder auf
die jesuitischen Erziehungsanstalten ins Ausland zu schicken, es giebt genug katholische
Erziehungsanstalten andrer Art in Deutschland. Einen Orden, der für die Pro¬
paganda unter Ketzern gegründet wurde, können wir in Deutschland heute uicht
brauche", heute am wenigsten, wo sich die konfessionellen Gegensätze leider wieder
so geschärft haben; diese Zeiten sind vorüber und müssen für immer vorüber sein.
Praktisch müssen sich unsre Kirchen eben vertragen, sie haben sich beide dem nationalen
Interesse zu beuge". Keiner kann es erlaubt werden, der Voraussetzung, die jede Kirche
macht, daß sie allein die ganze religiöse Wahrheit habe, praktische Folgerungen dahin
zu geben, daß sie die andre zu verdrängen, ihre Prinzipien rein zu verwirklichen sucht.
Jede hat ihre Vorzüge und ihre Schwächen, jede hat verschiedne Seiten des kirchlichen
Lebens besonders ausgebildet, andre verkümmern lassen. Das wenigstens sollten sie
beide auch grundsätzlich anerkennen. Wir Protestanten werden in der Organisation und
in der Ordensthätigkeit der römischen Kirche niemals gleichkommen, dafür sind wir
ihr in der Erziehung zu sittlicher Selbständigkeit überlegen. Fordert dieses Neben¬
einander bald von der einen, bald von der andern Seite Opfer, so müssen sie eben
gebracht werden um des Friedens willen, der doch wahrhaftig christlicher ist als
konfessioneller Hader und konfessionelle Unverträglichkeit. Wir wollen unsre katholischen
Landsleute nicht beeinträchtigen, wir ertragen geduldig die große Unbequemlichkeit,
daß die wesentlich von Italienern geleitete Zentralregierung der römischen Kirche
ans unsre deutschen Verhältnisse einen sehr bedeutenden Einfluß ausübt, und wahr¬
haftig nicht immer in deutschfreundlichem Sinn; da müssen sich die deutschen Katho¬
liken auch damit abfinde", daß die Rückkehr der Jesuiten heute uicht möglich ist --
um des Friedens, um des Vnterlaudes willen.


Otto Kaemmel
Verkehrter Eifer.

In der Chemnitzer Konferenz vom 4. Februar wurde
über die Leichenverbrennung verhandelt. Nach dem Bericht des Leipziger Tage¬
blatts vom 6. Februar nahm die Konferenz eine Erklärung an, in der sich folgende
Sätze finden: "Wir stehn und fallen mit Gottes Wort als Glieder der christliche"
Kirche. Darum bekämpfen wir den Leichenbrand, der ein Eingriff in das Recht
ist, welches unserem Gott als unserem Schöpfer, Erlöser und Vollender über unseren
Leib allein zusteht." "Es steht uns als Gottes Kinder kein freies Verfügungsrecht
über unseren Leib zu."

Das klingt sehr feierlich und sehr zuversichtlich und ist gewiß sehr gut gemeint.
Aber dem evangelischen Christen, der nicht vergißt, daß Jesus die Semen ermahnt:
"Habt allezeit Salz bei euch," dem kann bei diesem "Zeugnis" sorgenvoll zu Mute
werden. Die Erklärung erinnert an eine Geschichte, die vor Jahren in Berlin
viel besprochen wurde.

Der Pastor Kräck, der mich für das Stillestehn der Sonne und des Mondes
im Thule Ajalou ein Zeugnis abzulegen sich berufen fühlte, hielt es für seine
Pflicht, als Seelsorger einer ihm nahestehenden Familie von der Operation eines
Schwerkranken abzuraten, trotzdem daß der Arzt sie für notwendig erklärt hatte.
"Man darf Gott nie vorgreifen," sagte er. Er meinte, eine solche Operation sei
"ein Eingriff in das Recht, das unserem Gott über unsern Leib allein zusteht."
Als er nach einigen Tagen mit v. Büchsel im Rege" spazieren ging, hatte er
allein einen Regenschirm mit, den er aufzuspannen kein Arg nahm. Da ergriff
Büchsel den Schirm mit den Worten: "Lieber Bruder, man darf Gott nie vor¬
greifen. "

In katholischen Kreisen ist in den letzten Jahren viel und lebhaft die Frage
verhandelt worden über die wissenschaftliche Inferiorität des Katholizismus. Als


