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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Über Thurms isolierten Htaat
mit einer Anwendung auf die Wirklichkeit
(Schluß)

^ eilten wir uns zwei Güter. Das eine soll bei Chicago dicht an der
Wasserstraße liegen, das andre hinter Breslau. Auf beiden sollen
die Unkosten so hoch sein, daß die Landrente bei einem Wert des
Getreides auf dein Gute von 10V Mark für die Tonne eben ver-
schwindet. Wenn dann der Preis in Mannheim abzüglich des
Zolls auf 127 Mark steht, so kann das Getreide von diesem Gute noch, wenn
"und mit einem verschwindend geringen Vorteil, nach Mannheim gebracht werden.
Denn die Transportkosten von Chicago dahin betrugen (im Jahre 1896) 26 Mark
^ Pfennige. Wir nehmen an, daß das andre Gut 500 Kilometer preußischer
Eisenbahnen zu benutzen Hütte (Kosten: 23 Mark 70 Pfennige) und vorher 8 Kilo¬
meter Landweg (1 Kilometer für die Tonne zu 50 Pfennigen). Es Hütte dann
Mr seinen Transport 27 Mark 70 Pfennige zu zahlen. (Ullrich, Staatseisen-
bahnen, Stnatswasserstraßen und die deutsche Wirtschaftspolitik. Leipzig, 1898.)
Müßte dieses Gut sein Korn nach Mannheim bringen, so würde seine Landrente
negativ, es kostete Zuschuß. Es ist eben billiger, die Ware von den amerika¬
nischen Seen nu die Küste, über das Meer und den Rhein hinauf zu bringen,
"tho etwa 8000 Kilometer weit, als 500 und einige Kilometer in Deutschland.
Man wird einwenden, daß das Gut seine Ernte ja eben nicht nach Mannheim
^ bringen brauche, sondern nur nach Breslau. Wohl, aber der Breslauer
lcirkt steht auch nicht unabhängig vom Weltmarkt da, sondern weil er ein
-N"rkt mit Überschuß an Ware ist, so steht sein Preis immer unter dem Welt¬
marktpreis, und zwar gerade soviel, als es kostet, seinen Überschuß an Ware
cur Weltmarkt zuzuführen. Das ist nicht nur mit Breslau so, sondern auch
^"t Königsberg und Berlin. Diese Stüdte haben mit ihrem Preis in den
Zähren von 1892 bis 1898 (Heubah, Schriften des Vereins für Sozialpolitik,
89, 1900) um 15 bis 35 Mark (Königsberg) und 12 bis 28 Mark (Berlin)
sur die Tonne hinter dem Preis von Mannheim zurückgestanden, also ungefähr
wviel als es kosten würde, ihren Überschuß nach diesem mitteleuropäischen "See-
Men" zu bringen. Dieser Preisunterschied besteht nnr dnrch die hohen inner-
G


renzboten I 1902 ß6


Über Thurms isolierten Htaat
mit einer Anwendung auf die Wirklichkeit
(Schluß)