Maßgebliches und Unmaßgebliches

land etwas geschadet? Wir sollten denken, sie könnte mit dem, was sie erreicht
hat, recht zufrieden sein; sie hat den „Kulturkampf" bestanden ohne die Jesuiten,
sie ist vorwärts gekommen ohne die Jesuiten, wie sie anderthalb Jahrtausende ohne
die Jesuiten ausgekommen ist. Niemand nötigt katholische Eltern, ihre Kinder auf
die jesuitischen Erziehungsanstalten ins Ausland zu schicken, es giebt genug katholische
Erziehungsanstalten andrer Art in Deutschland. Einen Orden, der für die Pro¬
paganda unter Ketzern gegründet wurde, können wir in Deutschland heute uicht
brauche«, heute am wenigsten, wo sich die konfessionellen Gegensätze leider wieder
so geschärft haben; diese Zeiten sind vorüber und müssen für immer vorüber sein.
Praktisch müssen sich unsre Kirchen eben vertragen, sie haben sich beide dem nationalen
Interesse zu beuge«. Keiner kann es erlaubt werden, der Voraussetzung, die jede Kirche
macht, daß sie allein die ganze religiöse Wahrheit habe, praktische Folgerungen dahin
zu geben, daß sie die andre zu verdrängen, ihre Prinzipien rein zu verwirklichen sucht.
Jede hat ihre Vorzüge und ihre Schwächen, jede hat verschiedne Seiten des kirchlichen
Lebens besonders ausgebildet, andre verkümmern lassen. Das wenigstens sollten sie
beide auch grundsätzlich anerkennen. Wir Protestanten werden in der Organisation und
in der Ordensthätigkeit der römischen Kirche niemals gleichkommen, dafür sind wir
ihr in der Erziehung zu sittlicher Selbständigkeit überlegen. Fordert dieses Neben¬
einander bald von der einen, bald von der andern Seite Opfer, so müssen sie eben
gebracht werden um des Friedens willen, der doch wahrhaftig christlicher ist als
konfessioneller Hader und konfessionelle Unverträglichkeit. Wir wollen unsre katholischen
Landsleute nicht beeinträchtigen, wir ertragen geduldig die große Unbequemlichkeit,
daß die wesentlich von Italienern geleitete Zentralregierung der römischen Kirche
ans unsre deutschen Verhältnisse einen sehr bedeutenden Einfluß ausübt, und wahr¬
haftig nicht immer in deutschfreundlichem Sinn; da müssen sich die deutschen Katho¬
liken auch damit abfinde», daß die Rückkehr der Jesuiten heute uicht möglich ist —
um des Friedens, um des Vnterlaudes willen.


Otto Kaemmel
Verkehrter Eifer.

In der Chemnitzer Konferenz vom 4. Februar wurde
über die Leichenverbrennung verhandelt. Nach dem Bericht des Leipziger Tage¬
blatts vom 6. Februar nahm die Konferenz eine Erklärung an, in der sich folgende
Sätze finden: „Wir stehn und fallen mit Gottes Wort als Glieder der christliche»
Kirche. Darum bekämpfen wir den Leichenbrand, der ein Eingriff in das Recht
ist, welches unserem Gott als unserem Schöpfer, Erlöser und Vollender über unseren
Leib allein zusteht." „Es steht uns als Gottes Kinder kein freies Verfügungsrecht
über unseren Leib zu."

Das klingt sehr feierlich und sehr zuversichtlich und ist gewiß sehr gut gemeint.
Aber dem evangelischen Christen, der nicht vergißt, daß Jesus die Semen ermahnt:
„Habt allezeit Salz bei euch," dem kann bei diesem „Zeugnis" sorgenvoll zu Mute
werden. Die Erklärung erinnert an eine Geschichte, die vor Jahren in Berlin
viel besprochen wurde.

Der Pastor Kräck, der mich für das Stillestehn der Sonne und des Mondes
im Thule Ajalou ein Zeugnis abzulegen sich berufen fühlte, hielt es für seine
Pflicht, als Seelsorger einer ihm nahestehenden Familie von der Operation eines
Schwerkranken abzuraten, trotzdem daß der Arzt sie für notwendig erklärt hatte.
„Man darf Gott nie vorgreifen," sagte er. Er meinte, eine solche Operation sei
„ein Eingriff in das Recht, das unserem Gott über unsern Leib allein zusteht."
Als er nach einigen Tagen mit v. Büchsel im Rege» spazieren ging, hatte er
allein einen Regenschirm mit, den er aufzuspannen kein Arg nahm. Da ergriff
Büchsel den Schirm mit den Worten: „Lieber Bruder, man darf Gott nie vor¬
greifen. "

In katholischen Kreisen ist in den letzten Jahren viel und lebhaft die Frage
verhandelt worden über die wissenschaftliche Inferiorität des Katholizismus. Als