^ eilten wir uns zwei Güter. Das eine soll bei Chicago dicht an der
Wasserstraße liegen, das andre hinter Breslau. Auf beiden sollen
die Unkosten so hoch sein, daß die Landrente bei einem Wert des
Getreides auf dein Gute von 10V Mark für die Tonne eben ver-
schwindet. Wenn dann der Preis in Mannheim abzüglich des
Zolls auf 127 Mark steht, so kann das Getreide von diesem Gute noch, wenn
"und mit einem verschwindend geringen Vorteil, nach Mannheim gebracht werden.
Denn die Transportkosten von Chicago dahin betrugen (im Jahre 1896) 26 Mark
^ Pfennige. Wir nehmen an, daß das andre Gut 500 Kilometer preußischer
Eisenbahnen zu benutzen Hütte (Kosten: 23 Mark 70 Pfennige) und vorher 8 Kilo¬
meter Landweg (1 Kilometer für die Tonne zu 50 Pfennigen). Es Hütte dann
Mr seinen Transport 27 Mark 70 Pfennige zu zahlen. (Ullrich, Staatseisen-
bahnen, Stnatswasserstraßen und die deutsche Wirtschaftspolitik. Leipzig, 1898.)
Müßte dieses Gut sein Korn nach Mannheim bringen, so würde seine Landrente
negativ, es kostete Zuschuß. Es ist eben billiger, die Ware von den amerika¬
nischen Seen nu die Küste, über das Meer und den Rhein hinauf zu bringen,
"tho etwa 8000 Kilometer weit, als 500 und einige Kilometer in Deutschland.
Man wird einwenden, daß das Gut seine Ernte ja eben nicht nach Mannheim
^ bringen brauche, sondern nur nach Breslau. Wohl, aber der Breslauer
lcirkt steht auch nicht unabhängig vom Weltmarkt da, sondern weil er ein
-N"rkt mit Überschuß an Ware ist, so steht sein Preis immer unter dem Welt¬
marktpreis, und zwar gerade soviel, als es kostet, seinen Überschuß an Ware
cur Weltmarkt zuzuführen. Das ist nicht nur mit Breslau so, sondern auch
^"t Königsberg und Berlin. Diese Stüdte haben mit ihrem Preis in den
Zähren von 1892 bis 1898 (Heubah, Schriften des Vereins für Sozialpolitik,
89, 1900) um 15 bis 35 Mark (Königsberg) und 12 bis 28 Mark (Berlin)
sur die Tonne hinter dem Preis von Mannheim zurückgestanden, also ungefähr
wviel als es kosten würde, ihren Überschuß nach diesem mitteleuropäischen „See-
Men" zu bringen. Dieser Preisunterschied besteht nnr dnrch die hohen inner-
G


renzboten I 1902 ß6
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[0529] [Abbildung] Über Thurms isolierten Htaat mit einer Anwendung auf die Wirklichkeit (Schluß) ^ eilten wir uns zwei Güter. Das eine soll bei Chicago dicht an der Wasserstraße liegen, das andre hinter Breslau. Auf beiden sollen die Unkosten so hoch sein, daß die Landrente bei einem Wert des Getreides auf dein Gute von 10V Mark für die Tonne eben ver- schwindet. Wenn dann der Preis in Mannheim abzüglich des Zolls auf 127 Mark steht, so kann das Getreide von diesem Gute noch, wenn "und mit einem verschwindend geringen Vorteil, nach Mannheim gebracht werden. Denn die Transportkosten von Chicago dahin betrugen (im Jahre 1896) 26 Mark ^ Pfennige. Wir nehmen an, daß das andre Gut 500 Kilometer preußischer Eisenbahnen zu benutzen Hütte (Kosten: 23 Mark 70 Pfennige) und vorher 8 Kilo¬ meter Landweg (1 Kilometer für die Tonne zu 50 Pfennigen). Es Hütte dann Mr seinen Transport 27 Mark 70 Pfennige zu zahlen. (Ullrich, Staatseisen- bahnen, Stnatswasserstraßen und die deutsche Wirtschaftspolitik. Leipzig, 1898.) Müßte dieses Gut sein Korn nach Mannheim bringen, so würde seine Landrente negativ, es kostete Zuschuß. Es ist eben billiger, die Ware von den amerika¬ nischen Seen nu die Küste, über das Meer und den Rhein hinauf zu bringen, "tho etwa 8000 Kilometer weit, als 500 und einige Kilometer in Deutschland. Man wird einwenden, daß das Gut seine Ernte ja eben nicht nach Mannheim ^ bringen brauche, sondern nur nach Breslau. Wohl, aber der Breslauer lcirkt steht auch nicht unabhängig vom Weltmarkt da, sondern weil er ein -N"rkt mit Überschuß an Ware ist, so steht sein Preis immer unter dem Welt¬ marktpreis, und zwar gerade soviel, als es kostet, seinen Überschuß an Ware cur Weltmarkt zuzuführen. Das ist nicht nur mit Breslau so, sondern auch ^"t Königsberg und Berlin. Diese Stüdte haben mit ihrem Preis in den Zähren von 1892 bis 1898 (Heubah, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 89, 1900) um 15 bis 35 Mark (Königsberg) und 12 bis 28 Mark (Berlin) sur die Tonne hinter dem Preis von Mannheim zurückgestanden, also ungefähr wviel als es kosten würde, ihren Überschuß nach diesem mitteleuropäischen „See- Men" zu bringen. Dieser Preisunterschied besteht nnr dnrch die hohen inner- G renzboten I 1902 ß6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/529>, abgerufen am 29.04.2024.