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[0396] Maßgebliches und Unmaßgebliches land etwas geschadet? Wir sollten denken, sie könnte mit dem, was sie erreicht hat, recht zufrieden sein; sie hat den „Kulturkampf" bestanden ohne die Jesuiten, sie ist vorwärts gekommen ohne die Jesuiten, wie sie anderthalb Jahrtausende ohne die Jesuiten ausgekommen ist. Niemand nötigt katholische Eltern, ihre Kinder auf die jesuitischen Erziehungsanstalten ins Ausland zu schicken, es giebt genug katholische Erziehungsanstalten andrer Art in Deutschland. Einen Orden, der für die Pro¬ paganda unter Ketzern gegründet wurde, können wir in Deutschland heute uicht brauche«, heute am wenigsten, wo sich die konfessionellen Gegensätze leider wieder so geschärft haben; diese Zeiten sind vorüber und müssen für immer vorüber sein. Praktisch müssen sich unsre Kirchen eben vertragen, sie haben sich beide dem nationalen Interesse zu beuge«. Keiner kann es erlaubt werden, der Voraussetzung, die jede Kirche macht, daß sie allein die ganze religiöse Wahrheit habe, praktische Folgerungen dahin zu geben, daß sie die andre zu verdrängen, ihre Prinzipien rein zu verwirklichen sucht. Jede hat ihre Vorzüge und ihre Schwächen, jede hat verschiedne Seiten des kirchlichen Lebens besonders ausgebildet, andre verkümmern lassen. Das wenigstens sollten sie beide auch grundsätzlich anerkennen. Wir Protestanten werden in der Organisation und in der Ordensthätigkeit der römischen Kirche niemals gleichkommen, dafür sind wir ihr in der Erziehung zu sittlicher Selbständigkeit überlegen. Fordert dieses Neben¬ einander bald von der einen, bald von der andern Seite Opfer, so müssen sie eben gebracht werden um des Friedens willen, der doch wahrhaftig christlicher ist als konfessioneller Hader und konfessionelle Unverträglichkeit. Wir wollen unsre katholischen Landsleute nicht beeinträchtigen, wir ertragen geduldig die große Unbequemlichkeit, daß die wesentlich von Italienern geleitete Zentralregierung der römischen Kirche ans unsre deutschen Verhältnisse einen sehr bedeutenden Einfluß ausübt, und wahr¬ haftig nicht immer in deutschfreundlichem Sinn; da müssen sich die deutschen Katho¬ liken auch damit abfinde», daß die Rückkehr der Jesuiten heute uicht möglich ist — um des Friedens, um des Vnterlaudes willen. Otto Kaemmel Verkehrter Eifer. In der Chemnitzer Konferenz vom 4. Februar wurde über die Leichenverbrennung verhandelt. Nach dem Bericht des Leipziger Tage¬ blatts vom 6. Februar nahm die Konferenz eine Erklärung an, in der sich folgende Sätze finden: „Wir stehn und fallen mit Gottes Wort als Glieder der christliche» Kirche. Darum bekämpfen wir den Leichenbrand, der ein Eingriff in das Recht ist, welches unserem Gott als unserem Schöpfer, Erlöser und Vollender über unseren Leib allein zusteht." „Es steht uns als Gottes Kinder kein freies Verfügungsrecht über unseren Leib zu." Das klingt sehr feierlich und sehr zuversichtlich und ist gewiß sehr gut gemeint. Aber dem evangelischen Christen, der nicht vergißt, daß Jesus die Semen ermahnt: „Habt allezeit Salz bei euch," dem kann bei diesem „Zeugnis" sorgenvoll zu Mute werden. Die Erklärung erinnert an eine Geschichte, die vor Jahren in Berlin viel besprochen wurde. Der Pastor Kräck, der mich für das Stillestehn der Sonne und des Mondes im Thule Ajalou ein Zeugnis abzulegen sich berufen fühlte, hielt es für seine Pflicht, als Seelsorger einer ihm nahestehenden Familie von der Operation eines Schwerkranken abzuraten, trotzdem daß der Arzt sie für notwendig erklärt hatte. „Man darf Gott nie vorgreifen," sagte er. Er meinte, eine solche Operation sei „ein Eingriff in das Recht, das unserem Gott über unsern Leib allein zusteht." Als er nach einigen Tagen mit v. Büchsel im Rege» spazieren ging, hatte er allein einen Regenschirm mit, den er aufzuspannen kein Arg nahm. Da ergriff Büchsel den Schirm mit den Worten: „Lieber Bruder, man darf Gott nie vor¬ greifen. " In katholischen Kreisen ist in den letzten Jahren viel und lebhaft die Frage verhandelt worden über die wissenschaftliche Inferiorität des Katholizismus. Als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/396>, abgerufen am 29.04.2024.